Glyphosat ist ein sogenanntes „Pflanzenschutzmittel“, welche sehr häufig in der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden. Dabei handelt es sich bei den „Pflanzenschutzmitteln“ um Pestizide. Sie sind giftig für Pflanzen, Insekten oder Pilze – je nach Zusammensetzung. Glyphosat ist dabei eines der bekanntesten Pestizide. Tonnenweise werden Pestizide auf Felder, in Schutzgebieten und direkt vor der Haustür versprüht. Sie sind überall erhältlich und gehören in vielen Bereichen zu dem anerkannten Stand der Technik. Doch sind Pestizide eine echte Gefahr für unsere Umwelt. Sie zerstören unsere Ökosysteme und verunreinigen das Grundwasser. Einige giftige Chemikalien, welche in Pestiziden enthalten sind, können Krebs erzeugen. Ihr seht schon: das Wort „Pflanzenschutzmittel“ ist hier falsch eingesetzt. Doch warum werden immer noch tonnenweise Pestizide eingesetzt? Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Bei Kommunen und im privaten Garten liegen die Motive jedoch anders. Hier werden Pestizide vor allem aus ästhetisch motivierten Anliegen wie unkrautfreie Beete, Wege und Straßen eingesetzt.
Weizenfeld im Herbst (Dortmund 2023)
Glyphosat ist das meistverkaufte Pestizid, jeder kennt es und derzeit ist es wieder in aller Munde. Bei Glyphosat werden alle Pflanzen getötet, welche nicht gentechnisch so verändert wurden, dass sie den Einsatz überleben. Maßgeblich trägt Glyphosat zum Artensterben bei und ist laut WHO wahrscheinlich krebserregend. Durch Glyphosat können das Nervensystem geschädigt und das Mikrobiom im Darm beeinflusst werden. Außerdem wurden Glyphosat-Rückstände in zahlreichen Lebensmitteln, im Wasser, in der Luft und sogar im menschlichen Körper nachgewiesen. Darüber hinaus steht Glyphosat ebenfalls im Verdacht, oxidativen Stress zu verursachen.
Glyphosat in der Umwelt
Wird Glyphosat in der Umwelt verteilt, werden viele Nützlinge wie Insekten, Spinnen, Amphibien und Bodenlebewesen geschädigt. Da sich das giftige Mittel nicht nur auf Lebewesen auswirkt, werden die Böden und die Luft mitbelastet. Wie oben schon beschrieben, müssen die Nutzpflanzen entsprechend gentechnisch angepasst werden, um nicht abgetötet zu werden. Viele Wildpflanzen werden durch Glyphosat abgetötet. Durch Regen und Wind gelang das Glyphosat auch auf die benachbarten Flächen. Sogar in Gebieten, welche fern der Einsatzorte von Glyphosat liegen, kann das Gift nachgewiesen werden. Weniger Wildpflanzen bedeutet, weniger Nahrung und weniger Lebensräume für Insekten. Die Insekten dienen wiederum als Nahrungsquelle für Vögel, Fische und Säugetiere. Somit führt der Artenschwund bei den Insekten zu einem Artenschwund bei allen anderen Tieren. Ebenfalls betroffen sind Amphibien, da Glyphosat giftig für Wasserorganismen ist und langfristig auf diese einwirkt. Durch Glyphosat sind nicht nur die Organismen im Wasser betroffen, sonder auch das Grund- und Oberflächenwasser (wie z.B.: Seen und Flüsse).
Doch warum wird derzeit wieder darüber diskutiert?
Der Einsatz von Glyphosat war nur noch bis Mitte Dezember 2023 EU-weit zugelassen. Jedoch gab es in den letzten Monaten von den EU-Staaten Abstimmungen zum Einsatz von Glyphosat. Im Oktober und im November gab es keine Entscheidung der Mitgliedstaaten zur Verlängerung von Glyphosat um zehn Jahre. Am 16.11.2023 wurde die Entscheidung, das umstrittene Mittel bis 2033 weiterhin zuzulassen, von der EU-Kommission im Alleingang beschlossen. Der Einsatz soll jedoch künftig an Bedingungen geknüpft werden. Landwirte sollen unter anderem mindestens fünf Meter breite Pufferstreifen einhalten. Außerdem soll die Menge und die Häufigkeit für den Einsatz des Mittels durch die Mitgliedsstaaten beschränkt werden können.
Im September ist Bundestagswahl. Diese Wahl wird auch als Klimawahl betitelt. Daher spielt der Klimawandel das erste Mal eine wichtige Rolle bei einer Wahl. Um die wichtigen und kritischen Punkte im Klimawandel zu verstehen, möchte ich dir heute die Kippelemente näherbringen. Anhand dieser möchte ich dir erklären, was passiert, wenn wir jetzt nicht handeln. Die Debatte um den Klimawandel bewegt die Menschen schon sehr lange. In meinem heutigen Kurzbeitrag geht es jedoch nur um einen Teil der Debatte. Es geht um die Kippelemente im Erdklimasystem und deren Kipppunkte. In der Klimaforschung wird bei diesen Kippelementen ein Kipppunkt angenommen. Bei der Überschreitung der Kipppunkte wird eine nicht-lineare Veränderung des globalen Klimas ausgelöst. Für den Begriff Kipppunkt möchte ich dir eine kleine Metapher erzählen, die diesen gut beschreibt. Schiebt man ein Glas Wasser ein Stück über den Tischrand, passiert erst nichts. Bedrohlich wird es, wenn das Glas einen kritischen Punkt erreicht, an dem es kippt und abstürzt. Unser Glas Wasser ist ein Synonym für das Klima. Nach dem nun klar ist, was unter einem Kipppunkt zu verstehen, folgt nun zunächst etwas zur Geschichte der Kippelemente und deren Kipppunkte.
Strandpromenade bei Marbella (2019)
Das Konzept der Kippelemente ist um das Jahr 2000 entstanden und wurde von Hans Joachim Schellnhuber in die Klima-Forschungsgemeinschaft eingebracht. Im dritten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change von 2001 wurde die Möglichkeit von diskontinuierlichen, irreversiblen und extremen Ereignissen im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung erstmals in Betracht gezogen. Davor war man vorwiegend von linearen, allmählich stattfinden Veränderungen ausgegangen. Diese Annahme der linearen, allmählichen Veränderungen wurde nach dem dritten Sachstandsbericht revidiert.
Die ersten Anzeichen, dass es dem globalen Klima nicht gut geht, kann man in den folgenden Punkten erkennen: Gletscher schmelzen, Korallenriffe bleichen aus, Bäume vertrocknen und der Golfstrom schwächelt, Tiere und Pflanzen gehen vermehrt auf Wanderschaft. Die Erderwärmung hinterlässt Spuren und die Natur gerät zusehend aus dem Gleichgewicht. Dennoch sind die Folgen derzeit für Menschen, Tiere und Pflanzen verkraftbar. Wenn die Temperaturen jedoch weiter steigen, können kritische Punkte erreicht werden. Durch Rückkopplungsprozesse besteht zudem das Risiko, dass weitere Kippunkte überschritten werden und eine dominoartige Kettenreaktion ausgelöst wird. Mit einer solchen „Kipp-Kaskade“ könnte das Erdsystem in eine neue Heißzeit katapultiert werden.
Schauen wir uns mal an, wer diese Kippelemente identifiziert hat. Die ersten Kippelemente im Erdsystem wurden von 36 britischen und deutschen Klimaforschern diskutiert. In den nachfolgenden Jahren wurden internationale Expert:innen zu den ermittelten Kippelementen befragt. Außerdem wurde die komplette wissenschaftlich relevante Literatur zu dem Thema ausgewertet. Das Potsdam-Institut für Klimaforschung e.V. (PIK) hat alle relevante Kippelemente gesammelt und beschrieben. Der IPCC (Weltklimarat) ging 2001 noch davon aus, dass die Kipppunkte erst bei einer Erwärmung von mehr als 5 Grad kippen. Der Sonderbericht aus 2018 und 2019 kommt jedoch nach den neuesten Entwicklungen und Erkenntnissen zu dem Schluss, dass die Kipppunkte bereits bei einer Erwärmung von 1 bis 2 Grad überschritten werden können.
Schauen wir uns das PIK einmal genauer an. Das Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Die doppelte Mission des PIK’s ist, die wissenschaftlichen Grenzen der Klimaforschung auch fachübergreifend für globale Nachhaltigkeit zu erweitern und Lösungen für eine sichere und gerechte Klimazukunft anzubieten. Das PIK ist auf seinem Gebiet die führende Einrichtung und verbindet die neuesten Erkenntnisse zum Erdsystem mit der Abschätzung von Klimarisiken mit der Erforschung von Politikoptionen. Im PIK sind mehr als 350 Menschen aus aller Welt beschäftigt. Das PIK hat Kippelemente in den Eiskörpern, der Strömungssysteme und Ökosysteme ermittelt. Schauen wir uns jetzt die Kipppunkte mal im Detail an.
Kipppunkte der Eiskörper
Heute möchte ich dir die unterschiedlichen Kipppunkte der Eiskörper erklären. In weiteren Beiträgen werde ich dir die Kipppunkte der Strömungs- und Ökosysteme erklären. Einen ausführlichen Beitrag zur atlantischen thermohalinen Zirkulation habe ich dir letztens im Kurzbeitrag „Der Golfstrom – die Lebensader von Europa“ schon erzählt. Schon während meiner Schulzeit habe ich davon gehört, dass das arktische Meereis schmilzt. Vielleicht geht es dir ähnlich. Was hat es also für Folgen, wenn dieses schmilzt?
Seit Jahrzehnten schwindet das arktische Meereis beispiellos schnell. Dies betrifft nicht nur die Ausdehnung, sondern auch die Dicke des Eises. In den kalten Jahren baut sich eine dünne Eisschicht über eine große Fläche schnell wieder auf. Diese Eisschicht ist jedoch sehr empfindlich gegenüber den immer wärmer werdenden Sommern. Die Foscher:innen gehen davon aus, dass die Arktis im Sommer bis zum Ende des Jahrhunderts eisfrei sein wird. Neben einigen anderen Phänomenen kommt besonders die Eis-Albedo-Rückkopplung zum Tragen. Das führt dazu, dass die Erderwärmung in den hohen nördlichen Breiten etwa doppelt so schnell von Statten geht, wie im globalen Durchschnitt. Die Eis-Albedo-Rückkopplung beschreibt folgendes Ereignis: Wo das helle Eis schmilzt, kommt meist ein dunkler Untergrund zum Vorschein. Das kann das felsige Bett eines Gletschers oder das Meer sein. Die dunkle Oberfläche nimmt mehr Sonnenwärme auf und diese begünstigt den weiteren Schwund des verbleibenden Eises. Die Eis-Albedo-Rückkopplung ist ein klassisches Beispiel für einen selbstverstärkenden Prozess.
Mittelmeer bei San Luis de Sabinillas (2019)
Neben dem arktischen Meereis verliert Grönland seinen Eispanzer. Grönland ist derzeit neben der Arktis das Land, welches viel Eis durch Schmelzen verliert. Besonders im Sommer nimmt das Abschmelzen der Gletscher zu. Das Schmelzwasser der Gletscher fließt ins Meer. Der Eispanzer von Grönland ist stellenweise drei Kilometer stark, verliert jedoch durch die warmen Sommer langfristig an Höhe. Auch hierbei gibt es einen Rückkopplungseffekt. Der Eispanzer liegt derzeit in kalten Luftschichten. Schmilzt der Eispanzer, gelangt er in wärmere Temperaturen. Das wiederum verstärkt das Abschmelzen des Eisschildes weiter. Expert:innen sagen, dass dieser Kipppunkt – also der Verlust des vollständigen Eisschildes – schon bei einer globalen Erwärmung von knapp 2 Grad Celsius erreicht werden könnte. Der Eisschild könnte bis Ende des Jahrtausends sogar vollständig kollabieren, wenn die Emissionen weiter ansteigen. Der Meeresspiegel könnte, als Folge daraus, bis zu sieben Meter ansteigen.
Weitere Kipppunkte sind der Kollaps des westantarktischen Eisschildes und der Teilkollaps des Eisschildes in der Ostantarktis. Falls du dich an deine Schulzeit erinnerst, wurde dir im Erdkunde-Unterricht bestimmt erzählt, dass die Antarktis ein Kontinent ist und nicht wie die Arktis nur aus Packeis besteht. Der westantarktische Eisschild liegt zu großen Teilen auf dem kontinentalen Rücken unterhalb des Meeresspiegels. Je weiter man „Eisstromaufwärts“ ins Innere des Kontinents vordringt, desto tiefer liegt das Eis. Durch diese spezielle Situation kann es dazu kommen, dass der Eisschild aufgrund bestimmter Fließprozesse instabil wird. Zerfällt der westantarktische Eisschild, würde der Meeresspiegel im Laufe von Jahrhunderten über drei Meter ansteigen. Neueste Erkenntnisse geben Hinweise darauf, dass ein genau solcher Prozess heute bereits anfänglich im Gange ist. Leider konnten die Klimaexpert:innen nicht sagen, ob dieser Prozess mit oder ohne menschliches Zutun in Gang gekommen ist – was letztlich aber auch egal ist.
Kommen wir nun zum Teilkollaps in der Ostantarktis. In der Ostantarktis liegen die größten Süßwasserreserven der Welt in Eis gebunden. Zurzeit scheint der Eisschild recht stabil zu sein. Unter dem Meeresspiegel liegt auch hier ein großes Zuflussbecken. Das Zuflussbecken ist durch einen kleinen Pfropfen aus Eis verschlossen. Würde dieser verloren gehen, dann würde wie eben schon zum westantarktischen Eisschild beschrieben, selbstverstärkender Eisverlust einsetzen. Die Instabilität setzt bei einer Erderwärmung um 2 bis 3 Grad ein und Forscher:innen rechnen in diesem Fall ebenfalls mit einem potentiellen Anstieg des Meeresspiegels von ca. 3 bis 4 Metern.
Eine andere Gefahr lauert im Boden. Die arktischen Perma- oder Dauerfrostböden in Sibireren und Nordamerika sind gefährdet. Beim Auftauen können riesigen Mengen an Kohlenstoffdioxid und Methan freigesetzt werden. Allein in den ersten 3 Metern lagern rund einhundert Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Permafrostböden können jedoch noch tiefer reichen. In Yedoma-Böden sind in den Tiefen von mehr als 3 Metern vermutlich nochmal mehrere Hunderte Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Seit der letzten Eiszeit wurde Kohlenstoff, welches aus dem organischen Material stammt, eingelagert. Mit diesem organischen Material wurden auch Mikroorganismen eingefroren. Tauen die Permafrostböden auf, fangen die Mikroorganismen an, das organische Material weiter zu zersetzen. Bei der Zersetzung wird Wärme erzeugt, die wiederum das Auftauen und die Zersetzung des Bodens beschleunigt. Bei der sogenannten Thermokarst-Bildung leitet wegbrechender Boden auch in tieferliegenden Schichten ein Tau- und Zersetzungsprozess ein. Dies gehört ebenfalls zu den selbstverstärkenden Zerstörungsprozessen und wird durch die zweieinhalbmal schnellere Erwärmung der Arktis befeuert. Leider ist dieser Prozess nicht umkehrbar, da sich die ursprüngliche Einlagerung über viele Jahrtausende hingezogen hat.
Der letzte Punkt, über den ich mit dir sprechen möchte, ist die Methan-Ausgasung aus den Ozeanen. Wo dieses Methan gelagert ist? Methanhydrat ist in Eis eingeschlossenes Methan. Man findet es in den arktischen Meeressedimenten und es kommt besonders in Ostsibirien vor. Der dort gespeicherte organische Kohlenstoff und in welcher Menge er eingelagert ist, ist schwer abzuschätzen. Durch die Wärmezufuhr in unsere Meere bauen bereits seit Jahrtausenden die Methanhydrate ab. Durch den langsamen Vorgang gelten sie als träges Kippelement. Methan ist jedoch nicht zu unterschätzen. Auch wenn es sehr kurzlebig ist, ist es dennoch ein potentes Treibhausgas. Der größte Teil des Methans oxidiert in der Atmosphäre, jedoch geschieht dies erst innerhalb eines Jahrzehnts und dann ausgerechnet zu Kohlendioxid. Die Folge für die Atmosphäre: über einen Zeitraum von Jahrtausenden wird die Atmosphäre durch das Kohlendioxid zusätzlich erwärmt.
Damit endet der erste Teil der Kipppunkte-Reihe. Der Klimawandel ist durch seine Aktualität und seine Dringlichkeit sehr wichtig. Da die Kipppunkte ausschlaggebend dafür sind, dass wir die Erderwärmung aufhalten können, werde ich alle in weiteren Beiträgen genauer beschreiben.
Jeder kennt ihn, jeder liebt ihn und doch weiß kaum einer, wen ich meine. Die Rede ist vom Golfstrom. Viele haben schon mal von ihm gehört, bestimmt in der Grundschule oder in den weiterführenden Schulen. Bei mir ist es schon sehr lange her gewesen, doch jetzt im Zuge des Klimawandels kommt der Golfstrom als ein Kipppunkt wieder häufiger in den Nachrichten vor. Daher möchte ich meinen heutigen Kurzbeitrag dem Golfstrom widmen. Der Golfstrom ist eine schnell fließende Meeresströmung im Atlantik. Es gibt auf der Welt viele unterschiedliche Strömungssysteme, die alle ein globales Strömungssystem bilden. Der Golfstrom ist ein Teil der westlichen Randströmung und beeinflusst das Klima in ganz Nordeuropa. Durch den Golfstrom ist es bei uns im Schnitt fünf bis zehn Grad wärmer als ohne ihn. Er befördert etwa 30 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Klingt nach viel und das ist es auch ist. Es ist mehr als einhundertmal so viel Wasser, wie über alle Flüsse der Welt zusammen ins Meer fließen. Das ist alles sehr schwer vorstellbar, das weiß ich. Aber nehmen wir mit, dass es verdammt viel Wasser ist. Ich möchte dir im Folgenden die Funktion des Golfstroms genau erklären.
Nordsee (Büsum 2021)
Funktion
Der Golfstrom beginnt im Atlantik, westlich des afrikanischen Kontinents. Von dort fließt er zum Golf von Mexiko und tankt hier viel Wärme auf. Dort an der Küste vereinigt sich der Golf von Mexiko mit dem Florida- und dem Bahamasstrom. Gemeinsam bilden die drei Ströme den eigentlichen Golfstrom. Entlang der Küste Nordamerikas fließt der Strom nach Norden. Bei North Carolina, biegt er nach Nordosten ab. Vor Europa spaltet sich der Golfstrom wieder in drei Stromsysteme auf. In die Sargassoss östlich Floridas fließt ein Teil, ein anderer Teil fließt nach Osten in den Kanarenstrom und der dritte fließt weiter nach Nordwesteuropa als Nordatlantischer Strom. Du siehst, es ist nicht ganz so einfach, wie es uns früher in der Schule mal erklärt wurde. Einmal tief durchatmen, bevor ich dir erkläre, wie der Nordatlantikstrom fließt.
Auf dem Weg in die Arktis kühlt sich das Wasser des Nordatlantikstroms immer mehr ab. Durch Verdunstung wird das Wasser außerdem salzreicher. Diese beiden Eigenschaften sind wichtig, denn durch die Kälte und den hohen Salzgehalt wird das Wasser dichter und damit schwerer. Dieses Wasser sinkt in die Tiefsee hinab. Zwischen Spitzbergen und Grönland entsteht durch dieses schwere Wasser der größte Wasserfall der Erde. So fallen 17 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde bis zu 4.000 Meter in 15 Kilometer breiten Säulen (Chimneys) hinunter. Auch hier möchte ich noch einmal anführen, dass es ca. fünfzehnmal so viel Wasser ist, wie alle Flüsse der Welt führen. Doch viel wichtiger ist, was dieser abrupter Wasserabfall bewirkt. Denn bei diesem Wasserabfall entsteht eine Sogwirkung, die den Nordatlantikstrom überhaupt in die Richtung von Europa zieht. Es ist die wichtigste Funktion des nordatlantischen Stroms. Dieser Wasserabfall ist das „globale Förderband“, das die Tiefseeströmung in Bewegung hält. So spannend war es in der Schule nicht. Kommen wir jetzt zum Eingemachten.
Golfstrom heute – Ein Kipppunkt im menschengemachten Klimawandel
Man kann es nicht anders sagen, aber seit einigen Jahren haben alle Wissenschaftler:innen diese globale Wasserpumpe verstärkt im Blick. Das Problem sind die seit Jahren schmelzenden Polarkappen. Du könntest denken, dass dies ja seit Jahren geschieht und damit doch kein Problem sei. Wo genau das Problem liegt, zeige ich dir jetzt. Das Eis am Nordpol besteht aus Süßwasser. Durch das schmelzende Eis gelangt also mehr Süßwasser ins Meer und damit auch in den Nordatlantischen Strom. Wie wir eben festgestellt haben, benötigt dieser eine gewisse Schwere, um den Wasserabfall zu meistern. Gelangt nun mehr Süßwasser in den Strom, könnte dieser nicht mehr schwer genug sein. Damit würde er nicht mehr im gewohnten Umfang absinken und der Golfstrom könnte im schlimmsten Fall zum Erliegen kommen. Damit ist er, global gesehen, ein Kipppunkt. Die Auswirkungen für Europa wären, dass sich das Klima drastisch ändert und es bis zu zehn Grad kälter wird. Keine schönen Aussichten für uns.
Doch schauen wir uns mal an, was die Expert:innen dazu sagen: Diese schlagen Alarm. Denn der Golfstrom wird aktuell wärmer und langsamer. Jahrelange Messungen von Ozeanographen des IFM-Geomar im West- und Ostatlantik zeigen, dass Temperaturschwankungen der Strömungen vorkommen. Dennoch zeigen die Beobachtungsdaten und Modellsimulationen aus den Jahren 1900 bis 2008 auch, dass sich der Golfstrom im vergangenen Jahrhundert um etwa 1,2 Grad Celsius erwärmt hat. Der Atlantik hat sich um 0,4 Grad erwärmt. Dies hat Konsequenzen. In unseren Ozeanen ist viel Kohlendioxid gespeichert und die Ozeane binden immer neues Kohlendioxid. Durch die höhere Temperatur des Ozeans fällt die Aufnahme von Kohlendioxid geringer aus.
Ebbe in der Nordsee (Büsum 2021)
Anfang des Jahres 2021 veröffentlichten die Forscher:innen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung eine Studie zum Golfstrom. Das Fazit: der Golfstrom ist in mehr als eintausend Jahren noch nie so schwach wie in den letzten Jahrzehnten gewesen. Die Daten wurden aus den „Klima-Archiven“ wie Ozeansedimenten und Eisbohrkernen gesammelt sowie ausgewertet. Diese „Archive“ können viele hundert Jahre zurückreichen. So konnten die Wissenschaftler:innen die Fließeigenschaften des Golfstroms in den vergangenen Jahrhunderten rekonstruieren. Auch diese Veränderung hat mit dem menschengemachten Klimawandel zu tun.
Nicht nur Europa hätte mit kälteren Temperaturen zu kämpfen, wobei man sagen könnte, dass der Klimawandel diese vielleicht ausgleichen könnten. Sondern das Erliegen der Ringströmung hätte auch Folgen für die Ostküste der USA. Welche das sind, beschreibe ich dir jetzt. Die gewaltige Ringströmung beeinflusst die Höhe des Meeresspiegels an der Ostküste der USA. Dies passiert so: ein Teil des Golfstroms fließt nach Norden und führt zu einer Ablenkung der Wassermassen nach rechts, also von der US-Küste weg. Dies wird auf die Erdrotation zurückgeführt, die Strömung werden auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt. Wenn sich also die Strömung verlangsamt, schwächt sich auch dieser Effekt ab. So kann sich an der Ostküste der USA mehr Wasser ansammeln. Das würde also zu einem stärkeren Anstieg des Meeresspiegels führt. Mit der Verlangsamung des Golfstroms steht ebenfalls ein Kältefleck (cold blob) im Nordatlantik in Verbindung. Dieser Kältefleck beschreibt ungewöhnlich kaltes Wasser in einer Meeresregion im subpolaren Atlantik südlich von Grönland.
Die Verlangsamung des Golfstroms ist also kein erstrebenswertes Ziel für uns. Wissenschaftler:innen sind sich einig, dass dieser Kipppunkt nicht überschritten werden darf. Den Kipppunkt überschreiten würde bedeuten, dass die Strömung instabil wird und das System zusammenbricht. Es gibt auf der Welt noch ein weitere Kipppunkte, die durch den Klimawandel in Gefahr sind. Welche das sind und welche Auswirkungen das Überschreiten für uns hat, werde ich dir in einem weiteren Beitrag erzählen.
Den Deutschen wird nachgesagt, dass wir eine ganz besondere Beziehung zum Wald haben. In Deutschland hat jeder seine eigene Meinung zum Wald. Und wenn ich „jeder“ sage, meine ich auch wirklich jeden. Darunter natürlich die Forstfachleute und die Holz verarbeitende Wirtschaft aber auch Umweltverbände, Bürgerinitiativen und die Zivilgesellschaft diskutieren mit. Darüber hinaus haben Wissenschaft und Politik ein berechtigtes Interesse am Wald. So entsteht bei vielen der Eindruck, dass wir ein Volk von lauter Waldexperten sind. Wie falsch wir mit dieser Einschätzung liegen und wie falsch diese Außenwirkung ist, werde ich dir heute in meinem Beitrag erzählen, denn es wird das Thema Forstwirtschaft betrachtet. Es wird um unsere Expert:innen in Sachen Wäldern gehen und was sie mit unserem Wald anstellen. Bevor wir zu der aktuellen Situation kommen, fangen wir bei der Vergangenheit an. Denn unser Wald wird schon immer bewirtschaftet.
Buchenwald bei Schloss Lichtenstein (Lichtenstein 2021)
Die Anfänge der Waldnutzung
Die Wälder, die wir heute vor der Haustür haben, sind größtenteils Wirtschaftswälder. Das bedeutet, dass wir in Mitteleuropa ausschließlich Ersatzgesellschaften als Wald haben. Wir beginnen unsere heutige Geschichte in der keltischen Zeit. Mit der Ausbreitung der Landwirtschaft und der Metallverhüttung wurde eine erste intensivere Waldnutzung betrieben. Besonders in der römisch-germanischen Periode und vor allem in den dichten besiedelten südwestlichen Teilen nahm die Waldnutzung weiter zu.
Das freie Germanien wurde im 1. Jahrhundert von Publius Cornelus Tacitus als ein Land, bedeckt von schrecklichen Wäldern und abscheulichen Sümpfen beschrieben. Tacitus lebte im Süden, dort war die Landschaft schon seit Jahrhunderten vom Menschen überprägt. Im freien Germanien fanden sich die Eingriffe in dem Wald im Bereich des direkten Siedlungsbaus vor. Hier wurden die Wälder für den Ackerbau und das Weideland gerodet. Außerdem wurde das Holz für die Feuerstellen aus dem Wald geholt. Dies führte im Bereich der Siedlung zur weiteren Ausdünnung des Waldes. Teile des Waldes, welche durch Rotbuche (Fagus sylvatica) und Eichen (Quercus in Arten) geprägt waren, wurden als Waldweiden genutzt. Später im Beitrag gehe ich noch einmal im Detail auf Waldweiden ein. Dadurch, dass die Siedlungen meistens nach einiger Zeit aufgegeben wurden, konnte in diesen Bereichen eine natürliche Sukzession eine naturähnliche Vegetation entwickeln. Im römisch besetzten Teil sah das anders aus. Der Wald wurde in diesem Teil intensiver genutzt. Allein für den Städtebau wurden entsprechende Holzmengen benötigt. Besonders für den Hausbrand (Feuerstelle), den Betrieb der Bäder mit ihren aufwändigen Bodenheizungen und Warmwasserbecken mussten stetig große Holzmengen bereitgestellt werden. Durch die Niederlage gegen die Germanen musste die Strategie der Römer verändert werden. Die defensive Strategie erforderte jedoch den Bau des Limes, dieser war 500 km lang und wurde überwiegend aus Holz und Stein gebaut. Außerdem schlug man für den Limes eine Schneise in die Wälder. Auf den fruchtbaren Böden wurden die Flächen für die Land- und Weidewirtschaft entwaldet. Die Römer brachten aber auch einige vertraute Baumarten aus dem Mittelmeerraum mit, wie die Esskastanie (Castanea sativa) und Walnuss (Juglans regia). Du siehst, die römische Kolonisierung war ein einschneidender Eingriff in die Waldgesellschaften in Mitteleuropa. Verblieben sind viele waldfreie Zonen, die sich von der intensiven Beweidung nicht mehr erholt haben. Aber auch das Artengefüge in vielen Waldgesellschaften war durch die selektive Nutzung gestört, die eingeschleppten Arten wurden hingegen Bestandteil der Vegetation. Nach den Römern folge die Phase der Völkerwanderung. In dieser Zeit waren halbsesshafte Siedlungsformen hoch im Kurs. Dies verschaffte dem Wald die Möglichkeit, sich wieder auszubreiten.
Waldnutzungen im Mittelalter
Im Mittelalter nahm die Besiedlungsfläche wieder zu. Hier standen vor allem die Böden im Fokus, auf denen man Ackerbau betreiben konnte. Im frühen und hohen Mittelalter wurde dann begonnen, den Wald großflächig zu roden. Einerseits benötigte man die Fläche, um neue Siedlungsflächen zu erschließen. Auf der anderen Seite benötigte man den Wald für die Gewinnung von Bau- und Brennholz. Diese Periode hat die Landschaften in großen Teilen Mitteleuropas bis heute geprägt. Durch Seuchen und Einfall fremder Völker stockte die Rodung, da die Bevölkerungszahlen nicht wesentlich anstiegen. Auch im Mittelalter gab es Bereiche, die menschenleer blieben, wie zum Beispiel die hohen Mittelgebirgszüge. Die ersten Siedlungen, die sich im Schwarzwald oder auch im Harz nachweisen lassen, gab es erst ab dem Jahr 1000. Die zweite große Rodungsperiode setzte ab dem Jahr 1100 ein. Dabei drangen die Menschen in entlegene Täler der Mittelgebirge vor. Spannend ist hier zu erwähnen, dass diese zweite Rodungsperiode damals das Verhältnis zwischen Kultur- und Waldfläche geschaffen hat, die dem heutigen Verhältnis entspricht. Diesen Umstand kann man bis heute in der Landschaft ablesen. Bis zum Jahr 1300 wurden viele Wälder gerodet und landwirtschaftlich so intensiv genutzt, dass sie ihren Waldcharakter verloren haben. Die massiven Rodungen hatten damals schon dramatische Folgen. Es wurden viele geschlossene Waldgesellschaften zerstört. Zurück blieben kahle Bergrücken und Heidelandschaften. Die Baumartenverteilung änderte sich. Aufgrund der verschwindenden und sich nicht regenerierenden Wälder kam es zu massiver Erosion der Böden. Daraufhin wurden Felder und Siedlungen aufgegeben. Versorgungsengpässe waren besonders in Kriegszeigen eine Folge des Raubbaus. Eine Verschnaufpause gab es für den Wald während des dreißigjährigen Krieges. Die Bevölkerung wurde langfristig dezimiert, diese erholte sich erst nach 200 Jahren vom Krieg. Verlassene Landstriche mit vormals landwirtschaftlicher Nutzung verwaldeten nach und nach.
Buchenwald bei Castrop-Rauxel (Castrop-Rauxel 2021)
Im Mittelalter benötigte man Holz für die Herstellung von Glas, in der Gerberei oder im Bergbau beim Grubenausbau. Seit dem 16. Jahrhundert bis ins frühe 19. Jahrhundert wurde regelmäßig über Holznot geklagt. Im Schwarzwald wurden riesige Mengen Holz zu Flößen gebunden und in die Niederlande für den Schiffsbau exportiert. In der Zeit war oft unklar, wie die Besitzverhältnisse der Wälder waren, wodurch der Raubbau weiter befeuert wurde. Um 1800 waren in Deutschland kaum noch geschlossene Wälder vorhanden. In der Winterzeit war das Holz teilweise so knapp, dass alles verbrannt wurde, was man aus Holz hatte. Das waren die dunkelsten Zeiten des Waldes. Zu der Zeit wurde der Wald sehr vielseitig genutzt. Wie wir dieser Phase entkamen, erkläre ich dir gleich. Erst einmal schauen wir uns die Nutzung noch genauer an.
Hutewald oder auch Waldweide ist eine frühe historische landwirtschaftliche Form der Waldnutzung. Hierbei wurde das Vieh in den Wald getrieben. Je nach Intensität der Nutzung lichteten sich die Wälder auf oder starben ab. Gehölze, die nicht gerne gefressen wurden, breiten sich aus, wie z.B. der Wacholder. Heute kannst du sowas noch in den parkartigen Landschaften der Wacholderheiden sehen. Zeidelweiden dienten der Bienenzucht. Honig war im Mittelalter die einzige Art, Speisen zu süßen. Bienenwachs wurde darüber hinaus für die Herstellung von Kerzen zur Beleuchtung von Kirchen genutzt. In den Zeidelweiden hat man insbesondere Baumarten wie Linde, Salweide, Tanne oder Kiefer gefunden. Harznutzung ist die älteste Nutzungsform im Waldgewerbe. Nadelbäume wie Fichte und Kiefer sind hierbei die bevorzugten Baumarten. Ganze Bestände beklagten Zuwachsverluste und Schwächung der Vitalität. Harz war jedoch ein beliebter Grundstoff, daher wurde überall Harz gewonnen, wo man nur konnte. Brennholz ist leicht erklärt. Holz ist auch heute noch ein wichtiger Energieträger des Menschen. Im 19. Jahrhundert wurde das Holz durch Kohle ersetzt. Siedlungsnah wurde Feuerholz und Hausbrand gewonnen. Holz wurde teilweise auch von Aschenbrennern einfach verbrannt, um Pottasche zu gewinnen. Dies war die einzige Kaliumquelle für die mittelalterlichen Gewerbe. In allen Waldungen wurden Köhlereien betrieben und Holzkohle hergestellt. Siedlungsnah verwendete man wegen des Brandschutzes minderwertiges Holz. Nutzholz wurde schon immer aus verschiedenen Teilen Europas importiert. Dieses nutzte man für den Bau oder die Konstruktion. Beliebte Hölzer dafür waren Eiche und Nadelhölzer. Eine besondere Stellung hatte die Eibe, welche bei der Waffenherstellung sehr beliebt war. Die Flößerei wurde immer im Zusammenhang mit Im- oder Export von Holz betrieben. Dabei wurden Bäume oder Baumteile als Floß über Flüsse oder einzeln über Bäche von a nach b transportiert.
Kommen wir nun zu der ersten Aufforstungswelle in Deutschland. Um die Holznot abzuwenden, wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts devastierte Wälder und Kahlflächen mit Fichten und Kiefern aufgeforstet. Auf besseren Böden wurde vielfach die Gemeine Fichte (Picea) gepflanzt und auf ärmeren Böden fand man die Waldkiefer (Pinus). Diese Baumarten wachsen schneller als Rotbuchen oder Weiß-Tannen auf und führten zu hohen Holzerträgen. Zeitgleich entstanden die ersten staatlichen Forstverwaltungen in Mitteleuropa. Diese sollten die Holznutzung sicherstellen. Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Brennholz von der Kohle in den Haushalten, in der Industrie- und den Gewerbebetriebe abgelöst. Dies sorgte für eine deutliche Entlastung der Wälder. Nach den Weltkriegen sorgte der Wiederaufbau wiederrum für große Kahlflächen, auf denen häufig Reinbestände aus Fichte und Kiefer gepflanzt wurden. In den 1990er Jahren wurde vermehrt auf Mischwälder gesetzt. Doch durch den Druck der Holzindustrie wurden diese Projekte wieder eingestampft. Womit wir einen schnellen Ritt durch die Zeit gemacht haben und wieder in der heutigen Zeit angekommen sind. Die deutsche Waldlandschaft ist geprägt von Reinbeständen aus Kiefer und Fichte. Einige wenige Buchenwälder haben die Zeit überdauert und sind besonders geschützt. Die Reinbestände kämpfen mit den Folgen der schweren Stürme aus den Jahren 1990, 1999, 2007 und 2008 und dem Borkenkäfer, der in den letzten Jahren durch den Klimawandel ein leichtes Spiel in den Plantagen hatte. Fakt ist, dass Deutschland zu etwa einem Drittel mit Wald bedeckt ist. Fast alle Wälder, die wir haben, sind Wirtschaftswälder. Wie die heutige Forstwirtschaft den Wald verändert, erzähle ich dir jetzt.
Forstwirtschaft und wie sie den Wald verändert
In Deutschland sind Waldbesitzer angehalten, nach dem Bundes- und Landeswaldgesetzen zu bewirtschaften. Sie sind verpflichtet, „ordnungsgemäß und nachhaltig“ zu bewirtschaften (§11 Bundeswaldgesetz). Hierbei soll der Wald nicht nur als Rohstoffquelle, sondern auch als Grundlage für den Arten-, Boden-, Klima- und Wasserschutz sowie für Freizeit und Erholung der Bevölkerung berücksichtig werden. Die moderne Forstwirtschaft muss ständig zwischen den wirtschaftlichen und ökologischen Interessen abwägen. Wir haben aus den katastrophalen Rodungen des Mittelalters scheinbar gelernt und wollen den nachfolgenden Generationen mindestens vergleichbare Nutzungsmöglichkeiten überlassen. Daher gibt es die Zertifizierung Forest Stewardship Council (FSC) und Program for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC). Diese sollen für mehr Nachhaltigkeit sorgen. Welche Grundsätze die Wälder haben müssen, um eine Zertifizierung erhalten zu können, hatte ich einem vorherigen Beitrag schon aufgezeigt. Die waldbauliche Tätigkeit umfasst dabei zielorientiertes Planen, Entscheiden und Umsetzen im Bereich der Erneuerung, Pflege und Sanierung von Waldökosystemen. Gleichzeitig müssen immer ökologische, sozioökonomische und technische Erkenntnisse betrachtet werden. Dennoch lass dir gesagt sein, dass jede holzwirtschaftliche Nutzung ein Eingriff in den Wald beinhaltet und damit dem Wald permanent Biomasse entzieht. Diese würde ohne Eingriff von Natur aus zur Bodenbildung im Wald verbleiben.
Plantage (Hollenstedt 2021)
In den letzten Jahren wurde die Kritik an der Forstwirtschaft aus dem Bereich der Naturverbände lauter. Zum einem haben sich die Umtriebszeiten der Forstwirtschaft verkürzt, womit das Ökosystem immer mehr gefährdet wird. Zur Erklärung: in der Forstwirtschaft bezeichnet man mit „Umtriebszeit“ den zu erwartenden Zeitraum von Bestandsbegrünung bis zur Endnutzung durch den Holzeinschlag. Die Perioden zwischen Aufwuchs und Einschlag haben sich also verringert. Dies wird besonders durch den Bedarf des Menschen nach Bau- und Brennholz vorangetrieben. Doch warum ist das problematisch? Ich werde es dir anhand von Vögeln erklären. Alte Bäume gibt es in unseren Wäldern kaum noch. Doch alte Bäume werden als Lebensraum für Höhlenbrüter benötigt, da diese bestes Baumaterial für ihre Nisthöhlen darstellen. Ein weiteres Problem ist, dass viel Totholz aus den Wäldern entnommen wird, obwohl es für Vögel ein wahres Buffet ist.
Die Forstwirtschaft setzt noch immer auf ihren Brotbaum: die Fichte. Auch wenn sich in den letzten Jahren schon herauskristallisiert hat, dass die Fichte nicht das Allheilmittel ist. Die Fichte bildet monokulturartige, extrem artenarme Stangengärten. Mittlerweile nimmt der Holzeinschlag überhand und gleichzeitig wird es uns als nachhaltige Forstwirtschaft verkauft. Das sind Maßnahmen und Schäden, die unsere Wälder jetzt schwächen. Doch auch in der Vergangenheit wurden Maßnahmen getroffen, die wir aktuell als Spätfolgen noch immer wahrnehmen können. Dazu gehört das Entwässern von Waldmooren sowie die Aufforstung von Heiden und Waldwiesen.
Wie vieles in unserer Welt hat der Wald eine starke Strukturverarmung erlebt – und zwar nicht nur in der Fläche, sondern auch im stufigen Aufbau. Jetzt haben wir über die Geschichte des Waldes an sich sowie die Aufgaben und einen Teil der Probleme der Forstwirtschaft gesprochen. Wir wissen, dass die Forstwirtschaft alle unsere Wälder bewirtschaftet.
Aber welche Probleme sie noch in den Wald bringt, möchte ich dir jetzt erzählen: den Harvester. Eine Höllenmaschine, die Bäume „erntet“. Ein Wald ist nicht nur von Wegen sondern auch durch Rüttelgassen durchzogen. Diese durchziehen einen Wald und dienen der Baumernte. Sie werden massiv von Harvestern befahren. Diese sägen einen Baum oberhalb der Wurzel ab und entasten ihn im gleichen Zug. Nach der Entastung wird der Baum in Stücke gesägt, damit er besser aus dem Wald transportiert werden kann. Diese Harvester nehmen keine Rücksicht auf den Unterwuchs, die Waldrandhecken oder z.B. auch auf Ameisenhaufen. All das wird einfach plattgefahren. Zurück bleiben tiefe Gräben, als hätte gerade eine große Schlacht in diesem Wald gewütet. Das sind die Schäden, die man sofort sehen kann. Doch viel schlimmer sind die Schäden, die im Verborgenen bleiben. Schäden an Wurzeln und an den Pilzmyzelien. Bei Regen bleibt das Wasser infolge der Verdichtung in den Gräben stehen. Der natürliche Schutz des Bodens ist dahin und er wird für Erosion besonders angreifbar. So geht mit jeder Überfahrt kostbarer Waldboden verloren. Dabei ist der Boden so unfassbar wichtig für alles Leben auf der Welt.
Geräumter Forst (Castrop-Rauxel 2021)
Also du siehst, es gibt durchaus Probleme in unseren Wäldern. In den Nadelholzplantagen werden die Probleme immer größer – auch angetrieben vom Klimawandel. So sterben immer mehr Plantagen ab. Die Fichte ist nicht für die Trockenheit ausgelegt. Darüber hinaus befällt der Buchdrucker (Borkenkäfer) viele geschwächte Fichtenplantagen. Welche wichtigen Funktionen der Wald hat, kannst du in meinem Beitrag „Das Ökosystem Wald und prägende Faktoren“ nachlesen. Wie nachhaltige Forstwirtschaft aussehen müsste und wie unsere Wälder fit in den Klimawandel gehen können, werde ich dir ein einem weiteren Beitrag erzählen.
In den letzten Jahren wird immer wieder vom menschengemachten Klimawandel gesprochen. Welche Auswirkungen die Menschheit auf die Natur hat, können wir uns jedoch meist nicht vorstellen. Heute möchte ich dir jedoch zeigen, wie gravierend der Eingriff der Menschen in die Ökosysteme ist und was es für den Klimawandel bedeutet.
Hast du schon mal etwas über Todeszonen gehört? Der Begriff könnte dir im Zuge von Wüsten mal über den Weg gelaufen sein. Wüsten sind der Inbegriff von lebensfeindlichen Lebensräumen. Doch ist das Image der Wüste meistens schlechter als der Lebensraum eigentlich ist. Einen kleinen Einblick in den Lebensraum Wüste erhältst du in meinem Beitrag „Wüsten, eine Krankheit oder einzigartiges Ökosystem?“. Heute möchte ich dir weitere Todeszonen vorstellen. Diese liegen jedoch nicht an Land, daher haben wir sie meistens nicht auf dem Schirm. Sie liegen im Meer und haben Ausmaße, die wir uns bildlich nicht vorstellen können. Beginnen wir mit ein paar Fakten aus dem „World Ocean Assessment II“-Bericht aus dem Jahr 2021.
World Ocean Assessment II – Bericht
70 Prozent des Planetens wird durch die Weltmeere bedeckt. Etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung lebt in den Küstenregionen. Als Küstenregion bezeichnet man den Bereich von etwa 100 Kilometern vor der Küste. Dieser Anteil steigt stetig an. Etwa 90 Prozent des internationalen Handelsvolumens wird von der Schifffahrt getragen. Die Schifffahrt ist damit einer der grundlegenden Pfeiler der Weltwirtschaft. Auch wenn sie sich derzeit noch von der Wirtschaftskrise der Jahre 2008 bis 2011 erholt. Die Ozeane dieser Welt unterstützen eine breite Palette von wirtschaftlichen Aktivitäten. Zum einem gehören die Gewinnung von Nahrungsmitteln, Gewinnung von Süßwasser durch Entsalzung, die Produktion von Salz, die angesprochene Schifffahrt, aber zum anderen auch der Meeresbodenbergbau, Offshore-Kohlenwasserstoffexploration und -ausbeutung sowie Tourismus und Erholung dazu. Die wirtschaftliche Aktivität nimmt stetig an Umfang zu. Dabei übernehmen unsere Weltmeere wichtige Funktionen – insbesondere auf das Weltklima gesehen. Dies können die Weltmeere jedoch nur leisten, wenn ihre Biodiversität bewahrt und die Ökosysteme nicht durch menschliche Aktivitäten zerstört werden. Wie groß der menschliche Einfluss auf die Weltmeere ist, wird im „World Ocean Assessment“ der Vereinten Nationen (UN) untersucht. In diesem Bericht wird der Zustand der Weltmeere bewertet. Der Bericht wurde von hunderten internationalen Wissenschaftler:innen in den Jahren 2017 bis 2020 erstellt. Er ist der zweite seiner Art und stellt detailliert den Zustand der Weltmeere dar. Die Faktoren, die den größten Einfluss auf die Meeresumwelt und ihre Nachhaltigkeit haben sind: Das Bevölkerungswachstum und die damit eingehenden demographischen Veränderungen, die wirtschaftlichen Tätigkeiten in den Meeren, der technologische Fortschritt, die sich ändernden Regierungsstrukturen und geopolitische Instabilität sowie der Klimawandel. Die Beziehung zwischen den Triebkräften und der Belastung sowie deren Auswirkungen sind komplex und dynamisch. Der Bericht umfasst mehr 1000 Seiten. Ich habe dir den Bericht unten noch einmal verlinkt.
Ursachen
Entstehung einer Todeszone (Eigene Darstellung) 1 Nährstoffreiches Wasser strömt ein 2 Algen wachsen unnatürlich stark und sterben wieder ab. 3 Zooplankton ernährt sich von den Algen. 4 Bakterien ernähren sich vom Kot des Zooplanktons und von den abgestorbenen Algen. 5 Bakterien verbrauchen den Sauerstoff im Wasser beim Abbau des Kots und der abgestorbenen Algen. 6 Sinkt der Sauerstoffgehalt des Wassers unter ein bestimmtes Niveau, fliehen die Meerestiere oder sterben.
Kommen wir nun zu den Todeszonen, die ich oben schon einmal angesprochen habe. Die Belastungen durch die vielen menschlichen Aktivitäten strapazieren die Ozeane und zerstören wichtige Lebensräume. Dazu gehören z.B. Mangrovenwälder und Korallenriffe. Dadurch werden deren Fähigkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen behindert. Die Weltmeere sind verschmutzt, nicht nur durch die Unmengen an Plastikmüll, sondern auch durch die teils giftigen Substanzen, die eingeleitet werden. Aber nicht nur der Müll spielt bei der Zerstörung der Weltmeere eine Rolle, sondern auch der Lärm, der bei der Gewinnung von Erdöl und Gas oder durch Schiffe entsteht. Laut UN-Bericht sind die Todeszonen von 2008 bis 2019 von mehr als 400 auf etwa 700 Gebiete angestiegen.
Doch was sind überhaupt Todeszonen im Meer? Bei den Todeszonen handelt es sich um sehr sauerstoffarme Gebiete im Meer. In diesen Bereichen ist kaum noch Leben möglich, denn Sauerstoff ist die Grundlage für jedes Leben auf der Welt. In den letzten Jahrzehnten wurde die Sauerstoffbeobachtung ausgebaut. Heute ermöglichen diese Beobachtungen eine robuste Trendanalyse. Langzeitmessungen haben für viele Ozeanregionen eine Abnahme der Konzentration an gelöstem Sauerstoff ergeben. Daher dehnen sich die sauerstoffarmen Zonen weiter aus. Die temperaturbedingte Abnahme der Löslichkeit ist für oberflächennahen Sauerstoffverlust verantwortlich. Doch leider beschränkt sich die Sauerstoffabnahme nicht nur auf den oberen Ozean. Besonders in den Todeszonen ist die Sauerstoffabnahme in der gesamten Wassersäule vorhanden. Wenn du dich jetzt fragst, wo wir solche Todeszonen finden, will ich dir noch ein paar nennen und beschreiben.
Todeszonen
Im Golf von Mexiko an der Küste der US-Bundesstaaten Louisiana und Texas ist das Meer quasi sauerstofffrei. Aktuell erstreckt sich die Todeszone über eine Fläche von ca. 16.405 Quadratkilometern und ist damit größer als Thüringen. Nach neuen Daten der NOAA (US-amerikanische Behörde für Wetter und Ozeanografie) wird diese Todeszone immer größer. Das Ziel der USA ist es, die Ausdehnung des sauerstofffreien Gebietes bis 2035 auf weniger als 5.000 Quadratkilometer im Fünfjahresdurchschnitt zu begrenzen.
Sonnenuntergang im Wattenmeer (Büsum 2021)
Die Ursache dieser Todeszone in den USA ist der Mensch. Doch wie schafft es der Mensch, den Ozean sauerstofffrei zu bekommen? Überschüssige Nährstoffe aus städtischen Gebieten, wobei es sich überwiegend um Abwässer handelt, und landwirtschaftlichen Gebieten fließen in den Mississippi. Besonders die Rückstände der Düngemittel und Gülle der Viehzucht von großen Agrarkonzernen im Mittleren Westen sind problematisch. Der Mississippi ist der längste Fluss in den USA und spült diese überschüssigen Nährstoffe in den Golf. Dort wirken die entstandenen Nitrate und Phosphate als Dünger für Algen. Damit wachsen zum einen viel mehr Algen und zum anderen wachsen sie übermäßig schnell. Dies wird als Algenblüte bezeichnet. Diese ist jedoch nicht das eigentliche Problem. Da Algen Fotosynthese betreiben, produzieren sie Sauerstoff. Jetzt denkst du bestimmt, dass das doch eigentlich gut für eine solche Region sei. Doch das Problem zeigt sich erst später, wenn diese absterben und auf den Grund sinken. Hier werden sie von Bakterien zersetzt und bei diesem Prozess wird der Sauerstoff verbraucht. Je mehr Algen also sterben, desto weniger Sauerstoff steht den übrigen Meereslebewesen zur Verfügung. In diesem Zusammenhang spricht man von Eutrophierung (Überdüngung) des Meeres. Das führt dazu, dass Lebewesen, die sich frei bewegen können, abwandern. Organismen wie Muscheln haben diese Möglichkeiten nicht und sterben daher in diesem Gebiet aus. Forscherteams haben ein Modell zur Eindämmung des Stickstoffgehalts entwickelt. In diesem Modell lassen sich Szenarien errechnen, welche die Reduzierung des Stickstoffgehalts von 25, 75 und 100 Prozent durchspielen. Die Schlussfolgerungen der Forscher:innen zeigen jedoch, dass selbst wenn der Stickstoffgehalt aus der Landwirtschaft um 100 Prozent gesenkt werden könnte, der Stickstoff, welcher sich über die Jahre im Becken des Mississippi angesammelt hat, weiter auf die Todeszone einwirken und die Todeszone weiterhin bestehen bleiben würde. Wer jetzt jedoch denkt, dass wir ganz machtlos den Todeszonen gegen Überstehen, irrt. Durch kreative Ideen und durch einen geänderten Ablauf von Produktion und Ernte, könnte der Stickstoffgehalt, der durch Felder verursacht wird, eingedämmt werden. Das erste Ziel muss also ein reduziertes Wachstum der Todeszonen sein, bis durch neue Technologien eine Rückführung zu einem Lebensraum stattfinden kann.
Grobe Darstellung der Todeszonen auf der Welt, Fokus Europa (Eigene Darstellung)
Wenn du denkst, dass es wieder nur ein Problem der anderen Länder ist, irrst du dich. Auch in Deutschland gelangen jährlich Hunderttausend Tonnen zusätzliche Nährstoffe in die Nord- und Ostsee. Besonders gefährdet ist die Ostsee: durch den eingeschränkteren Wasseraustausch sind die Zonen tiefer und größer als in der Nordsee. Die Nordsee kann solche Zonen durch Ebbe und Flut ausgleichen. Darüber hinaus findet noch ein Austausch mit dem Nord-Ost-Atlantik und dem Ärmelkanal statt. Die Todeszonen der Ostsee findest du besonders im Bereich zwischen der schwedischen Küste und den Küsten von Estland, Lettland und Litauen. Oben in der Karte kannst du die Todeszonen mit Fokus auf Europa sehen, hier sind nicht alle Todeszonen dargestellt. Bei 700 ist dies auch ein bisschen schwierig. Dennoch schafft die Karte einen kleinen Einblick auf die Situation der Küstenregionen. Wenn dich das Thema jetzt mehr interessiert und du doch mal in den World Ocean Assessment Bericht schauen willst, kannst du auf den folgenden Link klicken und weiterlesen.
In meinem letzten Beitrag habe ich etwas über die Begrifflichkeiten, die im Zusammenhang des Waldes benutzt werden, erzählt. Heute möchte ich dir näherbringen, wie die Zusammenhänge im Ökosystem Wald sind. Welche Faktoren beeinflussen den Wald? Was braucht es, damit ein Wald entsteht? Wälder sind früher immer ein Begriff der Sehnsucht gewesen. Heute ist von den einstigen Wäldern nicht mehr viel übrig. Wie die Gestalt der Wälder bestimmt wird, kannst du in dem heutigen Beitrag lesen. Fangen wir also mit der Grundlage an: den abiotischen Faktoren.
Abiotische Faktoren
Die abiotischen Umweltfaktoren spielen bei der Gestaltung eines Ökosystems eine maßgebliche Rolle. Damit unterliegt ein Ökosystem immer den Zwängen der abiotischen Umweltfaktoren, an denen Lebewesen nicht erkennbar beteiligt sind.
Abiotische Faktoren umfassen das Klima und die Atmosphäre sowie Wasser, Temperaturen, Licht, Strömungen und Salinität. Darüber hinaus auch die Konzentration an Nährsalzen und anderen chemischen Stoffen. Diese Faktoren sind alle nicht-belebten Interaktionspartner in einem Ökosystem. Doch wie wirken sich die abiotischen Faktoren auf ein Ökosystem aus? Gucken wir uns doch einmal die einzelnen Faktoren genauer an.
Das Klima ist ein großer Faktor, der viele Bereiche umfasst. Dazu zählen die thermischen und hygrischen Faktoren. Unter thermischen Faktoren fallen die Strahlungsverhältnisse, Luft- und Bodentemperatur. Die hygrischen Faktoren umfassen Luftfeuchtigkeit, Niederschlag und Schneedecke. Besondere Wettererscheinungen wie Nebel, Winde oder Blitze fallen ebenfalls unter die hygrischen Faktoren. Alle Lebewesen haben je einen eigenen Temperaturbereich, in dem sie existieren können. Daher spielt die Lufttemperatur beim Klima eine entscheidende Rolle. Eine zu hohe oder eine zu niedrige Temperatur kann zu Einschränkungen beim Stoffwechsel führen, wie eine Hitze- oder eine Kältestarre. Zu hohe oder zu niedrige Temperaturen können im schlimmsten Fall den Stoffwechsel zum Erliegen bringen – wie bei einem Hitze- oder Kältetod. Das Relief ist maßgeblich für die Gestalt des Ökosystems. Hierbei spielen vorrangig die Lage, die Hangrichtung und die Hangneigung eine Rolle. Das Relief hat Einfluss auf die Höhe und Dauer der Sonneneinstrahlung sowie auf die Witterungsexposition (Wetterseite).
Waldwanderweg (Eifel 2020)
Der abiotische Faktor Boden ist das was du am Ehesten kennst, weil man ihn anfassen kann und er die Grundlage unserer Zivilisation ist. Boden ist für alle Pflanzen und Tiere wichtig. Böden werden durch ihre Struktur, also der Körnung, den Humusgehalt und das geologische Ausgangsmaterial bestimmt. Von weiterer Bedeutung ist die Feuchtigkeit, der Nährstoffhaushalt, der pH-Wert und die chemische Zusammensetzung des Bodens. Die chemischen Faktoren beschreiben die Kohlendioxid- und die Sauerstoffkonzentration sowie die Gift- und Schadstoffe im Boden. Außerdem wird bei den chemischen Faktoren auch immer der pH-Wert bestimmt. Dieser reicht von sauer bis alkalisch. Wie sauer oder wie alkalisch ein Boden ist, liegt am Ausgangsgestein und wie dieses verwittert. Ein weiterer abiotischer Faktor ist das Licht. Licht ist als Energiequelle und Reiz für jedes Lebewesen zu sehen. Licht ist vor allem für Pflanzen ausschlaggebend, da der Lichteinschlag für die Photosynthese von essenzieller Bedeutung ist. Neben Boden und Licht ist für jedes Leben auch der Zugang von Wasser wichtig. Der abiotische Faktor Wasser wird durch den Grundwasserstand, das Bodenwasser und den Wassergehalt der Luft betrachtet. Der Grundwasserspiegel bestimmt maßgeblich die Gestalt von Biotopen und Ökosystemen. Ich bin eben schon auf die chemischen Faktoren eingegangen. Aber es gibt in jedem Ökosystem immer auch mechanische Faktoren, die Einfluss auf das Ökosystem nehmen. Dazu gehören Wind, Raumeinengung und die Schneelast im Winter. Jetzt weißt du, wie der Wasserkreislauf im Wald funktioniert und welche Faktoren maßgeblich für ein Ökosystem sind. Wasser ist für den Wald ein wichtiger abiotischer Faktor. Damit du verstehst, was das Ökosystem so wertvoll für unsere Landschaft macht, will ich dir den Wasserkreislauf in Erinnerung rufen. Was ein Wasserkreislauf macht, wie er funktioniert und was der Wald damit zu tun hat, liest du jetzt.
Die Funktion des Wasserkreislaufs
Vom Wasserkreislauf hast du bestimmt schon etwas in der Grundschule gehört. Ich denke, jeder weiß etwas damit anzufangen, doch möchte ich dein Wissen noch einmal auffrischen und erweitern. Ich gehe davon aus, du kennst das Grundprinzip des Wasserkreislaufes.
Das Wasser der Erde bewegt sich ständig in einem Kreislauf. Der Wasserkreislauf wird, wie alles auf der Erde, von der Sonne angetrieben. Die Meere sind der größte Wasserspeicher der Erde, sie bedecken den Großteil der der Erdoberfläche. Durch die starke Sonneneinstrahlung erwärmen sich die Meere und auch andere Gewässer der Erde. Es bildet sich nach oben steigender Wasserdampf. Diesen Vorgang nennt man Verdunstung. Bei diesem Vorgang der Verdunstung entsteht Luftfeuchtigkeit. Die verdampfenden Wasserteilchen sind für unsere Augen unsichtbar. Die feuchte, warme Luft trifft in höheren Lagen auf kühlere Luftschichten. Durch die kalten Temperaturen kondensiert das Wasser zu Nebel. Die unzähligen Tropfen Wasser im Nebel sammeln sich und es entstehen Wolken. In den Wolken sammeln sich immer mehr Wassertropfen und wenn sie groß genug sowie voller Wasser sind, bilden sich Niederschläge. So kehrt das Wasser als Regen, Schnee oder Hagel auf die Erde zurück. In den meisten Fällen fallen die Niederschläge auf den Boden und auf Pflanzen jeglicher Art. Die Niederschläge, die auf den Boden fällt, versickern langsam. Boden besteht überwiegend aus vielen kleinen Hohlräumen und ist ein ausgezeichneter Wasserspeicher. Das in den Hohlräumen gespeicherte Wasser nennt man Grundwasser. Der Boden spielt dabei eine entscheidende Rolle. Kies, Erde und Gestein wirken wie ein Filter und säubern das Wasser. Der andere Teil fällt direkt in die Gewässer und der Wasserkreislauf kann erneut beginnen. Die Niederschläge fließen entweder oberirdisch über Gewässer oder unterirdisch als Grundwasser zurück zum Meer. Dieser Kreislauf ist Voraussetzung für das Leben. Doch was hat der Wasserkreislauf mit Wäldern zu tun? Das erkläre ich dir jetzt.
Wälder bilden ihren eigenen kleinen Wasserkreislauf. Ein Wald ist ein sehr großer Wasserspeicher und der Waldboden kann sehr viel Wasser aufnehmen: bis zu 3 Millionen Liter Wasser pro Hektar Waldboden. Die Verdunstung im Wald läuft verzögert ab. Der größte Teil des Niederschlags landet im Wald nicht auf dem Boden, sondern auf den Blättern, Nadeln und Zweigen. Der restliche Niederschlag fließt entlang des Stammes in Richtung Boden und versickert gezielt im Wurzelbereich. Aus dem Boden wird das Wasser von den Bäumen und Sträuchern wieder aufgenommen. Das Wasser wird in luftige Höhen in die Baumkronen transportiert. Die Blätter geben das Wasser wieder an die Luft ab, dies wird Evapotranspiration genannt. Die Konsequenz ist eine höhere Luftfeuchtigkeit im Wald. Durch die Wärme der Sonne steigt die Luftfeuchtigkeit aus dem Wald in höhere Luftschichten auf. Es bilden sich Wolken und es beginnt zu regnen. Nach dem Abregnen der Wolken beginnt der Kreislauf von Neuem. So sind gesunde Wälder in der Natur riesige Wasserpumpen. Die Bäume sind in dem gesamten Ökosystem Wald die Wassersammler und das Kraftwerk, welches das Wasser aus dem Boden wieder in die Luft befördert.
Die Gänge, Hohlräume und Poren im Boden ermöglichen dem Niederschlagswasser ein rasches Einsickern in den Waldboden. Dadurch ist der Waldboden ein idealer Wasserspeicher. Im Boden bewegt sich das Wasser nur langsam durch die Humusauflage und den Mineralboden. Das Niederschlagswasser wird in den Gängen, Hohlräumen und Poren gebunden, da sie meist „blind“ enden und das Wasser so nicht einfach auslaufen kann. In das Grundwasser kann der Niederschlag erst gelangen, wenn er langsam durch den Boden gesickert ist. Doch warum erzähle ich dir von diesem kleinen Wasserkreislauf? Dieser Kreislauf des Wassers, welcher auf kleinem Raum vollzogen wird, ist so sensibel, dass jeder Eingriff fatale Auswirkungen haben kann. Heute merken wir immer mehr, dass unser Eingreifen in den Wald diese kleinen Wasserkreisläufe immer mehr stört. Die Folge von den gestörten Wasserkreisläufen ist, dass unsere Wälder immer weiter austrocknen. Dadurch werden die Wälder anfälliger für Krankheiten und Schädlingsbefall. In einem weiteren Beitrag möchte ich dir noch erzählen wie der Mensch in den Wald eingreift und welche krassen Folgen das hat. Jetzt möchte ich dir noch unterschiedliche Waldgesellschaften vorstellen.
Waldgesellschaften
Wald auf einem trockenen Standort (Müden 2020)
In der Landschaftsökologie spricht man häufig von Gesellschaften, in denen Pflanzen leben. Deshalb beginne ich mit dem Buchenwald. Ein Buchenwald wird wie eben schon erklärt durch abiotische Faktoren geprägt. Deshalb muss über den Bodensauren Buchenwald gesprochen werden. Diese Art von Buchenwald wächst auf mehr oder weniger basenarmen Sand-, Lehm- und Gesteinsböden. Die Böden, die sich auf dem Gestein bilden, sind meist oligotrophe, zum Teil podsolierte Braun- und Parabraunerden, manchmal aber auch Ranker. In einem Buchenwald hat die Rotbuche (Fagus sylvatica) die Oberhand. Die Krautschicht hingegen ist eher artenarm und hier überwiegen Säureanzeigende Arten wie zum Beispiel Wald-Hainsimse (Luzula sylvatica) oder die Pillen-Segge (Carex pilulifera). Ein anderer Buchenwald ist der mesophile Buchenwald. Diese Gesellschaft wächst eher auf mäßig trockenen bis mäßig Feuchten, mehr oder weniger basenreichen Lehm- und Lössstandorten. Diese findet man auf mittel- bis tiefgründigen Kalkverwitterungsböden und auf basenreichem Silikatgestein. Dazu gehört zum Beispiel Basalt- oder Diabas-Gestein. Die Böden, die sich auf diesem Gestein bilden, sind eutrophe Braun- und Parabraunerden oder Mullrenzina. Auch diese Waldgesellschaft wird durch die Rotbuche (Fagus sylvatica) dominiert. Die Krautschicht besteht hier aus mesophilen Arten wie zum Beispiel das Buschwindröschen (Anemone nemorosa), Waldmeister (Galium odoratum) oder auch der gefleckte Aronstab (Arum maculatum). Du siehst, je nach Standort kann ein Buchenwald unterschiedliche Gestalt annehmen.
Fruchtstand vom gefleckte Aronstab (Trier 2020)
In Deutschland findet man natürlich auch andere Waldgesellschaften wie zum Beispiel den Eichen- und Hainbuchenmischwald nährstoffreicher Standorte. Diese Wälder sind eher Mischwälder aus Eichen und/oder Hainbuchen mit Buchen und anderen Edellaubhölzern wie Ahorn, Esche, Linde sowie Hasel. Du kannst diese Wälder auf mäßig bis gut nährstoffversorgten, mäßig trockenen bis feuchten (selten auch nassen) Standorten außerhalb der Flussauen finden. Der Anteil von Rotbuche ist deutlich geringer als in den vorherigen Waldgesellschaften. Es entwickeln sich Gley-, Pseudogley- und Pelosolböden auf Standorten die stark von Grund- und Stauwasser beeinflusst werden. Auf solchen Böden entwickeln sich Eichen- und Hainbuchenmischwälder, als potenziell natürliche Vegetation. Überwiegend findet man jedoch eine solche Waldgesellschaft nutzungsbedingt auf mesophilen Buchenstandorten. Die Krautschicht besteht aus überwiegend mesophilen Arten wie zum Beispiel der Hasel (Coryllus avelana), dem Wald-Knäuelgras (Dactylis polygama) und der gewöhnlichen Goldnessel (Lamium galeobdolon). Das sind drei Arten der Waldgesellschaften, die je nach Artausprägung noch einige Unterarten haben.
Ökogramm für Europa
Ökogramm Wald (Eigene Darstellung)
In Deutschland ist die vorherrschende Baumart in Wäldern die Rotbuche (Fagus sylvatica). Würde man alle Naturräume in Deutschland der Natur überlassen, würde überall ein dichter Buchenwald entstehen. Diese Entwicklung würde natürlich nicht über Nacht geschehen, aber in ein paar hundert Jahren schon. Für jede Baumart gibt es ein dazugehöriges Ökogramm. Ein Ökogramm ist eine graphische Darstellung, die den Einfluss verschiedener Umweltfaktoren auf eine biologische Art darstellt. Natürlich gibt es solche Ökogramme auch für eine Artengemeinschaft wie zum Beispiel eine Pflanzengesellschaft. Du kannst dir also denken, dass es ebenfalls ein Ökogramm für die Rotbuche gibt. Dieses Ökogramm betrachtet verschiedene Faktoren, wozu der pH-Wert und die Bodenfeuchte gehören. Auf der y-Achse des Ökogramms ist die Bodenfeuchte von Wasser über sehr nass, nass, mäßig nass, feucht, mäßig feucht bis hin zu frisch, mäßig frisch, mäßig trocken, trocken und sehr trocken dargestellt. Auf der x-Achse wird der pH-Wert von stark sauer, sauer, mäßig sauer, schwach sauer über neutral und alkalisch angegeben. Das Vorkommen oder die Dominanz der betrachteten Art wird durch Punkte gekennzeichnet. Aus diesen Punkten kann für eine betrachtete Gruppe der charakteristische Bereich geschlossen werden. In der Natur gibt es keine klaren Grenzen. Daher können die Punkte unscharf begrenzt dargestellt werden. Im Ökogramm der Rotbuche (Fagus sylvatica) steht die Rotbuche im Mittelpunkt. Ihr Vorkommen erstreckt sich von sehr nassen bis zu trockenen und von stark sauren bis zu alkalischen Böden. Sie kommt in Reinbestand im Wald von feuchten bis mäßig frischen Standorten vor. Der pH-Wert ist im Reinbestand mäßig sauer bis alkalisch. Auf den anderen Standorten teilt sich die Buche ihren Lebensraum mit anderen Arten. Außer den Standorten sehr nass bis Wasser und sehr trocken wird nicht von der Rotbuche besiedelt. Auf sehr nassen bis wasserreichen Standorten entwickeln sich Hochmoore sowie Großseggen- und Röhrichtgesellschaften. Auf den sehr trockenen Standorten findet man Silbergrasrasen oder Trockenrasen. Du siehst, die Rotbuche hat eine große Standortamplitude. Wie weitere Waldgesellschaften aussehen und was die Rotbuche noch alles kann, werde ich dir in einem weiteren Beitrag erzählen.
Heute kommen wir zum letzten Beitrag in meiner kleinen Vogelreihe. Gemeinsam waren wir schon im Wald und am Wasser. Heute stellen wir uns einmal auf einen Feldweg. Wenn du dich gerade „warum auf einen Feldweg?“ fragst, dann möchte ich dir das gleich erklären. 50 Prozent der Landesfläche von Deutschland wird landwirtschaftlich genutzt. Daher hat die Landwirtschaft wie kaum ein anderer wirtschaftlicher Bereich einen großen Einfluss auf die Natur und unsere Schutzgüter Boden, Wasser und Luft. Ich möchte dir heute ein paar Vögel vorstellen, die in der freien Landschaft zu finden sind. Die freie Landschaft ist ein Mosaik aus unterschiedlichen Lebensräumen. Es gibt besondere Landstriche, die ich dir schon in dem Beitrag „Zauber der Landschaft“ erläutert habe. Heute möchte ich dir Lebensräume vorstellen, die man in jeder Landschaft findet. Ich gehe dabei auf Felder, Wiesen und Hecken ein. Also fangen wir an!
Wie sieht es in der freien Landschaft aus?
Blick auf Weizenfeld (Niederbonsfeld 2021)
Das landwirtschaftlich genutzte Feld sieht zunächst nach keinem besonders geeigneten Lebensraum aus. Meistens sind es Monokulturen von Weizen- oder Maisfeldern, die allenfalls für Parasiten der jeweilig angebauten Pflanze ein wahres Schlaraffenland sind. Doch auch hier leben andere Tiere, sodass der Anschein trügt. Viele Tiere und Pflanzen haben es geschafft, auch diesen eintönigen Lebensraum in Anspruch zu nehmen. Auch hierbei spielt die Intensität der Bewirtschaftung eine Rolle. Je intensiver das Feld genutzt wird und je mehr Chemie zum Einsatz kommt, desto weniger lebt auf einem Feld. Man kann auf Feldern in der Morgen- oder Abenddämmerung oftmals Rehe beobachten, die auf den Feldern Getreide fressen. In Maisfeldern kann sich auch mal eine Rotte Wildschweine verstecken und der Feldhase, der Feldhamster und die Feldmaus tragen in ihrem Namen schon den Bezug auf ihren Lebensraum. Der Feldhamster ist ein kleiner Profiteur der Landwirtschaft, denn er wurde in Mitteleuropa erst mit dem Einzug der Landwirtschaft heimisch. Ursprünglich kommt das possierliche Tierchen aus den Steppengebieten Osteuropas und Asiens. Auch der Fuchs besucht oft Felder, allerdings um zu jagen. Wie du siehst, kann man einiges entdecken. Was das Problem mit unseren Feldern ist, erkläre ich dir später in diesem Beitrag genauer.
Blick auf Grünländer (Tostedt 2019)
Neben den Feldern gibt es auch noch die Wiesen bzw. Grünländer. Wiesen und Weiden machen einen Großteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen aus. Sie sind schön und nützlich zugleich. Wildkräuter und Wildblumen, die hier wachsen, liefern gesundes Futter für die Milch- und Fleischindustrie. Darüber hinaus sind Wiesen ein Lebensraum für viele Insekten und andere Tiere. Die Wiesen in Deutschland bestehen überwiegend aus Mähwiesen, sprich sie werden in regelmäßigen Abständen gemäht. Der kleinere Teil der Wiesen sind klassische Weiden und werden durch Tiere gestutzt. Würde der Mensch die Wiesen und Weiden nicht nutzen, würden sich über kurz oder lang Sträucher und Bäume ansiedeln. So würden die Wiesen in die Sukzession übergehen und neue Wälder entstehen. Wiesen haben nicht nur eine hohe Artenvielfalt, sondern bieten mit ihrer zeitlich gestaffelten Blütenabfolge auch für uns immer wieder etwas Neues. Zwischen Flora und Fauna besteht außerdem eine enge Wechselbeziehung. Käfer, Bienenarten und Schmetterlinge erfreuen sich an dem Arten- und Blütenreichtum und finden so immer etwas zu fressen. Durch ihre Vielfalt und Strukturen in der Landschaft bieten Wiesen oder auch Weiden vielen unterschiedlichen Tierarten einen Lebensraum. Dazu gehören neben Vögeln auch Amphibien und Insekten. Je nach Lage der Wiese unterscheidet man in Blumenwiese, Magerrasen, Fettwiese, Trockenrasen, Feuchtwiese und Salzwiese. Blumenwiesen sind artenreiche Wiesen, die viele blühende, krautige Pflanzen aufweisen. Magerrasen sind extensiv genutzte Grünländer an besonders nährstoffarmen, „mageren“ Standorten. In Deutschland findet man sie eher selten und sie stehen daher unter Schutz. Trockenrasen sind den Magerrasen ähnlich, unterscheiden sich jedoch dadurch, dass sich die Biotope an trockenen Standorten bilden. Feuchtwiesen zeichnen sich dadurch aus, dass die Böden in den oberen Horizonten von Grundwasser beeinflusst oder zeitweise überschwemmt sind. Salzwiesen findet man in Deutschland nur an der See, da sie nur dort entstehen, wo das Meer periodisch oder unregelmäßig die Wiesen überflutet. Fettwiesen sind eine Folge der intensiven Bewirtschaftung des Menschen. Was genau dahinter steckt, werde ich dir später im Beitrag verraten. Wie du aber siehst, sind Wiesen oft durch den Menschen entstanden, bieten aber vielen Arten einen Rückzugsraum. Jetzt möchte ich dir noch den Einblick in eine Hecke geben, da sie ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der freien Landschaft ist.
Feldgehlöze (Düsseldorf 2020)
Hecken sind in der freien Landschaft immer gern gesehen. Unter einer Hecke kannst du dir eine Ansammlung von niedrigen Bäumen, Sträuchern und Kräutern vorstellen, die meistens gradlinig angeordnet sind. Das resultiert daraus, dass eine Hecke typischerweise als Abgrenzung zwischen Feldern oder zwischen Feld und Weg fungiert. Die meisten Hecken wurden von Menschen angelegt und als „lebende Zäune“ benutzt, manche sind aber auch natürlichen Ursprungs. Diese findest du meist an Böschungen und Geländestufen. Hier können natürliche Hecken entstehen: durch Samenanflug bilden sich allmählich kleine Gemeinschaften aus niedrigen Kräutern, Sträuchern und kleinen Bäumen. Doch auch unsere Kulturlandschaft ist immer noch im Wandel und daher werden die meisten Hecken künstlich erhalten, indem ein regelmäßiger Schnitt erfolgt. Früher entstanden die Hecken durch die ausgedehnten Rodungsmaßnahmen. Hecken bieten Schutz vor Wind und verhindern so eine Erosion auf den Feldern. Die Felder waren während des Mittelalters noch sehr klein und deshalb gab es viele Hecken. In diesen Hecken findest du, ähnlich wie bei Wiesen, einen ausgeprägten Stockwerkaufbau. Die Krautschicht ist eher in Bodennähe, darüber bildet sich die Strauchschicht und schließlich kommt die Baumschicht. Diesen Aufbau findet man nicht nur in der Vertikalen. Eine Hecke ist auch in der Horizontalen deutlich gegliedert. Im Herzen einer Hecke liegt das Heckenzentrum. Daran anschließend liegt der Saumbereich, welcher am Boden ausläuft. Die unterschiedlichen Regionen einer Hecke werden von unterschiedlichen Pflanzen geprägt. Daher bietet die Hecke viele verschiedene Lebensräume für Tiere. Diese Artenvielfalt im Bereich Flora und Fauna macht die Hecken ökologisch sehr wertvoll. Für viele Tiere bietet die Hecke in der offenen Fläche einen Rückzugsraum. Außerdem können intakte Heckensysteme als „Verbindungsstraße“ zwischen unterschiedlichen Lebensräumen dienen. Die genaue Pflanzengesellschaft der Hecke hängt immer stark davon ab, wo sich der Standort der Hecke befindet. In der Kernzone der Hecken findet man oft Feld-Ahorn oder Hainbuchen. In der Mantelzone der Hecke kann man Gemeinschaften von Hartriegeln, Heckenrosen, Schlehen oder Weißdorn entdecken. Der Saum einer Hecke wird oft durch Johanniskraut oder Brennnesseln gebildet. Diese Arten kann man ebenfalls an einem Waldrand entdecken. Im Sommer sind Hecken oft kühler und feuchter als die umgebene offene Landschaft, im Winter hingegen werden die extremen Temperaturschwankungen abgemildert. Welche Tiere kannst du in einer solchen Hecke entdecken? Fuchs, Hermelin, Igel und Feldhasen, aber auch Kröten und Eidechsen. Darüber hinaus findet man unzählige wirbellose Kleintiere wie Insekten oder Spinnen in den Hecken. Ein Fünftel der heimischen Singvogelarten leben hier. Welche das sind, schauen wir uns jetzt einmal an.
Welche Vögel kannst du in der freien Landschaft entdecken?
Jetzt, wo du einen kleinen Einblick in die freie Landschaft erhalten hast, wollen wir uns anschauen, welche Vögel es hier so gibt.
Eine typische Feldbewohnerin ist die Feldlerche. Sie ist vielen sehr geläufig. Die Feldlerche bevorzugt offene Lebensräume mit abwechslungsreicher Vegetation. Seit den Achtzigern musste die Feldlerche jedoch dramatische Bestandsverluste hinnehmen. Der Bestand in Deutschland hat sich bis heute halbiert. Eine Besonderheit der Feldlerche ist, dass sie typischerweise im Flug singt. Seltener kann man sie auch in Bäumen singen hören. Oft kann man sie auch auf Feldern und Wegen entdecken. Wenn Gefahr droht, duckt sie sich zunächst und fliegt dann katapultartig auf. Der Speiseplan der Feldlerche unterscheidet sich im Winter von dem im Sommer. Im Sommer stehen besonders Insekten auf dem Speiseplan, im Winter frisst sie eher Samen der verschiedenen Getreidesorten, Gräser und Kräuter. Eine der kleinsten Hühnervögel in Deutschland ist die Wachtel. Sie ist ungefähr so groß wie eine Amsel. Jeder, der eine Wachtel zu sehen bekommt, kann sich glücklich schätzen, da sie immer seltener wird und sich sehr gut verstecken kann. Wachteln fühlen sich an warmen, vegetationsreichen Orten wohl. Sie mögen Sandbäder in der Sonne und leben oft auf Getreidefeldern und brachen Wiesen mit Klee oder Luzernen. Wachteln sieht man kaum fliegen, auch wenn sie nicht gerade flugfaul sind: im Winter ziehen sie klammheimlich bis Afrika. Wie viele Vögel der freien Landschaft ist die Wachtel ebenfalls auf der Vorwarnliste der gefährdeten Vögel. Neben der intensiven Landwirtschaft, welche der Wachtel keinen Platz lässt, ist auch die Jagd auf dem Zugweg ein großes Problem.
Detail einer Wiese (Dortmund 2020)
Auf Wiesen findet man oftmals Wiesenbrüter. In intakten Feuchtwiesen sind es bspw. der große Brachvogel, der Kiebitz, das Braunkehlchen, die Bekassine, der Wiesenpieper, die Grauammer und der Wachtelkönig. Das Braunkehlchen ist in Deutschland stark gefährdet. Man kann es erst ab April beobachten, da Braunkehlchen zu den Langstreckenziehern gehören. Sie überwintern in den tropischen Regionen Afrikas. Tagsüber suchen sie nach Nahrung, wozu Insekten, Würmer und Spinnen gehören. Im Herbst greifen sie auch auf Beeren zurück. Sie suchen sich überwiegend blütenreiche Wiesen und Brachen aus, um ihre Bodennester zu bauen. Nicht zuletzt ist der Bestand durch den Rückgang dieser Wiesen und Brachen bedroht. Viele kennen den Kiebitz als eine weit verbreitete Art. Vielen ist er aufgrund des auffälligen Aussehens und Verhaltens bekannt. Sie leben ebenfalls überwiegend in Feuchtwiesen. Sie bevorzugen Flächen mit kurzer Vegetation und ohne dichte Gehölzstruktur in der Nähe. Früher hat man Kiebitze auch oft in Mooren angetroffen. Heute trifft man sie auch schon mal auf Äckern und Wiesen an. Auf dem Speiseplan des Kiebitzes stehen besonders Insekten und deren Larven. Daneben werden auch Regenwürmer, Getreidekörner, Samen und Früchte von Wiesenpflanzen verspeist. Auch er gehört in Deutschland zu den bedrohten Arten. Eine der wohl am häufigsten vorkommenden Pieperarten ist der Wiesenpieper. Der kleine Geselle ist mit seiner braunen Farbe gut an seinen Lebensraum angepasst. Beobachten kann man ihn gut, wenn er mal wieder seine erhöhte Warte auf einem Strauch oder Zaunpfahl einnimmt, da man ihn sonst in der Vegetation kaum entdecken kann. Er ist derzeit nicht bedroht. Jedoch ist der Bestand sinkend, da Brutgebiete durch die intensive Bewirtschaftung verlorengehen. Der Wiesenpieper lebt größtenteils auf dem Boden, wo er in dichter Vegetation sein napfförmiges Nest baut.
Wenn du an Hecken vorbei gehst, welche viele Dornsträucher wie Weißdorn oder Schlehe besitzen, kannst du über merkwürdig aufgespießte Insekten und Raupen stolpern. Wenn du so etwas entdeckst, betrachtest du eventuell das Werk eines Neuntöters. Der hübsche Vogel mit dem komischen Namen legt dort seine Vorräte an. Er lagert – oft zum Schreck des Beobachters – auf diese Weise auch kleine Mäuse. Der Neuntöter gehört zu der Familie der Würger und ist hierzulande einer der häufigsten Vertreter. Er bevorzugt offen strukturierte Landschaften mit Plätzen zum Sonnen- und Staubbaden. Neben Äckern und Waldrändern, wo er Nahrung finden kann, liebt er viele Hecken mit Dornensträuchern. Ein besonderer Offenlandbewohner ist außerdem der Wendehals. Er liebt offene, strukturreiche Flächen wie Waldlichtungen, Windwurfflächen, Obstwiesen oder Parks. Dort bewohnt er meist Baumhöhlen oder Nistkästen. Der Wendehals gehört zur Familie der Spechtvögel. In seiner Optik und seinem Verhalten erinnert er jedoch in keiner Art und Weise an einen Specht. Er trommelt nicht, er baut keine Höhlen und läuft auch nicht senkrecht am Stamm entlang. Der Wendehals hüpft über den Boden und spürt Ameisen auf, die er dann mit seiner langen, klebrigen Zunge aufnimmt.
Mohn am Weizenfeld (Niederbonsfeld 2021)
Viele der Vögel, die ich dir vorgestellt habe, lieben strukturreiche Landschaften und sind heute bedroht. Wie es dazu kommen konnte, möchte ich dir auch erklären.
Welche Probleme gibt es?
Die größte Artenvielfalt gab es in Deutschland nach der Kleinen Eiszeit vor dem Jahr 1800. Die Menschen schufen eine vielseitige und mosaikartige Landschaft. Nach 1800 wurde mehr und mehr auf Erträge geachtet und die Bewirtschaftung intensiviert. Schon um 1849 wurde über die Ausmerzung von störenden Hindernissen in der Landwirtschaft geklagt. Damals wurden schon feuchte Mulden aufgefüllt, Tümpel zugeschüttet und störende Hecken und Feldgehölze beseitigt. Vor dem zweiten Weltkrieg wurden unerwünschte Beikräuter mit der Hacke von den Äckern beseitigt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde jedoch mehr und mehr auf Chemikalien gesetzt. In den letzten Jahrzehnten wurde die Intensivierung der Landbewirtschaftung mit hohem Nährstoffeintrag und Pestizideinsatz vorangetrieben. Dieser Einsatz hat leider gravierende Auswirkungen auf die Artenvielfalt und die Umwelt. Die Folgen daraus sind dramatisch: Insekten- und Vogelsterben, zu hohe Nitratwerte im Grundwasser, tote Böden und klimaschädliche Emissionen. Schlussendlich wurde durch Fungizide, Insektizide, Herbizide oder Rodentizide ein Vernichtungsfeldzug gegen Nager, Pilze, Insekten und unerwünschte „Unkräuter“ eingeleitet. Außerdem wurden die Böden von jeglichen Insekten befreit und durch Drainagen leitete man die Verödung und Trockenlegung riesiger Gebiete ein. Übrig geblieben sind fast reine Monokulturen, die weitestgehend frei von Wildtieren und -pflanzen sind. Überleben werden in dieser Wüste nur die hartnäckigen „Schädlinge“.
Du wunderst dich, dass es nicht mehr so viele Hecken gibt? Das hat einen einfachen Grund: zu Beginn der Neuzeit, liefen große Flurbereinigungsmaßnahmen. Diese dienten ausschließlich der Ökonomie und nicht der Ökologie. Bei diesen Flurbereinigungsmaßnahmen wurden viele kleine Flächen zusammengelegt. Daher gibt es heute eher riesige Ackerflächen. Die Hecken störten bei der Bewirtschaftung der kleinen Flächen, sodass sie zunehmend aus dem Landschaftsbild verschwanden. Viele Heckenbewohner verloren ihren Lebensraum und ihre Lebensgrundlage. Nicht nur die Hecken leiden unter der zunehmenden Bewirtschaftung. Auch die klassischen Wildblumenwiesen findet man heutzutage immer seltener. Durch die regelmäßige Mahd von vier- bis sechsmal im Jahr und das intensive Düngen der Wiesen gehen die Wildblumenwiesen verloren. Viele der Wildblumen kommen mit der intensiven Bewirtschaftung nicht zurecht und so verschwinden nach und nach viele der Wiesenkräuter mit der Nährstoffflut. Die Folge aus der Bewirtschaftung ist eine Einheitsfettwiese, die oft aus weniger als 20 Pflanzenarten besteht. Dazu gehören überwiegend Grasarten und einige wenige stickstoffliebende Gewächse. In Einheitsfettwiesen blüht oft der Löwenzahn, welcher mit seinen gelben Blüten nett anzusehen ist, jedoch nichts Gutes bedeutet. Das Merkmal solcher Fettwiesen ist eine extreme Düngung und die daraus folgende Artenarmut. Ganz am Ende einer solchen Übernutzung stehen monotone Grasäcker mit Wiesenfuchsschwanz oder Weidelgras. Eine überaus positive Gegenbewegung hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen: Biologische Landwirtschaft. Wie genau die Unterschiede zur konventionellen Landwirtschaft sind und was vielleicht noch besser wäre, erzähle ich dir in einem ausführlichen Beitrag zur Landwirtschaft.
Im Zuge des Klimawandels gibt es immer wieder die Diskussion, ob die beschlossenen Maßnahmen ausreichen oder nicht. Du hast in letzter Zeit vom Thema Klimawandel nichts mitbekommen? Gut, bei der aktuellen Lage ist es auch wirklich schwierig, noch irgendeinem anderen Thema als der Pandemie zu begegnen.
Daher will ich dich heute mitnehmen und dir einen Einblick in das Thema Klimawandel und das Klimaschutzgesetz geben. Klingt für dich nicht so spannend? Kann ich verstehen, aber leider sind es die Gesetze, die in Deutschland den Rahmen geben, an dem sich Wirtschaft, Politik und Private bewegen. Also schon nicht unwichtig für alle. Das Klimaschutzgesetz (KSG) stammt aus dem Jahre 2019 und ist also noch gar nicht so alt.
Halde Rheinelbe (Gelsenkirchen 2021)
Rechtlicher Rahmen des KSG
Der Zweck dieses Gesetzes ist, die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zum Schutz vor Auswirkungen des weltweiten Klimawandels zu gewährleisten. Dabei werden die ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen berücksichtigt. Die Grundlage für dieses Gesetz ist das Übereinkommen von Paris. In Paris fand die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen statt. Hierbei einigten sich viele Länder darauf, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen ist. Um dies zu erreichen, wurden drei Ziele festgelegt. Das erste Ziel ist, dass die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 schrittweise gemindert werden. Das definierte Zieljahr ist 2030 und bis dahin möchte man eine Minderungsquote von mindestens 55 Prozent erreichen. Das zweite Ziel beschreibt die Möglichkeit, die nationalen Klimaschutzziele teilweise im Rahmen von staatenübergreifenden Mechanismen zur Minderung von Treibhausgasemissionen zu erreichen. Das dritte Ziel beschreibt, dass zur Erfüllung europäischer oder internationaler Klimaschutzziele höhere nationale Klimaschutzziele erforderlich werden. Die Bundesregierung leitet zur Erhöhung der Zielwerte nach §3 Absatz 1 die notwendigen Schritte ein. Bei Klimaschutzzielen gilt grundsätzlich, dass sie erhöht, jedoch nicht abgesenkt werden können. Wenn dich das genauer interessiert, kannst du natürlich im Klimaschutzgesetz nachlesen (vgl. KSG). Ich möchte dich an diesem Punkt jedoch nicht mit weiteren Paragraphen und Behördendeutsch langweilen. Schauen wir uns also an, was passiert ist.
Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht
Es wurde durch mehrere Klimaschützer:innen eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Verfassungsbeschwerde hatte vor dem Bundesverfassungsgericht teilweise Erfolg. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber nachbessern muss. Doch was genau ist aus dem Klimaschutzgesetz verfassungswidrig? Vom Bundesverfassungsgericht wurde geurteilt, dass das Klimaschutzgesetz nicht mit den Grundrechten vereinbar sei. Ab dem Jahre 2031 gebe es im Gesetz keine ausreichenden Vorgaben für die Minderung der Emissionen. Bis zum Jahr 2030 werden Maßnahmen für eine Emissionsverringerung vorgesehen, danach werden die Gefahren des Klimawandels allerdings auf die jüngere Generation verschoben. Das Problematische daran ist, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad und möglichst auf 1,5 Grad nur noch mit dringenden und kurzfristigen Maßnahmen umsetzbar ist. So würden die zum Teil sehr jungen Beschwerdeführer:innen in ihren Freiheitsrechten verletzt und, wie du sicher weißt, ist Freiheit im Grundgesetz verankert.
Also was passiert nun? Das Bundesverfassungsgericht fordert Nachbesserungen. Alle Bereiche des menschlichen Lebens sind mit den Emissionen von Treibhausgasen verbunden und damit ab dem Jahre 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht. Der Gesetzgeber muss zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit mehr Vorkehrungen treffen müssen, um die massiven Lasten abzumildern. Bis zum Ende des Jahres 2022 verpflichten die Richter:innen die Politik, die Minderungsziele der Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2031 besser zu regeln. Die bisher getroffenen und festgelegten Klimaschutzziele bis zum Jahr 2030 seien jedoch nicht zu beanstanden.
Das Urteil ist für viele und besonders für junge Menschen ein riesiger Erfolg. Es unterstützt all diejenigen, die sich für den Klimawandel einsetzen und ist eine Ohrfeige für alle, die den Klimawandel noch immer leugnen. In Deutschland sind einige vom Klimawandel betroffen, besonders die Nordseeinseln spüren in manchen Punkten den Klimawandel. Wirksamer Klimaschutz muss jetzt betrieben und umgesetzt werden und nicht erst in zehn Jahren, wenn es zu spät ist. Dies ist die Meinung vieler Betroffener. Die Fridays-for-Future-Bewegung äußerte sich in die gleiche Richtung. Klimaschutz – und das haben wir nun schriftlich – ist ein Grundrecht und nicht nur nice-to-have.
Im Grundgesetz heißt es im Artikel 20a, dass der Staat in Verantwortung für künftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und Rechtsprechung schützen muss. Die Richter vertreten die Ansicht, dass die milde Reduktionslast der einen Generation nicht zu Lasten der nachfolgenden Generationen gehen darf. In der Zukunft könnte es sogar sein, dass gravierende Freiheitsbußen zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden könnten. Es muss zwar immer gegen die Grundrechte abgewogen werden, jedoch nimmt das Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu. Die Erde ist unsere natürliche Lebensgrundlage und mit ihr muss sorgsam umgegangen werden. Unsere Generation sollte Sorge tragen, dass wir die Welt in einem Zustand hinterlassen wird, der von nachfolgenden Generationen nicht nur durch den Preis radikaler Enthaltsamkeit bewahrt werden kann. So sollten wir die Vorkehrungen treffen, dass ein freiheitsschonender Übergang in die Klimaneutralität gewährleistet werden kann. Das fehlt bislang im Klimaschutzgesetz.
Ende des Jahres 2019 haben Bund und Länder noch Kompromisse ausgehandelt und dem Klimapaket der Bundesregierung zugestimmt. Jetzt müssen alle Beteiligten nachbessern. Jeder kann seinen Beitrag zum Klimaschutz beitragen. Wie genau, werde ich dir in einem weiteren Beitrag erzählen.
Klimaschutzgesetz im Internet: https://www.gesetze-im-internet.de/ksg/index.html#BJNR251310019BJNE000400000 Urteil des Bundesverfassungsgerichtes: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-031.html
In meinem letzten Beitrag über Vögel habe ich dich mit in den Wald genommen. Da es so langsam wärmer wird und wir ein bisschen Sonne tanken können, dachte ich, dich heute mit ans Wasser zu nehmen. Ich hoffe, du hast Lust, ein etwas über Wasservögel zu lernen. Wie du weißt, bin ich in einem Ort südlich vor Hamburg groß geworden. Wann immer sich die Möglichkeit bot, waren wir natürlich alle in Hamburg. Dort kann man neben den gewohnten Stadttauben auch viele Möwen beobachten. Wie du jetzt schon merkst, muss man nicht unbedingt weit reisen, um Wasservögel zu treffen. Manchmal reicht schon ein Teich im Stadtpark oder ein innerstädtischer Fluss- oder Bachabschnitt, um eine Vielzahl an Wasservogelarten zu entdecken. Falls du in der nächsten Zeit Wasservögel beobachten möchtest, schlage ich dir Dorf- oder Parkteiche, Binnenseen unterschiedlichster Größe, Brücken, Landungsstege, Hafenanlagen oder Uferwege als Beobachtungspunkte vor. Manchmal kannst du aber auch keine Beobachtungsstände finden, wo man Wasservögel gut beobachten kann. Noch ein kleiner Tipp: Wasservögel in der Stadt zu beobachten ist besonders gut im Winter möglich. Da Vögel meistens dann von Menschen gefüttert werden, kann man sie aus nächster Nähe beobachten. Wenn man Glück hat, kann man im Frühling Wasservögel beim Brüten oder der Jungenaufzucht beobachten. Wichtig ist, nicht nur auf die offenen Wasserflächen zu achten, sondern ebenfalls auf die Uferzonen und Randbereiche der Gewässer zu blicken. Bevor ich dir nun ein paar der üblichen Wasservögel vorstelle, möchte ich dir erst zeigen, wie es typischerweise am Wasser aussieht.
Stockentenweibchen mit ihren Küken (Phönix See Dortmund 2020)
Ich nehme dich mit an die Elbe, genauer gesagt in den Leipziger Auwald. Hier wird’s spannend. Ein Auwald ist eine natürliche Pflanzengesellschaft entlang von Bächen oder Flüssen, eben wie hier in Leipzig an der Elbe. Auwälder werden von Überschwemmungen und hohem Grundwasserstand stark beeinflusst. Auwälder sind jedoch nicht vergleichbar mit nassen, sumpfigen Bruchwäldern oder von zuweilen trockenfallenden Sumpfwäldern.
Doch wie sieht jetzt so eine Aue aus?
Man untergliedert Flüsse entlang ihres Verlaufs, also starten wir bei der Quelle. Ein Fluss entspringt oft im Gebirge und im Quellbereich ist der Fluss meistens wegen der hohen Dynamik vegetationsfrei in Schotterbänke gebettet. Neben Weiden können sich hier manchmal niederwüchsige Gebüsche niederlassen. Im Mittelgebirge und im Tiefland sind die Auen der Quellen meistens so schmal, dass sich kein eigenständiger Au- oder Uferwald bilden kann. Oftmals werden diese Quellen vom angrenzenden Waldbestand mit überschirmt. In der Krautschicht kannst du jedoch durch besondere Arten Hinweise auf „Quellwälder“ finden. Der Auwald am Oberlauf ist meist ein schmales, flussbegleitendes Band. Typisch für diese Auwälder sind Erlen und Eschen. Am Mittellauf nimmt die Fließgeschwindigkeit eines Flusses deutlich ab. Hier überwiegt die Sedimentation und nährstoffreiches Feinmaterial (Auenlehms) nimmt zu und überwiegt. Die Vegetation verändert sich und es bilden sich Weichholz- und Hartholzauen. Am Unterlauf des Flusslaufes, ändert sich die Situation erneut. Der Fluss mäandert stark und das Gefälle im Flussbett nimmt ab. Daraus resultiert, dass die Fließgeschwindigkeit sinkt und mit ihr ebenfalls die kleinsten Schwebteilchen (Ton und Schluff). Ein Fluss kennzeichnet sich durch periodische oder zeitweise Überschwemmungen. Durch diese Überschwemmungen entstehen in Abhängigkeit vom Ausgangsgestein oder -substrat nährstoffreiche Böden. Charakteristische Bodentypen in Auen sind Braune Auenböden oder Vega, in den Alpen kann man aber auch häufiger Schwarze Auenböden finden. Außerdem findest du hier oft ein Mosaik aus Altarmen, Brüchen, Uferzonen und Weichholz- bzw. Hartholzauen. Am Mündungslauf entwickelt sich die Vegetation in Abhängigkeit der Gezeiten und wie sehr der Wasserstand des Flusses dadurch beeinflusst wird. Hier können sich besonders oft Röhrichte ausbilden, darüber hinaus sind diese Standorte von Salz beeinflusst. Dadurch sind Flussmündungen von Natur aus waldfrei. Jeder Fluss hat eine eigene Entstehungsgeschichte und ich habe dir jetzt auch nur den optimalen Zustand aufgezeigt. Durch den Einfluss des Menschen hat sich die Gestalt vieler Flüsse stark verändert. Wie, kannst du später in diesem Beitrag lesen. Jetzt, wo du ein bisschen mehr über Flüsse weißt und welche Lebensräume es hier gibt, wollen wir uns den Vögeln widmen.
Kanadagans am See (Dortmund 2020)
Welche Vögel man also überwiegend beobachten kann sind Enten, Gänse und Möwen. Die bekanntesten Enten sind sicherlich die Stockenten. Durch lautes Quaken kündigen sie sich schon an und sind uns wohl am vertrautesten. Früher wurden sie auch Wildenten genannt. Da dies jedoch sehr ungenau war, einigte man sich auf Stockente. Der Name lässt Rückschlüsse auf den Bau ihrer Nester zu, da die Stockenten ihre Nester auf den auf den Stock gesetzten Weiden, Knicks und Röhrichten bauen. Im Frühling können wir uns am Ententeich über die flauschigen Küken erfreuen, wenn diese das erste Mal das Gewässer erobern. Auch wenn die langläufige Meinung vorherrscht, dass Stockenten sehr gerne altes Brot essen, erfreuen sich die Stockenten eher an leichterer Kost. Wie beispielsweise Pflanzen, die am Ufer oder an Land wachsen, Wasserpflanzen, Sämereien, Beeren und Früchte aber ihnen schmecken auch Frösche, Schnecken, Würmer, Laich, Larven und sogar kleine Fische. An den Gewässern kann man auch andere Enten oder Taucher beobachten, wie zum Beispiel: Zwergtaucher, Krickente, Teichhuhn, Blässhuhn, Haubentaucher, Löffel- und Mandarinente, um nur ein paar zu nennen. Durch ausgesetzte fremdländische Arten gibt es mittlerweile bei den Enten viele Bastradierungen mit den ausgesetzten Arten. Bastradierung beschreibt Kreuzungen zwischen zwei unterschiedlichen Arten.
Schauen wir uns mal eine andere Familie an, die du vielleicht schon lange kennst: die Möwen. Wenn man im Binnenland mal Fernweh bekommt, dann kann es am Ruf der Lachmöwe liegen. Die Lachmöwe kann man leicht an ihrem Hochzeitskleid und ihrem dunklen Kopf erkennen. Den Namen verdankt die kleine Möwe vermutlich ihrem heiseren Geschrei, welches in großen Gruppen an spöttisches Gelächter erinnert. Sie bevorzugen große Süßgewässer im Binnenland, man kann sie aber auch an Flussmündungen, Feuchtgebieten und an der Küste antreffen. Ihre Nahrung beziehen sie oft von frisch gepflügten Feldern und Weiden. Neben den Lachmöwen findest du manchmal auch die Zwergmöwe, Steppenmöwe, Schwarzkopfmöwe und die Mittelmeermöwe an Gewässern. Ein sehr bekannter Reiher ist der Graureiher. Der Graureiher ist die häufigste Reiherart in Mitteleuropa. Mittlerweile findet man ihn in den verschiedensten Lebensräumen. Am häufigsten wirst du ihn in der Flachwasserzone von Seen oder auf Wiesen treffen, wo er seiner Beute auflauert. Manch ein Fischteichbesitzer klagt schon über den Besuch des Graureihers. Im Flug kann man den Graureiher durch den eingezogenen Kopf vom Kranich und vom Storch unterscheiden. Der Graureiher hat neben der typischen Flugsilhouette auch sein Gefieder als durchaus auffälliges Merkmal, da die Scheitelfedern leicht verlängert sind. Doch neben diesem Vertreter der Reiher gibt es auch den Silber- und Seidenreiher. Ein besonderer Zugvogel, den man in Deutschland beobachten kann, ist außerdem der Kranich. Er ist der bekannteste Zugvogel am europäischen Himmel. Der Kranichzug ist jedes Jahr ein besonderes Naturschauspiel. Mit lauten Rufen ziehen sie in Keilformationen am Himmel entlang. Sie versammeln sich mit mehreren tausend Tieren an Rastplätzen. In Deutschland findet man solche Rastplätze im Norden und Nordosten. Neben dem Zug der Vögel besticht der Kranich durch seine spektakuläre Balz und sein Aussehen. Der Kranich ist größer als ein Weißstorch (96-116 Zentimeter). Das Gefieder ist in einem hellen Blaugrau und auffallend sind die langen, schwarz zulaufenden Schirmfedern, welche buschig über den Bürzel hinausragen. Kopf und Hals sind schwarz-weiß gefärbt und auf dem Kopf zeichnet sich eine unbefiederte rote Kappe ab. Während der Brutzeit ist der Mantel des Kranichs rostbraun gefärbt.
Eine bekannte Vertreterin in unseren Gärten ist die Amsel, die du mit Sicherheit kennen wirst. Am Wasser kannst du die Wasseramsel treffen. Der Vogel ist stark an Gewässer gebunden und der einzige heimische Singvogel, der auch tauchen und schwimmen kann. Das Gefieder der Wasseramsel ist überwiegend braun und sehr dicht. Mit diesem Gefieder sind die Vögel perfekt an die aquatische Lebensweise angepasst. Die Kehle und die Brust sind weiß gefärbt. Wenn du sie beobachten willst, dann findest du sie in Mittel- und Süddeutschland in der Nähe von geröllreichen, schnell fließenden Bächen und Flüssen im Wald- und Bergland. Wie du siehst, kann man auch bekanntere Arten an Gewässern beobachten. Daher gibt es natürlich auch Meisen am Wasser. Dazu gehören zum Beispiel die Bartmeise und die Beutelmeise. Auch wenn die Bartmeise eher mit der Lerche verwandt ist, ähnelt sie äußerlich dennoch eher den Meisen. Den Namen hat sie durch ihren markanten schwarzen „Bart“ am sonst grau gefärbten Kopf des Männchens. In Deutschland findet man Bartmeisen eher im Norden, aber du kannst sie auch woanders in Deutschland finden. Die Bartmeisen leben ausschließlich in dichtem Schilf in ausgedehnten Schilfflächen. Solche Lebensräume kannst du in den Uferbereichen verschiedenster Binnengewässer finden.
Die kleine Beutelmeise ist eine wahre Meisterin im Nestbau. Sie baut das Nest an herabhängende Zweige einer Birke, Erle oder Weide. Das Nest wird aus unterschiedlichen Naturmaterialien wie Bastfasern, Tierhaaren oder Samenhaaren von Pappeln oder Weiden gebaut, sodass sich ein flauschiges, beutelartiges Nest ergibt. Der Beutel ist abgesehen von der Einschlupfröhre fast komplett geschlossen. Eine Beutelmeise kannst du ausschließlich an Gewässern und Sumpfgebieten finden. Außerhalb der Brutzeit ist sie vor allem in Röhrichten und Büschen anzutreffen.
Stockente auf dem Wasser (Dortmund 2020)
Bekanntere Vertreter am Wasser und besonders in den Städten sind die Gänse. Bei mir in Dortmund zum Beispiel sind die Nilgänse und die Kanadagänse die Arten, die man am häufigsten antreffen kann. Die beiden Vertreter sind jedoch keine einheimischen Arten. Die Kanadagans ist eine der wenigen Neozoen, was bedeutet, dass sie sich in Deutschland sehr erfolgreich eingebürgert hat. Ursprünglich kommt sie aus dem Norden Amerikas. Mittlerweile ist sie bei uns nach der Graugans die zweithäufigste Art. Sie ist sehr ruffreudig. Sie wurde wohl bei uns in die Freiheit entlassen, das teils versehentlich passiert, teils aber auch vorsätzlich. Seitdem vergrößert sie ihre Zahl kontinuierlich. Eine weitere Einwanderin ist die Nilgans. Im Gegensatz zu der Kanadagans zählt sie zu den invasiven Arten. Sie lebt oft in Parks auf Wiesen und in der Nähe von Seen. Mit ihrem exotischen Aussehen ist sie ein Hingucker in jedem Stadtpark, obwohl sie keine echte Gans ist, sondern nur zu den Halbgänsen gehört. Die typischste Gans auf unseren Feldern und Wiesen ist die Graugans. Auch in unseren Parks und Teichen fühlt sie sich heute wohl. Wenn Graugänse über uns hinweg fliegen, hört man sie gut an ihrem lauten, langgezogen Rufen. Die Graugänse warnen sich gegenseitig, vor vorbeikommenden Spaziergängern, welche dann von allen Vögeln aus dem Trupp skeptisch beobachtet werden. Sie ist die Vorfahrin unserer Hausgänse. Auf einigen Wasserflächen in der Stadt kann man auch Schwäne sehen. Manche sind über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Wie zum Beispiel die Alsterschwäne in Hamburg. Sie sind zum echten Wahrzeichen der Stadt geworden. Sie stehen besonders unter Schutz. Es ist bei Strafe verboten zu beleidigen, zu verletzten oder zu töten. Die Schwäne haben sogar einen sogenannten Schwanenvater, dessen Aufgaben die Überwachung des Lebensraums, die Notfallrettung verunglückter Wassertiere sowie die Aufzucht und Pflege verwaister Jungtiere sind. Darüber hinaus führt er Beratungen und Fortbildungen durch und verfolgt die Straftaten bei Gewässerverschmutzung, Tierquälerei und Wilderei. Ein spannender Job, der wohl so in Deutschland einzigartig ist.
Natürlich bieten Gewässer auch für Räuber einen Lebensraum. Seeadler, Schwarzmilane, Rohrweihe oder Fischadler sind einige, die am Wasser Nahrung finden. Der Schwarzmilan ist sehr eng mit dem Rotmilan verwandt. Daher ähneln sich die beiden von ihrem Äußeren und in ihrer Lebensweise sehr. Der Schwanz ist schwarz, etwas kürzer und weniger stark gegabelt. Das Gefieder hat eine eher dunkelbraune Grundfarbe. Vorzugsweise lebt er in der Nähe von Gewässern und in Auenlandschaften. In Deutschland kommt er vor allem in den östlichen und südlichen Bundesländern vor, in den Wintermonaten zieht er nach Afrika. Eine weitere Gruppe, die mich immer wieder fasziniert, ist die Gruppe der Schwalben. Die kleinste Vertreterin der Schwalben ist die Uferschwalbe. Sie besiedelt schnell neue Lebensräume an Steilhängen und ist die kleinste europäische Art. Ihre Bruthöhlen gräbt sie 70 Zentimeter tief in die Steilhänge und sucht dafür bewusst vegetationsfreie Steilhänge aus. Die Leistung für die Bruthöhle ist für den sperlingsgroßen Vogel enorm. In Deutschland steht sie auf der Vorwarnliste, da ihr Bestand derzeit stabil ist. Doch der Lebensraum der Schwalbe ist bedroht. Ursprünglich kam sie nur an der Küste oder an Flussläufen mit natürlicher Dynamik vor. Nach und nach musste sie sich jedoch andere Lebensräume suchen, da viele der ursprünglichen Lebensräume verbaut wurden. Daher findet man sie jetzt auch an Abgrabungsstellen für Ton- und Sandgruben. Das nächste Problem taucht jetzt für die kleine Schwalbe auf: der Lebensraum, den sie zum Ausweichen genutzt hat, wird jetzt wieder knapper. Daher kann die stabile Population einbrechen. Am Wasser findest du insgesamt 115 unterschiedliche Arten wie den Bruchwasserläufer, den Drosselrohrsänger, den Eisvogel und den Kibitzregenpfeifer, aber auch den Kormoran, den Kuckuck, die Rohrammer, den Schwarzstorch und den Stelzenläufer. Da es so viele Arten sind, kann ich dir nur empfehlen, dich über einzelne Arten beim Nabu weiterzubilden. Der Lebensraum am Gewässer ist vielseitig und abwechslungsreich. Warum einige Arten bedroht sind und wieso wir immer weniger Vögel am Wasser beobachten können, will ich dir folgend kurz erklären.
Welche Probleme gibt es am Wasser?
Für viele Vögel haben sich die Bedingungen durch das Eingreifen des Menschen geändert. Viele nasse und feuchte Biotope wurden durch den Menschen trockengelegt und entwässert. Diese Maßnahmen wurden bundesweit durchgeführt und reichen bis etwa 1800 zurück. Ähnlich schlimm wie diese Trockenlegungen wirkten sich die Begradigungen von Flüssen aus. Dabei spielen jedoch nicht nur die Begradigungen von Flüssen eine Rolle, sondern die Eindeichungen und die Befestigungen von Ufern wirken sich ähnlich schlimm aus. In meinem letzten Beitrag zum Thema Wasser habe ich schon von der Begradigung des Rheins erzählt. Besonders bei großen Flüssen wurden solche Begradigungen vorgenommen. Aber der Mensch hat nicht nur in große Flusssysteme eingegriffen, sondern ebenfalls in kleine Bäche, weshalb diese oft verdolt wurden. Verdolt bedeutet überdeckt. Damit einhergehend wurden die meisten Auwälder und Altwasser vernichtet. In Deutschland sind es die artenreichsten Biotope, die wir überhaupt hatten. Von den Auwäldern ist etwa ein Drittel übriggeblieben. Das sind weniger als 4000 Quadratkilometer. Besonders kritisch ist dies für Tierarten, die im Wasser leben. Sie werden durch die Aufstauung von Fließgewässern stark beeinträchtigt. Fließgewässer werden heute noch zur Energiegewinnung aufgestaut. Darüber hinaus werden Vögel und andere Lebewesen durch unmäßige Grabenräumungen gestört und Biotope zerstört. Bei einer Grabenräumung geht es darum, vorhandene Gräben auszuräumen und von Schlick zu befreien. Doch schauen wir noch einmal gemeinsam in die Vergangenheit. Während des Wirtschaftswunders wurden Abwässer Großteils ungeklärt in Bäche und Flüsse eingeleitet. Diese Einleitung von Abwässern aller Art haben vorrübergehend ganze aquatische Ökosysteme zerstört. Diese Zerstörung ist bis heute noch spürbar, auch wenn heute fast überall Kläranlagen im Einsatz sind. Die Flüsse und Bäche werden zum Teil renaturiert und trockengelegte Flächen werden in manchen Naturschutzgebieten wieder vernässt. Wenn dich das Thema Renaturierung von Feuchtgebieten interessiert, dann schau doch gerne mal bei meinem Beitrag „Mystisches Moor und Renaturierung“ vorbei. Das Traurige ist jedoch, dass viele Schäden die früher durch den Menschen entstanden sind, bis heute noch stark nachhallen und zu einem Großteil sogar irreparabel geschädigt sind. Nicht nur für die Menschen sind die Wasserwelten ein wertvolles und schützenswertes Gut, sondern auch für die Vögel. Je kleiner Ihre Lebensräume werden, desto mehr Vögel müssen sich neue Lebensräume suchen. Wie du Wasservögel unterstützen kannst, erzähle ich zu einem späteren Zeitpunkt.
In den letzten Monaten während der Pandemie konnte keiner so richtig viel machen. Jeder musste sich neu organisieren und der Trend ging dazu hin, kleinere Abenteuer oder auch Mikroabenteuer zu erleben. Ich streife schon seit Jahren durch die Stadt und bewundere immer wieder, wie sich die Natur durch unsere gebaute Welt bricht. Es ist spannend zu beobachten, wo sich etwas entwickelt und wie lange manche Pflanzen in unserer feindlichen Welt überleben können. Während der Pandemie konnte ich auch immer mehr Menschen draußen beobachten. Meistens war ich allein unterwegs, doch das hat sich in den letzten Monaten verändert. Vielleicht hast du dir schon mal ein paar Fragen gestellt, wie bspw.: Was verraten uns unsere Stadtbäume über den Klimawandel? Wie sieht der Sternenhimmel über unseren Städten aus und wieso sehe ich mehr Sterne auf dem Land? Wie viele Igel leben eigentlich in Bayern? Wie kann ich Igel in meinem Garten schützen? Wie ist eigentlich die Qualität der Luft in meiner Heimatstadt? Wie funktioniert eigentlich Boden und ist der Boden eigentlich gesund? Viele dieser Fragen beschäftigen nicht nur mich oder vielleicht dich, sondern auch die Forschung.
Mikro-Kosmos (Kirchhellen 2021)
Heute möchte ich dich wieder nach Draußen mitnehmen und dir zeigen, was Citizen Science ist und was es bewegen kann. Wenn du dich jetzt fragst, was Citizen Science ist, bist du hier genau richtig. Citizen Science beschreibt Methoden und Fachgebiete in der Wissenschaft, bei denen Forschungsprojekte unter Mithilfe oder auch komplett durch interessierte Laien bestritten werden. Wie in der Forschung werden auch hierbei Forschungsfragen formuliert, danach recherchiert, beobachtet und teilweise werden ebenfalls Messungen durchgeführt, die Daten ausgewertet und publiziert. Dabei werden die sog. Citizen Scientists meistens von Wissenschaftlern begleitet. Besonders im englischen Raum haben Citizen Science eine lange Tradition. In Deutschland wird ebenfalls auf die Methode der Citizen Science zurückgegriffen, jedoch nicht unter diesem Begriff. Doch was kann man als Citizen Scientist entdecken?
Was kann ich als Citizen Scientist erleben?
Es fängt eigentlich bei jeder kleinen Beobachtung von Tieren an. Beobachtest du eine Spinne, wie sie ihr Netz spinnt, lernst du automatisch etwas über die Spinne. Citizen Science sind meistens in Natur und Umwelt unterwegs. Ich möchte dir ein paar Beispiele an die Hand geben, wie du selbst ein Citizen Scientist werden kannst.
Dieses Wochenende ist wieder die „Stunde der Gartenvögel“. Der Nabu (Naturschutzbund Deutschland) ruft jährlich mehrmals zu diesen Vogelzählungen auf. Mit einem Fernglas, einem Stift und einem Zettel bewaffnet kann man an diesem Wochenende viele Familien in Gärten beobachten, die die Vögel in ihrem Garten beobachten. Die Zahlen können dann online beim Nabu eingetragen werden. Sie helfen den Verbänden, Rückschlüsse auf die Veränderungen in den Vogelpopulationen zu ziehen. So kann zum Beispiel der Rückgang bestimmter Populationen genau dokumentiert werden.
Vielleicht hast du ja schon mal einen Teebeutel vergraben, nur um ihn nach ein paar Monaten wieder auszubuddeln. Wenn du dich fragst, warum du das tun solltest, kommt hier die Antwort: vergräbst du einen Teebeutel im Boden, kannst du nach ein paar Monaten sehen, wie stark er verwittert ist. Den Rückschluss, den du aus diesem Experiment ziehen kannst, liegt eigentlich auf der Hand: wie stark und gesund sind der Boden und die Bodenfauna? Dieses Teebeutelexperiment wurde für die „Expedition Erdreich“ ins Leben gerufen. Es ist eine Aktion des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Bonares und dem Helmholtz Zentrum für Umweltforschung. Dadurch, dass die Teebeutel bei der Registrierung durch den GPS-Standort georeferenziert werden, erhalten die Institutionen wertvolle Informationen über den Boden vor deiner Haustür. Die Forscher können mithilfe von Bürger:innen eine umfassende Datenbank aufbauen, welche von weltweitem Nutzen wäre.
Es gibt aber auch andere Aktionen, an denen man sich beteiligen kann. Bundesweit gibt es eine große Anzahl an Projekten. Man kann Eichhörnchen und Igel beobachten, Pflanzen bestimmen oder gefangene Mücken einschicken sowie spannende Flutmarken oder Grabsteine fotografieren. Auf der Plattform „Bürger schaffen Wissen“ findest du rund 160 unterschiedliche Projekte. Ein großer Motor der Bewegung ist die Digitalisierung. Über das Internet können mehr Menschen erreicht und über Apps Daten leichter übermittelt werden. Für alle genannten Aktionen habe ich dir am Ende Links eingestellt. Hier findest du weitere Informationen.
Kaskade (Tostedt 2021)
Doch was bringt Citizen Science der Forschung?
Ein großer Vorteil dieser Projekte ist, dass Daten in Massen erhoben werden können. Meistens ist es mit herkömmlichen Methoden gar nicht möglich, sodass die Forschung durch die schiere Menge der Daten an ganz neue Erkenntnisse erlangen kann. Schauen wir uns noch einmal die „Stunde der Gartenvögel“ genauer an. Die „Stunde der Gartenvögel“ findet jedes Jahr am zweiten Maiwochenende statt. An diesem Wochenende zählen viele Menschen im eigenen Garten eine Stunde lang Vögel. Das ist durchaus machbar und nicht nur für die Eltern spannend. Kinder haben durch ihren Wissens- und Tatendrang durchaus Interesse daran, ihre Umwelt kennen zu lernen. Letztes Jahr hat die Aktion alle Rekorde gebrochen. Erstmalig nahmen über 150.000 Vogelfreund:innen teil. Möchte man diese Daten nur durch Expert:innen sammeln, wäre das in diesem Fall unbezahlbar. Was passiert mit den Ergebnissen der Zählung? Das wichtigste Ergebnis ist für jede Art die Zahl der beobachteten Individuen pro Stichprobe (z.B. Garten). Der Nabu kann die Arten zwischen den verschiedenen Regionen und über einen längeren Zeitraum hinweg vergleichen. So können frühzeitig Trends zur Häufigkeit der Arten in Siedlungsräumen erkannt werden. Die Antreffwahrscheinlichkeit einer Art, also der Anteil der Gärten, in denen eine bestimmte Art zu beobachten ist, ist sehr aussagekräftig. Dafür werden ebenfalls die Beobachtungsumstände und die Eigenschaften des Zählortes in den Datensätzen ergänzt, sodass zusätzliche Analysen getroffen werden können. Die absolute Zahl der Vögel einer einzelnen Art zu ermitteln ist nicht möglich. Doch auch diese Einschränkung kommt auch bei anderen Monitoringprogrammen vor, da ein unbekannter Anteil zwar anwesender, aber nicht erfasster Vögel vorstellbar ist.
Jetzt könnte man denken, dass solche Erhebungen ungenau sind, weil Arten verwechselt werden können. Die Wissenschaft ist sich jedoch einig, dass die Masse, das Rauschen reduziert. So ist in manchen Bereichen Citizen Science ein großer Bestandteil der Forschung. Die Wissenschaft hat erkannt, welches Potential in den Bürger:innen steckt. Sie sind wissbegierig, kennen sich aus und können sich durch Citizen Science einbringen.
Ein sich entfaltender Farn am Uferrand (Tostedt 2021)
Warum sollten wir alle selbst forschen?
Viel Wissen über die Natur ist über die Generationen verloren gegangen. Viele haben das Interesse an den Abläufen in der Natur verloren. Mit den kleinen Projekten der Citizen Science können die Wunder der Natur selbst erlernt und erforscht werden. Die Gesellschaft wird durch Citizen Science Projekte für viele Umweltthemen sensibilisiert. Darüber hinaus bekommt jeder, der an den Projekten teilnimmt, einen Einblick in die Forschung. Die Wissenschaft wird für jeden ein bisschen greifbarer und durch die erlangten Erkenntnisse verständlicher. Forscher:innen werden von Bürger:innen auf gesellschaftlich relevante Fragen aufmerksam gemacht und viele bringen oft ihr eigenes Wissen ein. Ich finde es immer spannend, wenn ich draußen etwas Neues entdecken und dir hier davon berichten kann. Nachfolgend findest du wie versprochen die Links für die Projekte und in den nächsten Tagen erzähle ich dir mehr über spannende Themen aus der Welt der Natur und Tiere.