In meinem letzten Beitrag zum Moor habe ich euch die Geschichte des Moores ein bisschen nähergebracht, außerdem wie die Nutzung des Moores entstanden ist. Du fragst dich, weswegen wir Moore trockengelegt oder abgebrannt haben? Dann schau doch noch einmal in den letzten Beitrag. Heute möchte ich dir erzählen, warum es sich lohnt Moore wieder zu vernässen und zu renaturieren. Was bedeutet Renaturierung überhaupt? Renaturierung ist ein geläufiger Begriff im Naturschutz und in der Landschaftsökologie. Die Renaturierung bezeichnet die Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen aus kultivierten, genutzten Bodenoberflächen. Ziel ist es, ein Ökosystem zu erstellen, welches sich auf lange Sicht weitestgehend ohne menschliche Hilfe regeneriert und selbst erhält. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Wiederherstellung eines Zustandes, der dem Ausgangszustand nahekommt. Vor allem im Bereich von Flüssen und Mooren wird renaturiert. Und Schwupps, da sind wir schon mitten im Thema. Nur bei einigen gestörten Moorökosystemen ist eine Renaturierung möglich. Besonders in stark gestörten Moorökosystemen ist aufgrund des Torfverlustes, der vollkommen veränderten Torfbeschaffenheit und der Hydrologie der Ursprungszustand nicht mehr wiederherstellbar. In solchen Bereichen kann nur dann von Renaturierung gesprochen werden, wenn etwa die Wiederherstellung des Torfwachstums, torfbildender Biotoptypen oder eines hydrologischen Torfbildungsprinzip gemeint ist und nicht das ursprüngliche Ökosystem.

Zustand der Moorflächen in Deutschland
Deutschland hatte zu Beginn des 18. Jahrhunderts etwa 1,67 Millionen Hektar intakte Moorflächen zu bieten. Heute sind nur noch etwa 1,41 Millionen Hektar übrig und diese sind in einem stark degradierten Zustand. Trotzdem bedecken sie knapp 4 Prozent der deutschen Landfläche. Die Flächengrößen und -verluste werden jedoch nur geschätzt, da es keine einheitliche und verlässliche Bilanzierung der Moorflächen gibt. Woher die Torfverluste im 20. Jahrhundert kommen, habe ich in einem früheren Beitrag beschrieben. Auf die letzten 250 Jahren nur bei den Moorbodenflächen gerechnet beträgt der Flächenverlust mindestens 19 Prozent. Wahrscheinlich liegt die Dunkelziffer deutlich höher. Die meisten Flächen haben wir während der umfangreichen Entwässerung zur Intensivierung der Landwirtschaft ab den Jahr 1950 verzeichnen können. Vor allem flachgründige Moore, wie zum Beispiel Versumpfungsmoore, haben darunter gelitten. Ein kleiner Teil der verbliebenen Moorflächen sind intakt geblieben. Wir haben in Deutschland etwa 360.000 Hektar Regenmoorgebiete, diese zeigen auf ca. 69.000 Hektar naturnahe oder in Renaturierung befindliche Regenmoorbiotope. Weniger als drei Prozent der Regenmoore werden bei der Biotoptypenkartierung als mehr oder weniger intakter Biotoptyp Hochmoor ausgewiesen. Die minimal verbliebenen Restbestände der Regenmoore sind aber auch heute noch akut von Entwässerung und zunehmender Schadstoffeintragung bedroht. Es bedarf immer mehr Anstrengungen, um diese Rückzugsorte zu erhalten. So ist es kein Garant mehr, Moorflächen unter Schutz zustellen. Niedersachsen verliert trotz umfangreichen Bemühungen und trotz der Unterschutzstellung durch das Moorschutzprogramm seit den 80er Jahren immer noch intakte Regenmoorflächen. Neben der Bilanz der Regenmoore sieht die Bilanz der Grundwassermoore nicht besser aus. Die verbleibenden eutrophen Röhrichte, Seggenriede oder Bruchgehölze sind kein adäquater Ersatz für die an diesen Standorten ursprünglichen, oligo- bis mesotrophen Moore.
Wie kann ein Moor renaturiert werden?
Grundsätzlich bedarf es keiner großen Maßnahmen Moore zu renaturieren. Im Normalfall überlässt man die Lebensräume, sich selbst.
Regeneration von Niedermooren
Die Regeneration von einem Niedermoor ist nicht so aufwändig wie die eines Hochmoores. Niedermoore werden durch Grundwasser versorgt, wie wir im ersten Beitrag gelesen haben. Hierbei werden die angelegten Entwässerungsgräben wieder verschlossen. Danach kann sich ein Niedermoor erholen.
Anders sieht das bei Niedermooren aus, die jahrelang landwirtschaftlich genutzt wurden. Aufgrund der Düngung und extremen Bodenbearbeitungen sind sie nicht mehr für die Renaturierung geeignet. Sie können jedoch als Pufferzone gegenüber der landwirtschaftlichen Nutzung oder als Feuchtwiese genutzt werden. Dies bietet ebenfalls Vorteile für die Tierwelt.

Regeneration von Hochmooren
Der wichtigste Schritt bei der Renaturierung von Hochmooren ist die Wiedervernässung. Hierbei wird mit mineralsalzarmem Wasser, in den meisten Fällen ist es Regenwasser, das Hochmoor wiedervernässt. Zunächst werden die Entwässerungsgräben mit Hilfe von Dämmen wieder verschlossen. Weiterhin müssen einige Gehölze auf der Fläche beseitigt werden, da sie Moore verschatten, zur Verdunstung und damit zum Verlust großer Mengen an Wasser beitragen. Die Wiedervernässung geht jedoch nicht von heute auf morgen, sondern dauert in der Regel einige Jahre. Die unerwünschte Vegetation stirbt durch den steigenden Wasserspielgel ab. Das mittelfristige Ziel ist die Wiederherstellung naturnaher Bedingungen. Hochmoorpflanzen sollen sich weiter ausbreiten. Ein langfristiges Ziel ist die vollständige Regeneration. Naturschutz ist jedoch kein Sprint, sondern ein Marathon. Wenn wir von einem langfristigen Ziel sprechen, sprechen wir von Jahrhunderten. Die vollständige Hochmoor-Regeneration ist erreicht, wenn die vernässte Moorfläche wieder zu einem lebenden und torfbildenden, also wachsenden Hochmoor geworden ist.
Bei teilabgetorften Mooren kann immer noch eingegriffen und es so hergerichtet werden, dass eine erneute Hochmoorentwicklung bzw. -bildung möglich ist. Hierfür muss zunächst die Torfabbaufläche, bei denen eine Resttorfmächtigkeit von mindestens 50 Zentimetern erhalten ist, planiert werden. Es werden sogenannte Polder errichtet, das sind Regenrückhaltebecken aus Torf. Auch hier wird auf der entwässerten Restmoorfläche eine Wiedervernässung veranlasst, damit eine Regeneration und möglicherweise auch eine Renaturierung eintritt.
Die Phasen der Renaturierung eines Hochmoores habe ich noch einmal in einer Tabelle zusammengefasst. So hast du alle Phasen noch einmal auf einem Blick.
Phase1 | Wiedervernässung einige Jahre – kurzfristig | Die abgetorfte Fläche wird in dieser Phase wiederhergerichtet und planiert. Auf diesen Frästorfflächen werden zur Niederschlagsrückhaltung große Becken, die Polder, angelegt. Bei einem ausreichend hohen Wasserstand bilden sich die ersten Torfmoose und andere Pflanzen siedeln sich an. Bei degenerierten Hochmoor-Resten genügt die Schließung der Entwässerungsgräben, um die weitere Austrocknung des Moorkörpers zu stoppen. Danach kann Regenwasser wieder gespeichert werden. Der steigende Wasserspiegel führt jedoch dazu, dass die unerwünschte Folgevegetation abstirbt. |
Phase2 | Renaturierung einige Jahrzehnte – mittelfristig | Eine Renaturierung beinhaltet die Wiederherstellung naturnaher Bedingungen. Renaturierungsprozesse dauern einige Jahre, danach hat sich der Moorkörper mit Niederschlagswasser vollgesogen. Erst dann können sich Hochmoorflächen wieder ausbreiten. |
Phase3 | Regeneration einige Jahrhunderte – langfristig | Eine Hochmoorregeneration ist erreicht, wenn die wiedervernässte Moorfläche zu einem lebenden und torfbildenden Hochmoor wird. Dies kann mehrere Jahrhunderte dauern. |
Machbarkeit der Renaturierung von verschiedenen Moorentypen

Fangen wir mit den einfacher zu renaturierenden Mooren an. Einfacher wiederherstellbar sind Verlandungsregime oder Versumpfungsregime durch einen Einstau oder Überstau der Gebiete, wenn eine dauernde Wassersättigung gewährleistet werden kann. Damit könnte eine Renaturierung gelingen. Auch bei Hangmooren oder Quellmooren ist die Wiederherstellung möglich. Ich habe dir einmal eine kleine Übersicht als Tabelle eingefügt. Hier kannst du ablesen, welche Moortypen einfacher und welche schwieriger zu renaturieren sind. Ein Punkt steht für „Es ist möglich“, zwei Punkte stehen für „schwer möglich“ und drei Punkte „langfristig eventuell möglich“. Die Fragezeichen stehen für die Faktoren, die schwer einzuschätzen sind, da sie eine Entwicklung unklar machen – wie die Klimaveränderungen und der Nährstoffeintrag. Dunkelgrün sind die ökologischen Moortypen hinterlegt und die hellgrünen sind die beigeordneten ökologischen Moortypen. Probleme bei der Renaturierung von Mooren sind die ursprünglichen hydrologischen Bedingungen der Moorentstehung. Diese lassen sich oft nicht oder nur schwer wiederherstellen. Für großflächig abgetorfte Regenmoore oder vernutzte Grundwassermoore müssen beispielweise je nach Ausgangslage neue Entwicklungsziele für die Renaturierung formuliert werden. Das schwierigste ist die Wiederherstellung des Torfwachstums bei Mooren, die als „selbstregulierende“ Ökosysteme ihren eigenen Moorwasserstand aufbauen können und ein autonomes Torfwachstum aufweisen. Dazu gehören Regenmoore (Hochmoore), Durchströmungsmoore oder Kesselmoore. Bei einer geringen Schädigung lässt sich das zugrunde liegende hydrologische Prinzip wiederherstellen. Bei einer starken Schädigung aber eher nicht. Kesselmoore lassen sich auf absehbare Zeit nur zu Verlandungs- oder Versumpfungsregime renaturieren. Intensiv genutzte Durchströmungsmoore können in vorflutnahen Bereichen je nach Grundwasserständen zu einem Überflutungs- oder Verlandungsregime initiiert werden. In Hanglagen würden sich Überrieselungsregime bilden. Ob sich aus letzterem wieder ein Durchströmungsregime entwickeln könnte und wann, ist nicht absehbar. Darüber hinaus ist bei Regenmooren (Hochmooren) eine ähnliche Entwicklung zu sehen, sodass in Handtorfstichen nur Zwischenmoorstadien durch eine Renaturierung möglich sein werden. Innerhalb des degradierten Regenmoorkomplexes ist aber eher nur ein Verlandungs- oder Versumpfungscharakter erreichbar.
Ein weiterer, nicht kalkulierbarer Faktor ist die Eutrophie. Ich hatte euch erzählt, dass Moore eher nährstoffarm sind. Heute sind die Böden, Grund- und Oberflächenwasser eher nährstoffreich, was durch die Landwirtschaft kommt. Darüber hinaus haben wir Nährstoffeinträge über die Luft. So ist bei Mooren auf absehbare Zeit meist nur ein eutrophes Wachstum zu erreichen. In Deutschland ist die Chance, oligo- bis mesotrophe Moorwachstumsbedingungen wiederherzustellen, nur bei schwach geschädigten Mooren möglich. Ein weiteres Problem ist hierbei, dass in oligo- bis mesotrophen Mooren das autarke Torfwachstum und die Torfbildungsrate am höchsten sind. Daher muss die Wiederherstellung dieser Moore vorrangig betrieben werden. Der Schadstoffeintrag über die Luft führt zur Veränderung des Stickstoff- und Kohlenstoffmetabolismus torfbildender Arten, damit ebenfalls zu cmt: Hier fehlt etwas, oder?
Veränderungen der Stoffumsätze und zu schleichenden Veränderungen der Artenausstattung. Wie du siehst, ist der Prozess, ein Moor zu renaturieren, nicht gerade einfach. Man braucht neben der Maßnahmen zur Renaturierung auch weitgreifende Maßnahmen der Politik zur Luftreinhaltung.
Warum Moore schützen, wie weit ist die Renaturierung vorangeschritten, was tut der Naturschutz?
Bis heute kann noch nicht eindeutig gesagt werden, ob ein erneutes Moorwachstum bei Hochmooren möglich ist bzw. sein wird. Bisher gibt es kein Renaturierungsprojekt, welches bis zu einer Regeneration herangereift ist. Jetzt könntest du denken, wozu das Ganze, wenn es nichts bringt. Aber es hat sich gezeigt, dass die etlichen Renaturierungsmaßnahmen durchaus moorartige Bedingungen erreichen. Die positive Moorentwicklung kann aber durch die steigenden Umweltbelastungen und die Mineralsalzanreicherungen des Regenwassers zu einem deutlichen Gegenspieler werden – genauso wie ein sich veränderndes Klima.
Dabei sind die Renaturierung und der Erhalt der Moorflächen so wichtig. Sie speichern riesige Mengen Kohlenstoff und wirken sich im Landschaftswasserhaushalt positiv aus, da sie als Filter und Rückhaltefläche fungieren. Um eine Einschätzung zu bekommen, wie viel Kohlenstoff Moore speichern, hier ein kleiner Exkurs: unsere Moore bedecken ca. drei Prozent der Landfläche der gesamten Erde. In diesen Mooren ist jedoch doppelt so viel Kohlenstoff gebunden wie in allen Wäldern weltweit. Ein Drittel der terrestrischen Kohlenstoffvorräte lagert in Mooren. Auf Deutschland bezogen enthält eine 15 Zentimeter dicke Torfschicht etwa so viel Kohlenstoff wie ein 100-jähriger Wald auf gleicher Fläche. Geht also eine ein Meter dicke Torfschicht verloren, muss zum Ausgleich mehr als das Sechsfache an Fläche aufgeforstet werden und 100 Jahre ungestört wachsen. Du siehst also, Moore sind unverzichtbar für uns. Dabei wurde erst in den letzten Jahrzehnten die Bedeutung der Hochmoore erkannt. Man hat beschlossen, die noch vorhandenen Hochmoore zu schonen und soweit wie möglich zu regenerieren. Für die verbleibenden, naturnahen Hochmoorreste ist der Schutz umso dringlicher, da sie aufgrund ihrer jahrtausendlangen Entwicklungszeit unersetzbar sind und nicht in absehbaren Zeiträumen in wiederherstellbare Lebensräume zu verwandeln sind. Heute sind Moore im weiteren Sinne auf nationaler und internationaler Ebene gegen Eingriffe und Beeinträchtigungen geschützt. Dennoch sollte ich dir nicht verschweigen, dass weiterhin die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stehen und dass die letzten Regenmoore weiterhin akut von der völligen Zerstörung bedroht sind.

(Moorflächen >1.000 km2)
Was bzw. wer schützt also unsere Moore? Auf internationaler Ebene schützt die Ramsar-Konvention auch Regenmoore. 1976 trat Deutschland der Ramsar-Konvention bei. Die Ramsar-Konvention ist ein internationaler völkerrechtlicher Vertrag zum Erhalt und Schutz der Feuchtgebiete. In Deutschland sind 32 Gebiete mit einer Gesamtfläche von 839.327 Hektar ausgewiesene Feuchtgebiete. Dazu gehören unter anderem das Wollmatinger Ried, die Diepholzer Moorniederung und das Elbe-Weser-Dreieck. Dennoch haben nicht alle Länder die Konvention unterzeichnet, bzw. die entsprechenden Schutzmaßnahmen und Ausweisung geeigneter Gebiete ergriffen. Die Ramsar-Konvention und deren Umsetzung wird mit einigen europäischen Richtlinien bestritten. In Deutschland finden wir diese im Bundesnaturschutzgesetz und in den Naturschutzgesetzen der Länder. Niedersachsen ist das hochmoorreichste Bundesland, jedenfalls war es das mal. Heute stehen rund 32.000 Hektar Regenmoorflächen unter Naturschutz. Das klingt erst einmal gut, jedoch sind davon nur 3.600 Hektar in einem natürlichen Zustand. 6.000 Hektar wurden bisher wiedervernässt. Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 noch insgesamt 20.000 Hektar zu renaturieren. Spannend ist auch, dass es derzeit Bestrebungen gibt, das Wassjuganmoor in Westsibirien als UNESCO-Weltnaturerbegebiet auszuweisen. Das Wassjuganmoor ist mit über 5 Millionen Hektar das größte Moor der Erde und es zeichnet sich durch seine weltweit einmaligen Makrostrukturen aus. Diese können sich nur auf Flächen mit derart großen Mooren entwickeln. Für den Weltweiten Schutz von Mooren ist das der richtige Weg. Damit endet meine kleine Wochenserie über das Thema Moor. Das nächste Mal geht es mit einem anderen Thema weiter, womit genau, dass verrate ich dir ein anderes Mal.