Defizite und Nachbesserungen beim Klimaschutzgesetz

Im Zuge des Klimawandels gibt es immer wieder die Diskussion, ob die beschlossenen Maßnahmen ausreichen oder nicht. Du hast in letzter Zeit vom Thema Klimawandel nichts mitbekommen? Gut, bei der aktuellen Lage ist es auch wirklich schwierig, noch irgendeinem anderen Thema als der Pandemie zu begegnen. 

Daher will ich dich heute mitnehmen und dir einen Einblick in das Thema Klimawandel und das Klimaschutzgesetz geben. Klingt für dich nicht so spannend? Kann ich verstehen, aber leider sind es die Gesetze, die in Deutschland den Rahmen geben, an dem sich Wirtschaft, Politik und Private bewegen. Also schon nicht unwichtig für alle. Das Klimaschutzgesetz (KSG) stammt aus dem Jahre 2019 und ist also noch gar nicht so alt. 

Halde Rheinelbe (Gelsenkirchen 2021)

Rechtlicher Rahmen des KSG

Der Zweck dieses Gesetzes ist, die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zum Schutz vor Auswirkungen des weltweiten Klimawandels zu gewährleisten. Dabei werden die ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen berücksichtigt. Die Grundlage für dieses Gesetz ist das Übereinkommen von Paris. In Paris fand die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen statt. Hierbei einigten sich viele Länder darauf, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen ist. Um dies zu erreichen, wurden drei Ziele festgelegt. Das erste Ziel ist, dass die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 schrittweise gemindert werden. Das definierte Zieljahr ist 2030 und bis dahin möchte man eine Minderungsquote von mindestens 55 Prozent erreichen. Das zweite Ziel beschreibt die Möglichkeit, die nationalen Klimaschutzziele teilweise im Rahmen von staatenübergreifenden Mechanismen zur Minderung von Treibhausgasemissionen zu erreichen. Das dritte Ziel beschreibt, dass zur Erfüllung europäischer oder internationaler Klimaschutzziele höhere nationale Klimaschutzziele erforderlich werden. Die Bundesregierung leitet zur Erhöhung der Zielwerte nach §3 Absatz 1 die notwendigen Schritte ein. Bei Klimaschutzzielen gilt grundsätzlich, dass sie erhöht, jedoch nicht abgesenkt werden können. Wenn dich das genauer interessiert, kannst du natürlich im Klimaschutzgesetz nachlesen (vgl. KSG). Ich möchte dich an diesem Punkt jedoch nicht mit weiteren Paragraphen und Behördendeutsch langweilen. Schauen wir uns also an, was passiert ist. 

Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht

Es wurde durch mehrere Klimaschützer:innen eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Verfassungsbeschwerde hatte vor dem Bundesverfassungsgericht teilweise Erfolg. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber nachbessern muss. Doch was genau ist aus dem Klimaschutzgesetz verfassungswidrig? Vom Bundesverfassungsgericht wurde geurteilt, dass das Klimaschutzgesetz nicht mit den Grundrechten vereinbar sei. Ab dem Jahre 2031 gebe es im Gesetz keine ausreichenden Vorgaben für die Minderung der Emissionen. Bis zum Jahr 2030 werden Maßnahmen für eine Emissionsverringerung vorgesehen, danach werden die Gefahren des Klimawandels allerdings auf die jüngere Generation verschoben. Das Problematische daran ist, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad und möglichst auf 1,5 Grad nur noch mit dringenden und kurzfristigen Maßnahmen umsetzbar ist. So würden die zum Teil sehr jungen Beschwerdeführer:innen in ihren Freiheitsrechten verletzt und, wie du sicher weißt, ist Freiheit im Grundgesetz verankert. 

Also was passiert nun? Das Bundesverfassungsgericht fordert Nachbesserungen. Alle Bereiche des menschlichen Lebens sind mit den Emissionen von Treibhausgasen verbunden und damit ab dem Jahre 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht. Der Gesetzgeber muss zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit mehr Vorkehrungen treffen müssen, um die massiven Lasten abzumildern. Bis zum Ende des Jahres 2022 verpflichten die Richter:innen die Politik, die Minderungsziele der Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2031 besser zu regeln. Die bisher getroffenen und festgelegten Klimaschutzziele bis zum Jahr 2030 seien jedoch nicht zu beanstanden. 

Wolkenhimmel in Tostedt (©L. Hornich 2021)

Das Urteil ist für viele und besonders für junge Menschen ein riesiger Erfolg. Es unterstützt all diejenigen, die sich für den Klimawandel einsetzen und ist eine Ohrfeige für alle, die den Klimawandel noch immer leugnen. In Deutschland sind einige vom Klimawandel betroffen, besonders die Nordseeinseln spüren in manchen Punkten den Klimawandel. Wirksamer Klimaschutz muss jetzt betrieben und umgesetzt werden und nicht erst in zehn Jahren, wenn es zu spät ist. Dies ist die Meinung vieler Betroffener. Die Fridays-for-Future-Bewegung äußerte sich in die gleiche Richtung. Klimaschutz – und das haben wir nun schriftlich – ist ein Grundrecht und nicht nur nice-to-have. 

Im Grundgesetz heißt es im Artikel 20a, dass der Staat in Verantwortung für künftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und Rechtsprechung schützen muss. Die Richter vertreten die Ansicht, dass die milde Reduktionslast der einen Generation nicht zu Lasten der nachfolgenden Generationen gehen darf. In der Zukunft könnte es sogar sein, dass gravierende Freiheitsbußen zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden könnten. Es muss zwar immer gegen die Grundrechte abgewogen werden, jedoch nimmt das Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu. Die Erde ist unsere natürliche Lebensgrundlage und mit ihr muss sorgsam umgegangen werden. Unsere Generation sollte Sorge tragen, dass wir die Welt in einem Zustand hinterlassen wird, der von nachfolgenden Generationen nicht nur durch den Preis radikaler Enthaltsamkeit bewahrt werden kann. So sollten wir die Vorkehrungen treffen, dass ein freiheitsschonender Übergang in die Klimaneutralität gewährleistet werden kann. Das fehlt bislang im Klimaschutzgesetz. 

Ende des Jahres 2019 haben Bund und Länder noch Kompromisse ausgehandelt und dem Klimapaket der Bundesregierung zugestimmt. Jetzt müssen alle Beteiligten nachbessern. Jeder kann seinen Beitrag zum Klimaschutz beitragen. Wie genau, werde ich dir in einem weiteren Beitrag erzählen. 

Klimaschutzgesetz im Internet: https://www.gesetze-im-internet.de/ksg/index.html#BJNR251310019BJNE000400000
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-031.html

Über Citizen Science und Mikroabenteuer

In den letzten Monaten während der Pandemie konnte keiner so richtig viel machen. Jeder musste sich neu organisieren und der Trend ging dazu hin, kleinere Abenteuer oder auch Mikroabenteuer zu erleben. Ich streife schon seit Jahren durch die Stadt und bewundere immer wieder, wie sich die Natur durch unsere gebaute Welt bricht. Es ist spannend zu beobachten, wo sich etwas entwickelt und wie lange manche Pflanzen in unserer feindlichen Welt überleben können. Während der Pandemie konnte ich auch immer mehr Menschen draußen beobachten. Meistens war ich allein unterwegs, doch das hat sich in den letzten Monaten verändert. Vielleicht hast du dir schon mal ein paar Fragen gestellt, wie bspw.: Was verraten uns unsere Stadtbäume über den Klimawandel? Wie sieht der Sternenhimmel über unseren Städten aus und wieso sehe ich mehr Sterne auf dem Land? Wie viele Igel leben eigentlich in Bayern? Wie kann ich Igel in meinem Garten schützen? Wie ist eigentlich die Qualität der Luft in meiner Heimatstadt? Wie funktioniert eigentlich Boden und ist der Boden eigentlich gesund? Viele dieser Fragen beschäftigen nicht nur mich oder vielleicht dich, sondern auch die Forschung. 

Mikro-Kosmos (Kirchhellen 2021)

Heute möchte ich dich wieder nach Draußen mitnehmen und dir zeigen, was Citizen Science ist und was es bewegen kann. Wenn du dich jetzt fragst, was Citizen Science ist, bist du hier genau richtig. Citizen Science beschreibt Methoden und Fachgebiete in der Wissenschaft, bei denen Forschungsprojekte unter Mithilfe oder auch komplett durch interessierte Laien bestritten werden. Wie in der Forschung werden auch hierbei Forschungsfragen formuliert, danach recherchiert, beobachtet und teilweise werden ebenfalls Messungen durchgeführt, die Daten ausgewertet und publiziert. Dabei werden die sog. Citizen Scientists meistens von Wissenschaftlern begleitet. Besonders im englischen Raum haben Citizen Science eine lange Tradition. In Deutschland wird ebenfalls auf die Methode der Citizen Science zurückgegriffen, jedoch nicht unter diesem Begriff. Doch was kann man als Citizen Scientist entdecken? 

Was kann ich als Citizen Scientist erleben? 

Es fängt eigentlich bei jeder kleinen Beobachtung von Tieren an. Beobachtest du eine Spinne, wie sie ihr Netz spinnt, lernst du automatisch etwas über die Spinne. Citizen Science sind meistens in Natur und Umwelt unterwegs. Ich möchte dir ein paar Beispiele an die Hand geben, wie du selbst ein Citizen Scientist werden kannst. 

Dieses Wochenende ist wieder die „Stunde der Gartenvögel“. Der Nabu (Naturschutzbund Deutschland) ruft jährlich mehrmals zu diesen Vogelzählungen auf. Mit einem Fernglas, einem Stift und einem Zettel bewaffnet kann man an diesem Wochenende viele Familien in Gärten beobachten, die die Vögel in ihrem Garten beobachten. Die Zahlen können dann online beim Nabu eingetragen werden. Sie helfen den Verbänden, Rückschlüsse auf die Veränderungen in den Vogelpopulationen zu ziehen. So kann zum Beispiel der Rückgang bestimmter Populationen genau dokumentiert werden. 

Vielleicht hast du ja schon mal einen Teebeutel vergraben, nur um ihn nach ein paar Monaten wieder auszubuddeln. Wenn du dich fragst, warum du das tun solltest, kommt hier die Antwort: vergräbst du einen Teebeutel im Boden, kannst du nach ein paar Monaten sehen, wie stark er verwittert ist. Den Rückschluss, den du aus diesem Experiment ziehen kannst, liegt eigentlich auf der Hand: wie stark und gesund sind der Boden und die Bodenfauna? Dieses Teebeutelexperiment wurde für die „Expedition Erdreich“ ins Leben gerufen. Es ist eine Aktion des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Bonares und dem Helmholtz Zentrum für Umweltforschung. Dadurch, dass die Teebeutel bei der Registrierung durch den GPS-Standort georeferenziert werden, erhalten die Institutionen wertvolle Informationen über den Boden vor deiner Haustür. Die Forscher können mithilfe von Bürger:innen eine umfassende Datenbank aufbauen, welche von weltweitem Nutzen wäre. 

Es gibt aber auch andere Aktionen, an denen man sich beteiligen kann. Bundesweit gibt es eine große Anzahl an Projekten. Man kann Eichhörnchen und Igel beobachten, Pflanzen bestimmen oder gefangene Mücken einschicken sowie spannende Flutmarken oder Grabsteine fotografieren. Auf der Plattform „Bürger schaffen Wissen“ findest du rund 160 unterschiedliche Projekte. Ein großer Motor der Bewegung ist die Digitalisierung. Über das Internet können mehr Menschen erreicht und über Apps Daten leichter übermittelt werden. Für alle genannten Aktionen habe ich dir am Ende Links eingestellt. Hier findest du weitere Informationen. 

Kaskade (Tostedt 2021)

Doch was bringt Citizen Science der Forschung? 

Ein großer Vorteil dieser Projekte ist, dass Daten in Massen erhoben werden können. Meistens ist es mit herkömmlichen Methoden gar nicht möglich, sodass die Forschung durch die schiere Menge der Daten an ganz neue Erkenntnisse erlangen kann. Schauen wir uns noch einmal die „Stunde der Gartenvögel“ genauer an. Die „Stunde der Gartenvögel“ findet jedes Jahr am zweiten Maiwochenende statt. An diesem Wochenende zählen viele Menschen im eigenen Garten eine Stunde lang Vögel. Das ist durchaus machbar und nicht nur für die Eltern spannend. Kinder haben durch ihren Wissens- und Tatendrang durchaus Interesse daran, ihre Umwelt kennen zu lernen. Letztes Jahr hat die Aktion alle Rekorde gebrochen. Erstmalig nahmen über 150.000 Vogelfreund:innen teil. Möchte man diese Daten nur durch Expert:innen sammeln, wäre das in diesem Fall unbezahlbar. Was passiert mit den Ergebnissen der Zählung? Das wichtigste Ergebnis ist für jede Art die Zahl der beobachteten Individuen pro Stichprobe (z.B. Garten). Der Nabu kann die Arten zwischen den verschiedenen Regionen und über einen längeren Zeitraum hinweg vergleichen. So können frühzeitig Trends zur Häufigkeit der Arten in Siedlungsräumen erkannt werden. Die Antreffwahrscheinlichkeit einer Art, also der Anteil der Gärten, in denen eine bestimmte Art zu beobachten ist, ist sehr aussagekräftig. Dafür werden ebenfalls die Beobachtungsumstände und die Eigenschaften des Zählortes in den Datensätzen ergänzt, sodass zusätzliche Analysen getroffen werden können. Die absolute Zahl der Vögel einer einzelnen Art zu ermitteln ist nicht möglich. Doch auch diese Einschränkung kommt auch bei anderen Monitoringprogrammen vor, da ein unbekannter Anteil zwar anwesender, aber nicht erfasster Vögel vorstellbar ist. 

Jetzt könnte man denken, dass solche Erhebungen ungenau sind, weil Arten verwechselt werden können. Die Wissenschaft ist sich jedoch einig, dass die Masse, das Rauschen reduziert. So ist in manchen Bereichen Citizen Science ein großer Bestandteil der Forschung. Die Wissenschaft hat erkannt, welches Potential in den Bürger:innen steckt. Sie sind wissbegierig, kennen sich aus und können sich durch Citizen Science einbringen. 

Ein sich entfaltender Farn am Uferrand (Tostedt 2021)

Warum sollten wir alle selbst forschen? 

Viel Wissen über die Natur ist über die Generationen verloren gegangen. Viele haben das Interesse an den Abläufen in der Natur verloren. Mit den kleinen Projekten der Citizen Science können die Wunder der Natur selbst erlernt und erforscht werden. Die Gesellschaft wird durch Citizen Science Projekte für viele Umweltthemen sensibilisiert. Darüber hinaus bekommt jeder, der an den Projekten teilnimmt, einen Einblick in die Forschung. Die Wissenschaft wird für jeden ein bisschen greifbarer und durch die erlangten Erkenntnisse verständlicher. Forscher:innen werden von Bürger:innen auf gesellschaftlich relevante Fragen aufmerksam gemacht und viele bringen oft ihr eigenes Wissen ein. Ich finde es immer spannend, wenn ich draußen etwas Neues entdecken und dir hier davon berichten kann. Nachfolgend findest du wie versprochen die Links für die Projekte und in den nächsten Tagen erzähle ich dir mehr über spannende Themen aus der Welt der Natur und Tiere.  

Links für weiterführende Informationen:

https://www.buergerschaffenwissen.de
https://www.expedition-erdreich.de
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/stunde-der-gartenvoegel/index.html