Mystisches Moor und seine Typologien

Mystisches Moor und seine Typologien

Moore – zahlreiche Mythen und Sagen ranken sich um die Feuchtgebiete. Lange hielt sich der Volksglaube, dass die Geister tot geborener und nicht getaufter Kinder Reisende vom Weg abbringen und diese in Moorlöchern versinken. Damit steigen wir heute mal ganz anders in das Thema ein. Spannend ist auch, dass wir heute den ersten Teil einer dreiteiligen Serie bestreiten. In meinem Beitrag über die Naturräume habe ich Euch schon gesagt, wo man Moore in Deutschland finden kann. Günstige Bedingungen für Moore findet man vor allem in Nordamerika, Nordeuropa, Südamerika, Nord- und Südasien sowie im Amazonasbecken. In diesen Bereichen entstanden Moore aller Art und Torflagerstätten mit einer Fläche von insgesamt vier Millionen Quadratkilometern. Damit bedecken Moore eine Landfläche von drei Prozent der Erdoberfläche. Besonders viele Moore finden wir heute noch in Teilen Russlands, Alaskas und Kanadas. In Deutschland finden wir die größten Moore im Nordwesten, Nordosten und im Alpenvorland. 

Ehemaliges Hochmoor Venner Moor“ (2020)

Wie entstehen Moore? 

Für die Entstehung eines Moores müssen einige Bedingungen erfüllt sein: Das Gebiet muss niederschlagsreich sein und eine hohe Luftfeuchtigkeit aufweisen. Dabei staut sich im Boden eine Schicht Wasser. Dies kann nicht jeder Boden. Darüber hinaus muss die Produktion an Pflanzensubstanz deren Verlust durch Zersetzung übertreffen. Ökologisch unterscheidet man zwischen Hoch-, Nieder- und Zwischenmooren. Daher gibt es nicht die eine Entstehungsgeschichte des Moores. Schauen wir uns die unterschiedlichen Moore einmal genauer an. Beginnen wir mit den Hochmooren. 

Hochmoor

Schichtung, eines Hochmoores (Eigene Darstellung)

Hochmoore wachsen mit der Zeit über den Grundwasserstand hinaus oder haben sich in einem niederschlagsreichen Gebiet als wurzelechtes Hochmoor auf dem mineralischen Untergrund gebildet. Doch wie überleben diese Moore? Die Hochmoore werden durch Regenwasser (ombotroph) ernährt. Daher bezeichnet man Hochmoore auch als Regenmoore. Durch den Regen sind Hochmoore eher sauer und sehr nährstoffarm. Sie verfügen über einen geringen Gehalt an Stickstoff und andere Nährstoffe. Außerdem zeichnen sich Hochmoore durch einen hohen Kohlenstoffgehalt im Torf aus. Hochmoore wachsen jedes Jahr einen Millimeter in die Höhe. Das klingt erst einmal nach nicht viel, ist jedoch auf die Fläche gesehen eine ganze Menge. Die Hochmoorzentren sind in der Regel baumfrei, was nicht unbedingt einladend für Pflanzen klingt. Der Untergrund ist sauer, nährstoffarm und hat eine permanente Wassersättigung. Damit stellen sich die Pflanzen einer besonderen Herausforderung. Hinsichtlich der ökologischen Bedingungen lassen sich Hochmoore relativ klar von allen anderen Moortypen abgrenzen. Du fragst Dich sicherlich, wie hier Pflanzen überleben und welche Pflanzen in einem Hochmoor wachsen. Die Pflanzen- und Tierwelt der Hochmoore ist einzigartig, vielfältig und stark gefährdet. Pflanzen, die unter diesen extremen Bedingungen in einem Hochmoor zurechtkommen, sind echte Spezialisten und Hungerkünstler. In der Pflanzenwelt werden für solche speziellen Standorte besondere Anpassungen und Strategien entwickelt. So wachsen und gedeihen Hochmoorspezialisten ausschließlich in Hochmooren und auch auf keinen anderen Moorböden. Wer sind also diese Spezialisten? Dazu gehören zum Beispiel fleischfressende Pflanzen. Viele Arten fangen Insekten, verdauen sie und können dadurch zusätzlichen Stickstoff und Mineralsalze aufnehmen. Dazu gehören der Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia) und die Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula). Der Sonnentau fängt über die rundlichen Blätter mit rötlichen Drüsen, welche eine klebrige Flüssigkeit absondern, kleine Insekten. Die Venusfliegenfalle fängt die Insekten durch große Klappfallen. In Hochmooren findet man neben den fleischfressenden Pflanzen auch Zwergsträucher. Überwiegend alle Vertreter der Familie Ericaceen (Heidekrautgewächse). Bekannteste Vertreterin ist die Besenheide (Calluna vulgaris), die durch die Lüneburger Heide bekannt geworden ist. Andere Vertreterinnen sind die Rosmarinheide (Andromeda polifolia), die Moosbeere (Vaccinium oxycoccos) und die Glockenheide (Erica tetralix). Durch die Symbiose mit Pilzen wird die Nährstoffaufnahme der Zwergsträucher verbessert. Dickfleischige Blätter mit einer dicken Epidermis sind Merkmale für die speziellen Herausforderungen. Die Zwergsträucher sind durch viele kleine Tricks optimal an die extremen Temperaturschwankungen angepasst. Außerdem bilden einige von ihnen einen Stockwerkbau in den Wurzeln aus, damit Sauerstoffmangel durch das ständig höher wachsende Torfmoos vorgebeugt werden kann. Wo wir schon beim Thema der Torfmoose sind, kann ich noch ein paar Sätze dazu sagen. Zu den Torfmoosen gehören unter anderem Wollgräser (Eriophorum), Seggen (Carex) und Rasenbinsen (Trichophorum). Je nach Moor und Bedingungen im Moor werden unterschiedliche Gesellschaften von Torfmoosen gebildet. Die Art, welche am häufigsten vorkommt, ist namensgebend für die Torfmoorgesellschaften. Im Hochmoor findet man besonders an den stärker dränierten Randhängen und den Kolkrändern auch Bäume. Dazu gehören die Moorbirke (Betula pubescens), Fichten (Picea) und Kiefer (Pinus). Sie sind Arten, die mit extremen Verhältnissen und nährstoffärmeren Standorten gut klarkommen. Meist findet man nur vereinzelt Gehölze mit niedrigerem Wuchs, der aus dem besonderen Standort resultiert. Innerhalb eines sich entwickelnden Hochmoores können sich nur wenige Organismengruppen entfalten. Im Moor gibt es weder Fische noch Schnecken, Muscheln oder Krebse. Nur Spezialisten, wie schon bei den Pflanzen erwähnt, können hier überleben. Es gibt einige Einzeller wie die Wurzelfüßer (Rhizopoden). Diese kleinen Tierchen sind beschalte Amöben (Testaceen) und können in einer hohen Individuendichte auftreten. Gut, wir können die Einzeller nicht sehen, also kommen wir zu Tieren, die wir auch ohne Mikroskop sehen können. Im Sommer können wir zahlreiche Libellen bewundern. Libellen lieben feuchte Standorte, weshalb man sie Hoch- und Niedermooren findet. Eine der wenigen Libellenarten, die nur im Hochmoorgewässern mit Torfmoos-Schwingrasen zu finden sind, ist die Hochmoor-Mosaikjungfer (Aeshna subarctica). Von Juli bis September ist die Hochmoor-Mosaikjungfer aktiv, man kann die Männchen an sonnigen Tagen auf Baumstämmen sich sonnen sehen. Neben den Libellen findet man auch Schmetterlinge im Moor. Einer der Schmetterlinge, die auf Moore angewiesen sind, ist der Hochmoor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris). Die Gewöhnliche Moosbeere ist die Futterpflanze für die Raupen des Falters. Später als Schmetterling ist die Glockenheide die wichtigste Nahrungsquelle. Es gibt ebenfalls auch einige Amphibien wie z.B. den Moorfrosch (Rana arvalis). Der Moorfrosch lebt und/oder laicht im Hochmoor. Neben dem Moorfrosch findet man die Mooreidechse (Lacerta vivipara) und die Kreuzotter (Vipera berus). Letztere wird auch als Moorotter bezeichnet. Neben den Amphibien und Reptilien findet man auch viele Vögel. Dazu gehören Krick- und Knäkente, das Birkhuhn, die Sumpfohreule, der Große Brachvogel, die Bruchwasserläufer, der Südliche Goldregenpfeifer und der Kranich, welche im offenen Bereich der Hochmoore leben. In den Randbereichen leben die Uferschnepfe, der Rotschenkel, die Feldlerche, das Braunkehlchen und etliche weitere Arten. Durch die Zerstörung der Moore sind viele dieser Arten drastisch zurückgegangen und damit vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden. Darauf werde ich später im Beitrag noch etwas genauer eingehen. Schauen wir uns jetzt die Zwischenmoore näher an. 

Zwischen- bzw. Übergangsmoor

Das Zwischen- bzw. Übergangsmoor ist kein dauerhafter Zustand. Das Zwischen- bzw. Übergangsmoor bezeichnet den Übergang von einem Niedermoor zu einem Hochmoor. Gekennzeichnet wird dieses Moor durch Kleinseggenriede und Binsenarten. Darüber hinaus findet man Mineralbodenwasserzeiger wie Fieberklee (Menyanthes trifoliata), das Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris) sowie das Schweinsohr (Calla palustris) und viele mehr. Torfmoose findet man in sauren Zwischenmooren. In nährstoffreichen Ausprägungen findet man eher Braunmoos vor. Saure, mäßig nährstoffreiche (mesotrophe) Moore werden aus saurem Mineralbodenwasser gespeist und besitzen dadurch eine bessere Stickstoffversorgung. Grundsätzlich sind sie den Armmooren näher. Man findet sie in den nährstoff- und kalkarmen Gebieten der Jungmoränenlandschaften besonders in Durchströmungs- und Kesselmooren, in Dünengebieten, außerdem in den Kristallinbereichen der Mittelgebirge, vor allem in Hangmooren. Auch hier ist es wieder ein Mix aus Hoch- und Niedermoor. Neben den sauren Zwischenmooren findet man noch subneutrale, mäßig nährstoffreiche und kalkfreie Moore. Die Vegetation setzt sich aus braunmoorreichen Kleinseegenrieden, in welchen teilweise noch Torfmoose wachsen, zusammen. Man findet diese Moore im östlichen Mitteleuropa, diese sind jedoch durch die allgemeine Nährstoffbelastung besonders gefährdet. Sie entstehen aus Verlandungsmooren, Hangmooren, Quellmooren und Kesselmooren, am häufigsten entstehen sie aber aus Durchströmungsmooren. Jetzt habe ich Dir so viele unterschiedliche Moorarten genannt, dass Du bestimmt nicht mehr so recht weißt, wo oben und unten ist. Im Nachfolgenden wollen wir uns mit den Niedermooren und den unterschiedlichen Ausprägungen beschäftigen. 

Niedermoore

Niederungsquellmoor (eigene Darstellung)

Niedermoore bilden sich in Senken, Flussniederungen, Mulden, an Hängen bei Quellaustritten oder durch Verlandungen von Seeflächen. Meist wachsen sie nur wenig in die Höhe. Die Moorfläche wird von mehr oder weniger nährstoffreichen Grund-, Quell- oder Sickerwasser durchsetzt (topogen). Die meisten noch wachsenden Niedermoore finden wir heute noch in Mitteleuropa. Durch die nährstoffreichen Bedingungen werden Niedermoore als Reichmoore bezeichnet. Die Bezeichnung resultiert aus der zeitweiligen Überstauung mit Fremdwasser und phasenweiser Austrocknung. Im Gegensatz zum Hochmoor hat das Niedermoor ein hohes Stickstoffangebot. Der pH-Wert liegt zwischen 3,2 und 7,5 und wird fast bedeutungslos. Niedermoore entwickeln sich bei geeigneten Bedingungen über Zwischenmoorstadien weiter zu Hochmooren. Die Vegetation ist im Vergleich zum Hochmoor artenreichen und besteht hauptsächlich aus Schilfgräsern, Binsen, Sauergräsern und Moosen. Die Vegetation zeichnet sich durch dichten und hohen Bewuchs aus. Außerdem unterscheidet sich die Gestalt des Moores von der Art und Weise wie es gespeist wird.

Hangquellmoor (eigene Darstellung)

Es gibt Quellmoore, Hangmoore, Versumpfungsmoore, Verlandungsmoore, Überflutungsmoore, Druchströmungsmoore und Kesselmoore. Wenn aus dem Untergrund Quellwasser austritt, entstehen Quellmoore. Für die Torfbildung muss der Boden permanent mit Wasser gesättigt sein. Dies geschieht nur, wenn die Quellausschüttung ergiebig, dauerhaft und gleichmäßig ist. Besondere Kennzeichnung von Quelltorfe sind, dass sie meist stark zersetzt sind. Dies geschieht nur durch den hohen Sauerstoffgehalt der Quellwässer und kleinflächiger Austrocknung. Außerdem sind sie oft schlammig, was aus den Auswaschungen der Grundwasserleitern (Sand, Ton, Schluff) resultiert. Bei Quellmooren unterscheidet man noch in Niederungsquellmoore, welche sich in Tälern bilden, und in Hangquellmoore, welche sich an flachen Unterhängen bilden. Je nach Zusammensetzung des Wassers und der Gesteine, ändert sich die Form des Moors. Bspw. bildet sich durch einen hohen Eisengehalt Eisenockerschlamm an den Kuppen. In Gebieten mit anstehendem Kalkstein oder abgelagertem Geschiebemergel bilden sich Kuppen aus fast reinem Kalk (Quelltuff oder Wiesenkalk). Die Kuppen können bis zu zehn Meter hoch und rund 200 Meter breit werden. Trotz allem erreichen die Quellmoore meist nur eine geringe Mächtigkeit. Quellmoore gehen in Richtung des Wasserabflusses oft in hydrologische Moortypen über wie zum Beispiel in das Durchströmungsmoor. Hangmoore hingegen entstehen an flachen Hängen mit stauendem Untergrund.

Hangmoor (eigene Darstellung)

Hierbei wird das Moor durch oberhalb liegende Bäche oder Rinnsale beständig durch Wasser auf der Oberfläche und in den oberen Bodenhorizonten permanent wassergesättigt. Da sich das Wasser vor dem Eindringen in den Torfköper aufstaut, wachsen Hangmoore am oberen Ende hangaufwärts. Die Torfkörper sind nicht sehr dick, oft weniger als einen Meter, da bei einem stärkeren Höhenwachstum die Hangneigung so stark wird, dass eine natürliche Entwässerung einsetzt. Versumpfungsmoore entstehen in flachen Senken bei einer periodischen Vernässung auf stark verdichteten oder tonigen Böden. Wenn der Grundwasserspiegel ansteigt, könnten Versumpfungsböden auch auf Sandböden entstehen. Primär bilden sich solche Moore in flachen Landschaften, zum Beispiel in Flussauen außerhalb der Überflutungsgebieten oder in Urstromtälern.

Versumpfungsmoor (eigene Darstellung)

Versumpfungsmoore sind meistens sehr großflächig und die Mächtigkeit der Torfe sind eher gering, nur selten sind sie mehr als einen Meter dick. In diesen Bereichen schwankt der Grundwasserstand und sorgt damit für eine natürliche Durchlüftung des Torfkörpers. Der Torf ist daher üblicherweise eher stark zersetzt und damit nährstoffreich. Verlandungsmoore hingegen entstehen, wenn Seen durch Verlandung und Zuwachsen von Stillgewässern, durch Ablagerungen von Mudden auf dem Gewässergrund und durch das Hineinwachsen von Ufervegetation in das Gewässer. Bei dieser Verlandung von Seen entstehen besondere Torfe (Sinktorfe), sie sinken allmählich auf den Gewässergrund ab. Wenn der komplette See verlandet ist, hört das Torfwachstum auf und der Torf wird durch Wasserstandschwankungen in der Regel oberflächlich stark zersetzt. In einem Verlandungsmoor findet man neben Torf häufig mächtige Muddenschichten. In Deutschland sind ca. 15 Prozent aller Moore Verlandungsmoore. Eine weitere Besonderheit ist, dass der Nährstoffgehalt sich an den verlandeten Seen orientiert und kann daher stark schwanken. Heute sind die Nährstoffschwankungen eher eutroph, also durch den Menschen gemacht.

Verlandungsmoor (eigene Darstellung)

Es gibt unterschiedliche Überflutungsmoore, die Küstenüberflutungsmoore (entlang von Meeresküsten) und die Auenüberflutungsmoore (entlang von Flüssen). Dieser Moortyp entsteht durch periodisch oder episodisch stark schwankende Wasserstände. Das bedeutet aber auch, dass bei einem niedrigen Wasserstand das Moor trockenfallen kann. Ein weiterer Faktor ist, dass die Landschaft, in der es entsteht, gering reliefiert ist. Das Überflutungsmoor ist großflächig, hat aber eine geringe Mächtigkeit des Torfkörpers. Die Verzahnung oder Wechsellagerung von Torf und mineralischen Materialien (Schluff oder Sand), welches mit der Überflutung ins Moor eingetragen wird, ist typisch für diesen Moortypus. Das Durchströmungsmoor beschreibt die Tatsache, dass der Torfkörper von einem Grundwasserstrom infiltriert wird. Wichtig ist, dass dieses Grundwasser im Moorkörper verbleibt und nicht als Quelle zutage tritt. Oft ist das Durchströmungsmoor ein nachgelagertes Moor. Es schließt sich zum Beispiel an ein Quellmoor an. So, das letzte Moor dieses ersten Teils ist das Kesselmoor.

Überflutungsmoor (eigene Darstellung)

Sie sind vorwiegend in Jungmoränenlandschaften oder in Vulkanlandschaften verbreitet und entstehen aus Geländehohlformen ohne natürlichen Abfluss. Diese Voraussetzungen findet man in Senken oder in Toteislöchern (Söllen), in der Mitte liegt zuweilen noch ein Restsee. Kesselmoore sind kleinflächig (meist unter einem Hektar) und haben eine große Torfmächtigkeit ohne einen natürlichen Zu- und Abfluss.

Wie der Mensch die Moore genutzt hat und wie der Rückgang der Moore in Deutschland Zustande gekommen ist, werde ich dir in der nächsten Woche erzählen.

Der Zauber der Landschaft

Der Zauber der Landschaft

In meinem heutigen Beitrag wird es um das Thema Landschaft gehen. Die Grundlage unseres Lebens und des Lebens aller Tiere und Pflanzen ist die Landschaft. Du siehst also, der Begriff Landschaft ist schon sehr weit gefasst. Wollen wir uns dem gesamten Thema kurz von der sachlichen Seite aus nähern. Definiert wird der Landschaftsbegriff wie folgt: Landschaft beschreibt ein Gebiet, dass sich durch naturwissenschaftlich ermessbare Merkmale von einem anderen Gebiet abgrenzt. Ich muss jedoch gestehen, dass es keine einheitliche Definition vom Landschaftsbegriff gibt. So beschreibt der philosophisch-kulturwissenschaftliche Landschaftsbegriff die Landschaft als kulturell geprägte, subjektive Wahrnehmung einer Gegend als ästhetische Ganzheit. In der Landschaftsökologie, mit der wir uns heute ein bisschen näher beschäftigen wollen, wird der Begriff Naturraum dem Landschaftsbegriff vorgezogen. Ich möchte Euch heute einen kleinen Einblick in die deutschen naturräumlichen Einheiten geben und wie sie sich entwickelt haben. Wie wird die Gliederung der Naturräume vorgenommen? Welche Kriterien stehen hinter dieser Einordnung? 

Naturräumliche Großregionen Deutschlands (Eigene Darstellung)

In erster Linie werden geomorphologische, geologische, hydrologische, biogeographische und bodenkundliche Kriterien berücksichtigt. Keine Rolle spielen dabei politische Grenzen. Die Landschaftsräume beziehen stärker die Nutzung der Regionen durch den Menschen mit ein und entsprechen deutlich anderen Grenzen. Wollen wir uns nun einmal die grobe Einteilung von Norden nach Süden ansehen. 

Im Norden finden wir die Naturräume der Nord- und Ostsee, daran schließt südlich das Norddeutsche Tiefland an, in der Mitte von Deutschland liegt der Naturraum der Mittelgebirge und das Südwestdeutsche (Schicht-) Stufenland. Ganz im Süden von Deutschland liegen die Naturräume des Alpenvorlands und der Alpen. 

Nord- und Ostsee

Großregion Nord- und Ostsee (eigene Darstellung)

Die Nord- und Ostsee haben ihr ganz eigenes Ökosystem. Man könnte nun denken, es ist doch nur ein Meer, soviel kann dort nicht passieren. Doch dieser jemand irrt sich. Unterteilt wird die Nord- und Ostsee noch in zwei kleinräumigere Naturräume. Die Nordsee unterscheidet sich in die Deutsche Bucht und die Doggerbank. Die Ostsee unterteilt sich in die westliche und die östliche Ostsee. Mehr zum Meer wird es in einem weiteren Beitrag geben. 

Norddeutsches Tiefland 

Das Norddeutsche Tiefland erstreckt sich von den Küsten der Nord- und Ostsee bis hin zu den Mittelgebirgen in der Mitte von Deutschland. Im Westen erstreckt sich das niedersächsische Bergland mit dem Teutoburger Wald, dem Wiehen- und Wesergebirge diese grenzen die, noch zum Tiefland gehörende, Westfälische Bucht teilweise ab. Im Süden wirken der Sauerländische Norden zusammen mit der Eifel im Westen abgrenzend. Zum Norddeutschen Tiefland gehören auch die Landstriche der Kölner Bucht und der Niederrhein. Im Nordosten liegt die norddeutsche Seenplatte und im Südosten findet man die sächsischen Lößgefilde, welche durch das Erzgebirge begrenzt werden. 

Betrachten wir das Norddeutsche Tiefland einmal aus der Sicht der Geologie, der Landschaft, der Böden und der Entstehung. Geologisch gesehen gehört das Norddeutsche Tiefland zum Norddeutschen Becken. Geprägt wird dieser Bereich durch die oberen, unverfestigten Sedimente, diese wurden abgelagert und geformt durch die wiederholte Abfolge von Kalt- und Warmzeiten. Im Norddeutschen Tiefland kann man Bodenschätze wie Salz, Erdgas und Erdöl finden. 

Großregion Norddeutsches Tiefland (eigene Darstellung)

Das Norddeutsche Tiefland ist eine reliefarme Landschaft, welche sich von Westen bis hin zum Osten erstreckt. Die Landschaft entstand während der letzten Eiszeit. Die Eismassen erstreckten sich vom Norden bis hin zur Mitte von Deutschland. Die glaziale Serie besteht aus Grundmoräne, Endmoräne, Sander und Urstromtal. Vielleicht erinnerst Du dich an die Begriffe aus dem Erdkundeunterricht, wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm. Es folgt eine kleine Auffrischung: Die Grundmoräne entsteht durch das Überfahren eines Gletschers über die ursprüngliche Landschaft. Ein Gletscher transportiert dabei üblicherweise viel Geröll und Schutt, in diesem speziellen Fall, waren es Granite aus Skandinavien, welche sich im Bereich der Grundmoräne ablagerten. An der Stirn des Gletschers schiebt sich die Endmoräne auf. Sie zeigt sich heute noch in Erhebungen in der eher flachen Landschaft.  Durch das Abschmelzen des Gletschers, bildeten sich vor der Endmoräne Abflussrinnen. Diese Abflussrinnen münden in das Aller-Urstromtal. Die Aller mündet in der Nordsee. Beim Abschmelzen des Gletschers entstehen durch abgelagerte Sande, Kiese und Gerölle sogenannte Sander, welche vor der Endmoräne liegen. Die Lüneburger Heide entsteht auf einer solchen Sanderfläche. Über die Zeit wird aus der Moränenlandschaft Lössstaub ausgeblasen, welcher sich im Vorland der Mittelgebirge ablagern. Hier liegen stellenweise meterdicke Lössböden. Lössböden sind äußerst fruchtbare Böden und erkennt man heute teilweise schon am Namen, z.B. Magdeburger Börde. Börde ist immer ein Hinweis auf fruchtbare Böden. 

Direkt hinter der Nordsee dehnen sich weite Marsch- und Geestgebiete aus. Die Marsch besteht aus Feinsand und Schlick. Das Material wird von Küstenabschnitten abgeschwemmt und durch die Gezeitenströme wieder an die Küste gespült. Die tiefsten Punkte im Norddeutschen Tiefland findet man in den Niedermooren und im Marschland. Die Geestlandschaften liegen etwas höher und schließen sich als flachwelliges Altmoränenland unmittelbar hinter der Marsch an. Hinter der Ostseeküste erstreckt sich eine hügelige Jungmoränenlandschaft. Der nördliche Landrücken und das nordöstlich liegende Hügelland entstanden während der Weichseleiszeit. Die nördlichen und südlichen Landrücken werden durch Urstromtäler voneinander getrennt und von Nord nach Süd verlaufenden Flüssen durchkreuzt. Vor den Urstromtälern liegen breite Sanderflächen, außerdem die Mecklenburgische Seenplatte. Im Süden findet man mehrere Buchten, die weit in die Mittelgebirgsregion hineinragen. Die wichtigsten Flüsse im Norddeutschen Tiefland sind der Rhein, die Ems, die Weser, die Elbe und die Havel, alle münden in der Nordsee. Besonders sind die Au- und Bruchwälder, welche in den Niederungen von Flüssen entstehen, z.B. der Spreewald. Das Einzugsgebiet der Oder und der Neiße gehören zu dem kleinen Flächenanteil, welcher in die Ostsee mündet. 

Mittel-Gebirgs-Schwelle

Großregion der Mittel-Gebirgs-Schwelle (eigene Darstellung)

Die Mittel-Gebirgs-Schwelle ist gezeichnet von Mittelgebirgen, Hügelländern mit dazwischen liegenden Talsenken. Die Mittel-Gebirgs-Schwelle schließt sich südlich an die Norddeutsche Tiefebene an. Die Trennlinie verläuft vergleichsweise scharf. Die höchste Erhebung, welche wir in der Mittel-Gebirgs-Schwelle finden sind der 1493 Meter hohe Feldberg im Schwarzwald und der 1456 Meter hohe Große Arber im Bayrischen Wald. Die tiefsten Punkte in dieser Region finden sich im Thüringer Becken, welches zwischen Harz und Thüringer Wald liegt. Die wichtigsten Gebirge sind im Westen das Rheinische Schiefergebirge, welches aus der Eifel, dem Hunsrück, dem Taunus, dem Westerwald, dem Bergischen Land und dem Sauerland auf. Im Süden wird die Region durch die Schwäbische Alb, Fränkische Alb und dem Bayerischen Wald begrenzt. Weitere Gebirgszüge sind der Harz, die Rhön, der Thüringer Wald und das Erzgebirge. 

Was viele nicht wissen ist, dass wir in Deutschland ebenfalls Vulkane haben. Besonders in der Eifel findet man noch Spuren des Vulkanismus. Durch vulkanische Explosionen entstanden die bekannten Maare. Maare entstehen durch eine Wasserdampf-Eruption. Dabei trifft das aufsteigende Magma auf wasserführende Gesteinsschichten, wodurch es zu einer gewaltigen Explosion kommt. Das umgebende Gestein wird zusammen mit dem Magma in kleinste Bestandteile zerfetzt und aus dem Explosionstrichter geschleudert. Es entsteht ein Hohlraum, der zusammenbricht und wodurch ein Einsturz- oder Maartrichter entsteht. Nach dem Abklingen der vulkanischen Tätigkeiten füllen sich die Trichter anschließend mit Wasser. In der Eifel gibt es ca. 70 Maarvulkane. Davon sind heute nur noch zwölf Maare noch mit Wasser gefüllt, die restlichen sind bereits verlandet. Viele der großen Flüsse in Deutschland entspringen in der Mittel-Gebirgs-Schwelle. 

Südwestdeutsches (Schicht-) Stufenland 

Großregion Südwestdeutsches (Schicht-) Stufenland (eigene Darstellung)

Das Südwestdeutsche (Schicht-) und Stufenland liegt im Südwesten von Deutschland an der Grenze zu Frankreich. Die Landschaft wird von unterschiedlichen Gebirgen geprägt. Die Schwäbische Alb und die Fränkische Alb bilden eine Schichtstufenlandschaft mit markanten Schichtstufenkanten. Die beiden Schichtgebirge sind namensgebend für den gesamten Naturraum. Die Geomorphologie bzw. die Reliefform im Schichtstufenlandschaft zeigt sich aus leicht geneigten, fast parallel übereinander liegenden Gesteinsschichte. Die Ausprägung und Steilheit hängt im Wesentlichen von der Verwitterungsbeständigkeit und Lage der aufgebauten Gesteinsschichten ab. Gesteine verwittern unterschiedlich schnell und stark und prägen das gesamte Landschaftsbild. Eine Besonderheit in diesem Naturraum ist das langgestreckte Oberrheinische Tiefland im Südwesten. Das Oberrheinische Tiefland ist ein Becken, das während der Aufwölbung der Vogesen und des Schwarzwaldes entstanden sind. Begrenzt wird es im Westen vom Pfälzer Wald und den Vogesen, im Osten vom Odenwald und dem Schwarzwald. Das Oberrheinische Tiefland wird von mächtigen jungen Sedimenten, insbesondere Rheinschotter, bedeckt. Eine weitere Besonderheit ist der Oberrheingraben, dessen Untergrund durch zahlreiche Verwerfungen zerbrochen ist und dem vulkanischen Material die Möglichkeit gibt, entlang der Verwerfungen nach oben zu gelangen. Durch solche Vorgänge wurde der Kaiserstuhl geformt. Eine weitere Besonderheit ist das Nördlinger Ries. Vor rund 15 Millionen Jahren entstand das nahezu kreisrunde Nördlinger Ries. Die ca. 25 Kilometer große Vertiefung entstand durch einen Einschlag eines Meteoriten und ist heute noch in der Landschaft zu erkennen. 

Alpenvorland

Großregion Alpenvorland (eigene Darstellung)

Als Alpenvorland wird das nördlich der Alpen gelegene Hochland. Die Alpen haben mehrere unterschiedliche Vorländer. Südlich der Alpen liegt das südliche Alpenvorland in Italien, östlich finden wir das Alpenvorland in Österreich und auch in Frankreich gibt es ein Alpenvorland. Schauen wir uns erst einmal das nördliche Alpenvorland, welches in Deutschland liegt, genauer an. Das nördliche Alpenvorland beschreibt einen Bogen und wird zum Osten hin schmaler und zieht sich vom Schwarzwald über Württemberg und Bayern bis hin nach Österreich. Das Alpenvorland ist eine Endmoränenlandschaft, die ich in der Beschreibung zum Norddeutschen Tiefland schon näher erklärt habe. Hier gibt es viele Seen, die teilweise ins Gebirge hineinragen. Die Seen entstanden im Zuge der Riß- und Würmkaltzeit, die Eismassen breiten sich Richtung Norden aus und ebneten das Land vor den Alpen ein. Durch Ausschürfungen der Eiszungen – auch Zungenbecken genannt – sind sie heute noch mit Wasser gefüllt. Viele der bekannten Seen gehören dazu, wie z.B. der Bodensee, der Tegernsee, der Starnberger See, der Chiemsee, der Attersee, der Mondsee und der Traunsee etc. Einige Seen sind mit der Zeit verlandet oder vermoort. Zu den Seenlandschaften gehört ebenfalls das Moränenland, welches sich durch kuppige Grundmoränen mit Becken auszeichnen und werden durch Randmoränen und bewaldete Endmoränen getrennt. Eine weitere Besonderheit der Landschaft sind die Drumlinschwärme (kleine Hügel). Im Nordwesten wird die Landschaft durch die Schwäbische Alb und im weiteren Verlauf durch die Donau begrenzt. Früher war das Alpenvorland eine Mulde, die sich im Laufe der Jahrhunderte mit Ablagerungen füllte. Entlang der Flüsse entstand in den Zwischeneiszeiten durch das Abschmelzen der Eismassen eine Schotterebene. Geschiebe wie Steine, Schotter und anderes mitgeführtes Material lagerte sich durch die geringen Transportkräfte der Flüsse ab. Die gesamte Landschaft ist geprägt durch ebene Flächen mit Schotterterrassen entlang der Flüsse. Im Tertiär gab es keine Vereisung, angewehtes feines Gesteinsmaterial aus den Schotterebenen formten die Landschaft in ein flachwelliges und hügeliges Land. Mit der Zeit entstanden Anhebungen aus groben und feinen Sedimenten und werden Tertiärhügelland genannt. 

Alpen

Die Alpen sind nicht nur in Deutschland das größte Gebirge, sondern in ganz Europa. Der höchste Gipfel ist der Montblanc, in Deutschland hingegen ist die Zugspitze der höchste Berg. Die Alpen sind ein junges Faltengebirge und dies gliedert sich in die nördlichen Kalkalpen, die Zentralalpen und die stark verkarsten südlichen Kalkalpen. Relikte der Eiszeiten findet man in Gletschern im Gebirge. Die Gletscher haben seit jeher die Gestalt der Alpen geprägt. 

Großregion Alpen (eigene Darstellung)

Wie sind die Alpen entstanden? Im Vergleich zur gesamten Erdgeschichte ist es ein junges System. Es handelt sich dabei um ein Faltengebirge. Vor 175 Millionen Jahren befand sich an der Stelle der heutigen Alpen und des Mittelmeeres ein einziger großer Ozean. Der Grund des Ozeans bestand aus Granit, Gneis und Schiefer. Auf diesen Gesteinen lagerten sich Kalk- und Tonschichten ab. Über Millionen von Jahren entstanden durch diese Ablagerungen mehrere tausend Meter mächtige Gesteinspakete. Während der Kreidezeit vor rund 100 Millionen Jahren und im anschließenden Tertiär erhielten die Alpen die typischen Faltenstruktur. Durch besonders starke tektonische Vorgänge im Erduntergrund mit vulkanischen Aktivitäten, veränderte sich die Gestalt der Alpen. Die Alpen liegen im Bereich der Kollisionszone zwischen den Afrikanischen und Europäischen Platten. Durch das Arbeiten der Platten, entstanden die Alpen durch Faltungen und Deckenüberschiebungen. Durch die Heraushebung der Alpen, setzte gleichzeitig die Abtragung der Gesteinspakte durch die Witterung ein. Sprich, die Alpen schrumpfen irgendwann. In den Zentralalpen, sind die Hebungen und Abtragungen am stärksten. Die überlagerten Kalk- und Tonschichten sind komplett abgetragen und dadurch liegt hier das Grundgebirge frei. Die nördlichen und südlichen Alpen sind nicht ganz so hoch und sind noch aus Kalkgestein aufgebaut. Hierbei ist eine stärkere Verkarstung eingetreten. Verkarstung meint im geomorphologischen Sinne die Korrosionsprozesse. Diese Prozesse führen zum Landschaftstyp Karst mit den charakteristischen Karstformen. Ein wesentliches Merkmal der Verkarstung ist ein deutlicher Anteil unterirdischer Entwässerung an der Gesamtentwässerung. In der verallgemeinerten Form wird das Freilegen des Gesteins durch die Vegetationsentfernung und Bodenerosion. Dies finden wir besonders in mediterranen Karstgebieten. 

Die Alpen sind aber weitestgehend das Ergebnis des Eiszeitalters. Darüber hinaus zeichnen sich die Alpen durch ihren Formenreichtum aus. Die Eiszeiten weiteten Täler und Pässe durch die mächtigen Gletscherströme auf. Charakteristisch ist der Stufenbau der Hochtäler mit dem Wechsel von engen Klammen und breiten Becken, sowie den Wasserfällen an der Einmündung von Nebentälern ins Haupttal. Steilwandige Hangnischen, die Kare, treffen auf kleine Seen im Gipfelbezirk. Die Vegetation in den Alpen ist ebenfalls sehr abwechslungsreich. Es gibt eine natürliche Laubwaldstufe zwischen 800 und 1000 Metern Höhe. Danach folgt die Nadelwaldstufe. Oberhalb der Waldgrenze schließt sich die Zone des Krummholzes und der Almen an. Auch heute findet man in den Alpen noch Gletscher, die sich bis in die besiedelten Gebiete herabragen. Die Gletscher gehen jedoch immer weiter zurück. Die Auswirkungen des Klimawandels sind in den Alpen auch heute schon spürbar. 

Wie die einzelnen Landschaften sich gebildet haben, wie der Mensch auf sie gewirkt hat oder noch wirkt und wie sie zur Milderung des Klimawandels beitragen können, erzähle ich Euch in weiteren Beiträgen.