Worüber reden wir, wenn wir von Wald sprechen?

Wald ist doch für jeden von uns etwas anderes und jeder verbindet unterschiedliche Emotionen mit Wald. Fakt ist, Wald gibt es schon seit ca. 300 – 400 Millionen Jahren auf dieser Erde. Zu dieser Zeit entstanden die ersten Bäume, wobei: Bäume allein machen keinen Wald aus. Doch was macht Wald aus? Die ökologische Definition sagt, dass Bäume eine wichtige Einheit in der Lebensgemeinschaft Wald sind. Wenn Bäume dicht und zahlreich stehen, kann sich das typische Waldklima bilden und erst dann wird von einem Wald gesprochen. Waldklima? Ein Waldklima zeichnet sich durch ausgeglichene Temperaturen aus. Die Lichtintensität und die Luftbewegungen sind geringer und die Luftfeuchtigkeit ist höher. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO folgt einer eigenen Definition. Hierbei wird davon gesprochen, dass Bäume im Reifealter von winterkalten Gebieten mindestens drei und im gemäßigten Klima mindestens sieben Meter hoch sind. Die Baumkronen müssen wenigstens zehn Prozent des Bodens überschirmen. Wie Du siehst, es gibt keinen Konsens zum Thema Wald. 

In den nächsten Millionen Jahren veränderten sich die Wälder immer wieder. Vor rund 100 Millionen Jahren entwickelten sich schließlich Laubbäume wie wir sie heute kennen, vielleicht nicht in denselben Arten wie heute. Diese bildeten die vorherrschenden Arten in dem damaligen Wald ab. 

Das letzte große Ereignis, welches die Wälder in Europa und auf der ganzen Welt verändert hatte, waren die Eiszeiten. Um 18.000 vor Christus war die Ausdehnung des Eises in Europa maximal. Während anschließend wärmerer Temperaturen konnte sich die Vegetation einige Flächen zurückerobern. Doch durch erneute Vereisung mussten sich die Pflanzen wieder zurückziehen. Wie wir wissen breitete sich das Eis der Eiszeit von Norden in den Süden aus. Zu dieser Zeit mussten wir einen großen Artenverlust hinnehmen. Gut, wir selbst haben davon nicht viel mitbekommen. 

Mischwald (2020)

Doch warum sind so viele Arten sind in Europa ausgestorben? Fangen wir mal bei den Basics an: in Deutschland haben wir rund 180 heimische Gehölzarten. In Nordamerika finden wir schon 1.500 unterschiedliche Arten und in Ostasien wird der Artenreichtum auf ca. 2.500 bis 5.000 Gehölzarten geschätzt. Der Grund dafür, dass wir die wenigsten Gehölzarten der Welt haben, liegt in der Exposition der Alpen. Die Alpen verlaufen von Ost nach West, bzw. West nach Ost, wie man es gerne sehen möchte. Die Alpen haben bei vielen unterschiedlichen Wetterlagen die Finger im Spiel und sind für das Artensterben während der Eiszeit hauptverantwortlich. Denn für viele Pflanzenarten waren die Alpen ein unüberwindbares Hindernis. Die Arten konnten nicht über Alpen wandern und wenn, dann war auf der anderen Seite durch die begrenzte Landmasse kaum Platz. Schauen wir uns die anderen Kontinente an, fällt uns auf, dass die Gebirge in Nordamerika von Nord nach Süden verlaufen. Hier konnten die Pflanzen entlang der Gebirge nach Süden wandern und so konnten mehr Arten die Eiszeit überstehen. In Asien liegen die Gebirge mittiger, jedoch verblieb südlich der Gebirge genügen Landmasse, um eine Ausweichfläche für die Pflanzen zu bieten. So raubte uns, dank der Alpen, die Eiszeit viele Arten. Die Eiszeit war zwar für den Wald kein großes Problem, lediglich für einige Arten. Die ersten Arten, die in der tundrenartigen Flora zurückkamen, waren die Pionierbaumarten wie die Birke und die Kiefer. Mit zunehmender Temperatur zogen Haselsträucher und Eichen nach. 

Ab dem Jahr 2.500 v. Chr. dehnten sich Mischwälder aus Eichen, Linden, Ulmen und Eschen aus. Durch eine weitere Wetteränderung zogen sich die Eichen wieder ein bisschen zurück. Ohne menschliche Eingriffe in die Wälder hätten wir ausschließlich Buchenwälder in Deutschland. Wie Ihr seht, gab es in Europa schon immer Wald, die Zusammensetzung war jedoch immer unterschiedlich. Doch wann wurde der Wald in Mitteleuropa wirtschaftlich genutzt? 

Ahornspross (2020)

Der Einfluss der Menschen auf das Ökosystem Wald verstärkte sich seit dem Mittelalter stärker. Während der mittelalterlichen Rodungen wurden Laubwälder gefällt. So erhöhte sich das erste Mal der Nadelwaldanteil in Deutschland. Holz diente zu der Zeit und bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts primär zum Heizen, Kochen und Bauen. Vor dem 14. Jahrhundert war kein anderer Rohstoff zum Bauen bekannt. Ein besonderer Punkt beim Thema Bauen war der Schiffsbau. Besonders während der Kolonialzeit wurde viel Holz geschlagen. Der Schiffbau trug stark zum Niedergang der Wälder bei. Neben dem Schiffbau wurde ebenfalls viel Holz für den Bergbau, die Glashütten und die Salinen benötigt. Doch nicht nur für das Bauen wurde Holz gebraucht. Die Wälder wurden als Weidegrund für das Vieh genutzt. Nach der Einführung der Stallhaltung wurden Blätter und Nadeln als Einstreu im Stall gebraucht. Diese Streunutzung führte zur Verarmung der Wälder und ihrer Böden und zählt damit zu einer der waldschädlichsten Eingriffe. Erst im 20. Jahrhundert wurde diese Streunutzung eingestellt. Der Zustand des Waldes zu Beginn des 19. Jahrhunderts lässt sich so beschreiben: riesige Kahlflächen durch die jahrelange intensive Nutzung. Nährstoffarme Böden infolge der verheerenden Streunutzung. Fehlende Verjüngung durch hohe Wildbestände. Viele Laubbäume hatten in dieser Zeit kaum eine Chance. So wurde die Vegetation anspruchslos. Ein weiterer großer Faktor, der die geschwächten Wälder noch weiter beanspruchte, war die stark wachsende Bevölkerung. Die Wälder konnten dieser Ansprüche nicht mehr standhalten. Aus dieser Holznot entwickelte sich die moderne Forst- und Waldwirtschaft. Heute ist der Wald von anderen Faktoren bedroht. Die Emissionsbelastungen durch die Industriegesellschaft setzten dem Wald zu Beginn der 80er Jahre stark zu. Aktuell kämpft der Wald mit den höheren Temperaturen und fehlenden Niederschlägen als Folge des Klimawandels und der Forstwirtschaft, welche das Ganze noch verschärft. Dem deutschen Wald geht es also schlecht. Hier einmal ein paar Zahlen zu unserem Wald. Die Zahlen stammen aus der dritten und aktuellsten Bundeswaldinventur aus dem Jahr 2012. Bei der Bundeswaldinventur wird der Wald von Wissenschaftlern vermessen. Hierbei wird mit einer Stichprobe gearbeitet. Die Wissenschaftler erfassen einen kleinen, repräsentativen Teil des Waldes. Dabei werden Informationen über den deutschen Wald abgeleitet. 

Ergebnis der Bundeswaldinventur

Ergebnis der Bundeswaldinventur ist, dass der deutsche Wald bzw. Forstflächen in den letzten Jahren konstant geblieben sind. Der Wald in Deutschland umfasst eine Fläche von rund 11,4 Millionen Hektar. Das sind 32 Prozent der Gesamtfläche des Landes. Die natürliche Waldentwicklung ist in Deutschland nur in verschiedenen Naturschutzgebieten möglich. Auf einer Fläche von 213.000 Hektar kann sich ein natürlicher Wald entwickeln. Die meisten Wälder in Deutschland sind forstwirtschaftlich genutzt. Rund 55 Prozent der Wälder bestehen aus Nadelgehölzen. Hierbei gilt die Fichte als der häufigste Vertreter und als Brotbaum der Forstwirtschaft. Sie wächst in rund 25 Prozent der Nadelwälder. Dicht hinter der Fichte folgt die Kiefer mit rund 22 Prozent der Fläche. Beide Baumarten wachsen auf Standorten, auf denen von Natur aus Buchen und Eichen anzutreffen sind. Die restlichen 45 Prozent der Waldflächen werden von Laufgehölzen dominiert. Hier überwiegt die Buche mit rund 15 Prozent, dicht gefolgt von unterschiedlichen Eichenarten mit 10 Prozent. Neben den Buchen und Eichen zeichnen sich die Laubwälder durch einen hohen Artenreichtum aus. Bei einem Waldspaziergang kannst Du neben Buchen und Eichen ebenfalls Berg- und Spitzahorne oder Eschen sowie Pappeln und Weiden finden. Im Diagramm sind die Gehölzarten unter ALH und ALN zu finden. Diese Punkte bezeichnen Gehölze hoher Lebensdauer (ALH) und niedriger Lebensdauer (ALN). Das ist der Stand heute. Das wichtigste, das wir in Deutschland natürlich betrachten sollten, ist das Gesetz. Für Wald haben wir das Bundeswaldgesetz (BWaldG). Dieses besagt: „Wald im Sinne dieses Gesetzes ist jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Fläche.“ (nach §2 Abs.1) 

Fichtenforst im National Park Eifel (2020)

Wie Du siehst, wird Wald immer gleich mit Forstpflanzungen gesetzt. Das bedeutet, dass der Wald immer bewirtschaftet werden darf. Und so ist es heute der Fall. Selbst Wirtschaftswege und Holzlager gelten nach heutigem Gesetz zum Wald dazu. Dies führt beispielsweise zu Schlagzeilen, dass der deutsche Wald stirbt. Gemeint ist dabei jedoch der Fichtenforst. Die Fichte hält den heißen Sommern und den trockenen Wintern nicht stand. Die Fichte als Brotbaum der Forstwirtschaft hat total versagt. Anfang der 90er gab es zwei große Stürme, bei denen viele Fichten einfach umgefallen sind, da sie diesen Stürmen nichts entgegen setzten konnten. Damals gab es Debatten in der Forstwirtschaft, um die Wälder sturmsicherer zu machen. Die Forstwirtschaft wollte weg von den Nadelgehölzen und hat angefangen, Laubbäume wie Buche, Ahorn, Eiche, Birke sowie ab und zu ein paar Nadelbäume zu pflanzen. Es wurden viele Laubbäume gepflanzt, was vom Bund gefördert wurde. Innerhalb von zehn Jahren hätte eine gut durchmischte Waldfläche erzielt werden können. Doch wurde dieser Waldumbau nicht konsequent durchgezogen. So findet man heute viele Fichtenforstflächen, welche durch den Borkenkäfer zugrunde gehen. Der nächste Waldumbau und die nächsten Debatten laufen in der Forstwirtschaft. Es bleibt also spannend. Wichtig ist, dass wir unsere Wälder schützen müssen, um den Klimawandel entgegen zu wirken. Die deutschen Wälder speichern viel CO2, was sie für uns sehr wertvoll machen. Wie genau unsere Wälder Einfluss auf den Klimawandel nehmen können, erzähle ich Dir in einem späteren Beitrag.

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