Glyphosat und der sorglose Umgang mit Pflanzenschutzmitteln

Glyphosat und der sorglose Umgang mit Pflanzenschutzmitteln

Glyphosat ist ein sogenanntes „Pflanzenschutzmittel“, welche sehr häufig in der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden. Dabei handelt es sich bei den „Pflanzenschutzmitteln“ um Pestizide. Sie sind giftig für Pflanzen, Insekten oder Pilze – je nach Zusammensetzung. Glyphosat ist dabei eines der bekanntesten Pestizide. Tonnenweise werden Pestizide auf Felder, in Schutzgebieten und direkt vor der Haustür versprüht. Sie sind überall erhältlich und gehören in vielen Bereichen zu dem anerkannten Stand der Technik. Doch sind Pestizide eine echte Gefahr für unsere Umwelt. Sie zerstören unsere Ökosysteme und verunreinigen das Grundwasser. Einige giftige Chemikalien, welche in Pestiziden enthalten sind, können Krebs erzeugen. Ihr seht schon: das Wort „Pflanzenschutzmittel“ ist hier falsch eingesetzt. Doch warum werden immer noch tonnenweise Pestizide eingesetzt? Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Bei Kommunen und im privaten Garten liegen die Motive jedoch anders. Hier werden Pestizide vor allem aus ästhetisch motivierten Anliegen wie unkrautfreie Beete, Wege und Straßen eingesetzt. 

Weizenfeld im Herbst (Dortmund 2023)

Glyphosat ist das meistverkaufte Pestizid, jeder kennt es und derzeit ist es wieder in aller Munde. Bei Glyphosat werden alle Pflanzen getötet, welche nicht gentechnisch so verändert wurden, dass sie den Einsatz überleben. Maßgeblich trägt Glyphosat zum Artensterben bei und ist laut WHO wahrscheinlich krebserregend. Durch Glyphosat können das Nervensystem geschädigt und das Mikrobiom im Darm beeinflusst werden. Außerdem wurden Glyphosat-Rückstände in zahlreichen Lebensmitteln, im Wasser, in der Luft und sogar im menschlichen Körper nachgewiesen. Darüber hinaus steht Glyphosat ebenfalls im Verdacht, oxidativen Stress zu verursachen. 

Glyphosat in der Umwelt 

Wird Glyphosat in der Umwelt verteilt, werden viele Nützlinge wie Insekten, Spinnen, Amphibien und Bodenlebewesen geschädigt. Da sich das giftige Mittel nicht nur auf Lebewesen auswirkt, werden die Böden und die Luft mitbelastet. Wie oben schon beschrieben, müssen die Nutzpflanzen entsprechend gentechnisch angepasst werden, um nicht abgetötet zu werden. Viele Wildpflanzen werden durch Glyphosat abgetötet. Durch Regen und Wind gelang das Glyphosat auch auf die benachbarten Flächen. Sogar in Gebieten, welche fern der Einsatzorte von Glyphosat liegen, kann das Gift nachgewiesen werden. Weniger Wildpflanzen bedeutet, weniger Nahrung und weniger Lebensräume für Insekten. Die Insekten dienen wiederum als Nahrungsquelle für Vögel, Fische und Säugetiere. Somit führt der Artenschwund bei den Insekten zu einem Artenschwund bei allen anderen Tieren. Ebenfalls betroffen sind Amphibien, da Glyphosat giftig für Wasserorganismen ist und langfristig auf diese einwirkt. Durch Glyphosat sind nicht nur die Organismen im Wasser betroffen, sonder auch das Grund- und Oberflächenwasser (wie z.B.: Seen und Flüsse). 

Doch warum wird derzeit wieder darüber diskutiert? 

Der Einsatz von Glyphosat war nur noch bis Mitte Dezember 2023 EU-weit zugelassen. Jedoch gab es in den letzten Monaten von den EU-Staaten Abstimmungen zum Einsatz von Glyphosat. Im Oktober und im November gab es keine Entscheidung der Mitgliedstaaten zur Verlängerung von Glyphosat um zehn Jahre. Am 16.11.2023 wurde die Entscheidung, das umstrittene Mittel bis 2033 weiterhin zuzulassen, von der EU-Kommission im Alleingang beschlossen. Der Einsatz soll jedoch künftig an Bedingungen geknüpft werden. Landwirte sollen unter anderem mindestens fünf Meter breite Pufferstreifen einhalten. Außerdem soll die Menge und die Häufigkeit für den Einsatz des Mittels durch die Mitgliedsstaaten beschränkt werden können. 

Vogelwelten in der Landschaft

Vogelwelten in der Landschaft

Heute kommen wir zum letzten Beitrag in meiner kleinen Vogelreihe. Gemeinsam waren wir schon im Wald und am Wasser. Heute stellen wir uns einmal auf einen Feldweg. Wenn du dich gerade „warum auf einen Feldweg?“ fragst, dann möchte ich dir das gleich erklären. 50 Prozent der Landesfläche von Deutschland wird landwirtschaftlich genutzt. Daher hat die Landwirtschaft wie kaum ein anderer wirtschaftlicher Bereich einen großen Einfluss auf die Natur und unsere Schutzgüter Boden, Wasser und Luft. Ich möchte dir heute ein paar Vögel vorstellen, die in der freien Landschaft zu finden sind. Die freie Landschaft ist ein Mosaik aus unterschiedlichen Lebensräumen. Es gibt besondere Landstriche, die ich dir schon in dem Beitrag „Zauber der Landschaft“ erläutert habe. Heute möchte ich dir Lebensräume vorstellen, die man in jeder Landschaft findet. Ich gehe dabei auf Felder, Wiesen und Hecken ein. Also fangen wir an!

Wie sieht es in der freien Landschaft aus? 

Blick auf Weizenfeld (Niederbonsfeld 2021)

Das landwirtschaftlich genutzte Feld sieht zunächst nach keinem besonders geeigneten Lebensraum aus. Meistens sind es Monokulturen von Weizen- oder Maisfeldern, die allenfalls für Parasiten der jeweilig angebauten Pflanze ein wahres Schlaraffenland sind. Doch auch hier leben andere Tiere, sodass der Anschein trügt. Viele Tiere und Pflanzen haben es geschafft, auch diesen eintönigen Lebensraum in Anspruch zu nehmen. Auch hierbei spielt die Intensität der Bewirtschaftung eine Rolle. Je intensiver das Feld genutzt wird und je mehr Chemie zum Einsatz kommt, desto weniger lebt auf einem Feld. Man kann auf Feldern in der Morgen- oder Abenddämmerung oftmals Rehe beobachten, die auf den Feldern Getreide fressen. In Maisfeldern kann sich auch mal eine Rotte Wildschweine verstecken und der Feldhase, der Feldhamster und die Feldmaus tragen in ihrem Namen schon den Bezug auf ihren Lebensraum. Der Feldhamster ist ein kleiner Profiteur der Landwirtschaft, denn er wurde in Mitteleuropa erst mit dem Einzug der Landwirtschaft heimisch. Ursprünglich kommt das possierliche Tierchen aus den Steppengebieten Osteuropas und Asiens. Auch der Fuchs besucht oft Felder, allerdings um zu jagen. Wie du siehst, kann man einiges entdecken. Was das Problem mit unseren Feldern ist, erkläre ich dir später in diesem Beitrag genauer. 

Blick auf Grünländer (Tostedt 2019)

Neben den Feldern gibt es auch noch die Wiesen bzw. Grünländer. Wiesen und Weiden machen einen Großteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen aus. Sie sind schön und nützlich zugleich. Wildkräuter und Wildblumen, die hier wachsen, liefern gesundes Futter für die Milch- und Fleischindustrie. Darüber hinaus sind Wiesen ein Lebensraum für viele Insekten und andere Tiere. Die Wiesen in Deutschland bestehen überwiegend aus Mähwiesen, sprich sie werden in regelmäßigen Abständen gemäht. Der kleinere Teil der Wiesen sind klassische Weiden und werden durch Tiere gestutzt. Würde der Mensch die Wiesen und Weiden nicht nutzen, würden sich über kurz oder lang Sträucher und Bäume ansiedeln. So würden die Wiesen in die Sukzession übergehen und neue Wälder entstehen. Wiesen haben nicht nur eine hohe Artenvielfalt, sondern bieten mit ihrer zeitlich gestaffelten Blütenabfolge auch für uns immer wieder etwas Neues. Zwischen Flora und Fauna besteht außerdem eine enge Wechselbeziehung. Käfer, Bienenarten und Schmetterlinge erfreuen sich an dem Arten- und Blütenreichtum und finden so immer etwas zu fressen. Durch ihre Vielfalt und Strukturen in der Landschaft bieten Wiesen oder auch Weiden vielen unterschiedlichen Tierarten einen Lebensraum. Dazu gehören neben Vögeln auch Amphibien und Insekten. Je nach Lage der Wiese unterscheidet man in Blumenwiese, Magerrasen, Fettwiese, Trockenrasen, Feuchtwiese und Salzwiese. Blumenwiesen sind artenreiche Wiesen, die viele blühende, krautige Pflanzen aufweisen. Magerrasen sind extensiv genutzte Grünländer an besonders nährstoffarmen, „mageren“ Standorten. In Deutschland findet man sie eher selten und sie stehen daher unter Schutz. Trockenrasen sind den Magerrasen ähnlich, unterscheiden sich jedoch dadurch, dass sich die Biotope an trockenen Standorten bilden. Feuchtwiesen zeichnen sich dadurch aus, dass die Böden in den oberen Horizonten von Grundwasser beeinflusst oder zeitweise überschwemmt sind. Salzwiesen findet man in Deutschland nur an der See, da sie nur dort entstehen, wo das Meer periodisch oder unregelmäßig die Wiesen überflutet. Fettwiesen sind eine Folge der intensiven Bewirtschaftung des Menschen. Was genau dahinter steckt, werde ich dir später im Beitrag verraten. Wie du aber siehst, sind Wiesen oft durch den Menschen entstanden, bieten aber vielen Arten einen Rückzugsraum. Jetzt möchte ich dir noch den Einblick in eine Hecke geben, da sie ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der freien Landschaft ist. 

Feldgehlöze (Düsseldorf 2020)

Hecken sind in der freien Landschaft immer gern gesehen. Unter einer Hecke kannst du dir eine Ansammlung von niedrigen Bäumen, Sträuchern und Kräutern vorstellen, die meistens gradlinig angeordnet sind. Das resultiert daraus, dass eine Hecke typischerweise als Abgrenzung zwischen Feldern oder zwischen Feld und Weg fungiert. Die meisten Hecken wurden von Menschen angelegt und als „lebende Zäune“ benutzt, manche sind aber auch natürlichen Ursprungs. Diese findest du meist an Böschungen und Geländestufen. Hier können natürliche Hecken entstehen: durch Samenanflug bilden sich allmählich kleine Gemeinschaften aus niedrigen Kräutern, Sträuchern und kleinen Bäumen. Doch auch unsere Kulturlandschaft ist immer noch im Wandel und daher werden die meisten Hecken künstlich erhalten, indem ein regelmäßiger Schnitt erfolgt. Früher entstanden die Hecken durch die ausgedehnten Rodungsmaßnahmen. Hecken bieten Schutz vor Wind und verhindern so eine Erosion auf den Feldern. Die Felder waren während des Mittelalters noch sehr klein und deshalb gab es viele Hecken. In diesen Hecken findest du, ähnlich wie bei Wiesen, einen ausgeprägten Stockwerkaufbau. Die Krautschicht ist eher in Bodennähe, darüber bildet sich die Strauchschicht und schließlich kommt die Baumschicht. Diesen Aufbau findet man nicht nur in der Vertikalen. Eine Hecke ist auch in der Horizontalen deutlich gegliedert. Im Herzen einer Hecke liegt das Heckenzentrum. Daran anschließend liegt der Saumbereich, welcher am Boden ausläuft. Die unterschiedlichen Regionen einer Hecke werden von unterschiedlichen Pflanzen geprägt. Daher bietet die Hecke viele verschiedene Lebensräume für Tiere. Diese Artenvielfalt im Bereich Flora und Fauna macht die Hecken ökologisch sehr wertvoll. Für viele Tiere bietet die Hecke in der offenen Fläche einen Rückzugsraum. Außerdem können intakte Heckensysteme als „Verbindungsstraße“ zwischen unterschiedlichen Lebensräumen dienen. Die genaue Pflanzengesellschaft der Hecke hängt immer stark davon ab, wo sich der Standort der Hecke befindet. In der Kernzone der Hecken findet man oft Feld-Ahorn oder Hainbuchen. In der Mantelzone der Hecke kann man Gemeinschaften von Hartriegeln, Heckenrosen, Schlehen oder Weißdorn entdecken. Der Saum einer Hecke wird oft durch Johanniskraut oder Brennnesseln gebildet. Diese Arten kann man ebenfalls an einem Waldrand entdecken. Im Sommer sind Hecken oft kühler und feuchter als die umgebene offene Landschaft, im Winter hingegen werden die extremen Temperaturschwankungen abgemildert. Welche Tiere kannst du in einer solchen Hecke entdecken? Fuchs, Hermelin, Igel und Feldhasen, aber auch Kröten und Eidechsen. Darüber hinaus findet man unzählige wirbellose Kleintiere wie Insekten oder Spinnen in den Hecken. Ein Fünftel der heimischen Singvogelarten leben hier. Welche das sind, schauen wir uns jetzt einmal an. 

Welche Vögel kannst du in der freien Landschaft entdecken? 

Jetzt, wo du einen kleinen Einblick in die freie Landschaft erhalten hast, wollen wir uns anschauen, welche Vögel es hier so gibt. 

Eine typische Feldbewohnerin ist die Feldlerche. Sie ist vielen sehr geläufig. Die Feldlerche bevorzugt offene Lebensräume mit abwechslungsreicher Vegetation. Seit den Achtzigern musste die Feldlerche jedoch dramatische Bestandsverluste hinnehmen. Der Bestand in Deutschland hat sich bis heute halbiert. Eine Besonderheit der Feldlerche ist, dass sie typischerweise im Flug singt. Seltener kann man sie auch in Bäumen singen hören. Oft kann man sie auch auf Feldern und Wegen entdecken. Wenn Gefahr droht, duckt sie sich zunächst und fliegt dann katapultartig auf. Der Speiseplan der Feldlerche unterscheidet sich im Winter von dem im Sommer. Im Sommer stehen besonders Insekten auf dem Speiseplan, im Winter frisst sie eher Samen der verschiedenen Getreidesorten, Gräser und Kräuter. Eine der kleinsten Hühnervögel in Deutschland ist die Wachtel. Sie ist ungefähr so groß wie eine Amsel. Jeder, der eine Wachtel zu sehen bekommt, kann sich glücklich schätzen, da sie immer seltener wird und sich sehr gut verstecken kann. Wachteln fühlen sich an warmen, vegetationsreichen Orten wohl. Sie mögen Sandbäder in der Sonne und leben oft auf Getreidefeldern und brachen Wiesen mit Klee oder Luzernen. Wachteln sieht man kaum fliegen, auch wenn sie nicht gerade flugfaul sind: im Winter ziehen sie klammheimlich bis Afrika. Wie viele Vögel der freien Landschaft ist die Wachtel ebenfalls auf der Vorwarnliste der gefährdeten Vögel. Neben der intensiven Landwirtschaft, welche der Wachtel keinen Platz lässt, ist auch die Jagd auf dem Zugweg ein großes Problem. 

Detail einer Wiese (Dortmund 2020)

Auf Wiesen findet man oftmals Wiesenbrüter. In intakten Feuchtwiesen sind es bspw. der große Brachvogel, der Kiebitz, das Braunkehlchen, die Bekassine, der Wiesenpieper, die Grauammer und der Wachtelkönig. Das Braunkehlchen ist in Deutschland stark gefährdet. Man kann es erst ab April beobachten, da Braunkehlchen zu den Langstreckenziehern gehören. Sie überwintern in den tropischen Regionen Afrikas. Tagsüber suchen sie nach Nahrung, wozu Insekten, Würmer und Spinnen gehören. Im Herbst greifen sie auch auf Beeren zurück. Sie suchen sich überwiegend blütenreiche Wiesen und Brachen aus, um ihre Bodennester zu bauen. Nicht zuletzt ist der Bestand durch den Rückgang dieser Wiesen und Brachen bedroht. Viele kennen den Kiebitz als eine weit verbreitete Art. Vielen ist er aufgrund des auffälligen Aussehens und Verhaltens bekannt. Sie leben ebenfalls überwiegend in Feuchtwiesen. Sie bevorzugen Flächen mit kurzer Vegetation und ohne dichte Gehölzstruktur in der Nähe. Früher hat man Kiebitze auch oft in Mooren angetroffen. Heute trifft man sie auch schon mal auf Äckern und Wiesen an. Auf dem Speiseplan des Kiebitzes stehen besonders Insekten und deren Larven. Daneben werden auch Regenwürmer, Getreidekörner, Samen und Früchte von Wiesenpflanzen verspeist. Auch er gehört in Deutschland zu den bedrohten Arten. Eine der wohl am häufigsten vorkommenden Pieperarten ist der Wiesenpieper. Der kleine Geselle ist mit seiner braunen Farbe gut an seinen Lebensraum angepasst. Beobachten kann man ihn gut, wenn er mal wieder seine erhöhte Warte auf einem Strauch oder Zaunpfahl einnimmt, da man ihn sonst in der Vegetation kaum entdecken kann. Er ist derzeit nicht bedroht. Jedoch ist der Bestand sinkend, da Brutgebiete durch die intensive Bewirtschaftung verlorengehen. Der Wiesenpieper lebt größtenteils auf dem Boden, wo er in dichter Vegetation sein napfförmiges Nest baut. 

Wenn du an Hecken vorbei gehst, welche viele Dornsträucher wie Weißdorn oder Schlehe besitzen, kannst du über merkwürdig aufgespießte Insekten und Raupen stolpern. Wenn du so etwas entdeckst, betrachtest du eventuell das Werk eines Neuntöters. Der hübsche Vogel mit dem komischen Namen legt dort seine Vorräte an. Er lagert – oft zum Schreck des Beobachters – auf diese Weise auch kleine Mäuse. Der Neuntöter gehört zu der Familie der Würger und ist hierzulande einer der häufigsten Vertreter. Er bevorzugt offen strukturierte Landschaften mit Plätzen zum Sonnen- und Staubbaden. Neben Äckern und Waldrändern, wo er Nahrung finden kann, liebt er viele Hecken mit Dornensträuchern. Ein besonderer Offenlandbewohner ist außerdem der Wendehals. Er liebt offene, strukturreiche Flächen wie Waldlichtungen, Windwurfflächen, Obstwiesen oder Parks. Dort bewohnt er meist Baumhöhlen oder Nistkästen. Der Wendehals gehört zur Familie der Spechtvögel. In seiner Optik und seinem Verhalten erinnert er jedoch in keiner Art und Weise an einen Specht. Er trommelt nicht, er baut keine Höhlen und läuft auch nicht senkrecht am Stamm entlang. Der Wendehals hüpft über den Boden und spürt Ameisen auf, die er dann mit seiner langen, klebrigen Zunge aufnimmt.

Mohn am Weizenfeld (Niederbonsfeld 2021)

Viele der Vögel, die ich dir vorgestellt habe, lieben strukturreiche Landschaften und sind heute bedroht. Wie es dazu kommen konnte, möchte ich dir auch erklären. 

Welche Probleme gibt es? 

Die größte Artenvielfalt gab es in Deutschland nach der Kleinen Eiszeit vor dem Jahr 1800. Die Menschen schufen eine vielseitige und mosaikartige Landschaft. Nach 1800 wurde mehr und mehr auf Erträge geachtet und die Bewirtschaftung intensiviert. Schon um 1849 wurde über die Ausmerzung von störenden Hindernissen in der Landwirtschaft geklagt. Damals wurden schon feuchte Mulden aufgefüllt, Tümpel zugeschüttet und störende Hecken und Feldgehölze beseitigt. Vor dem zweiten Weltkrieg wurden unerwünschte Beikräuter mit der Hacke von den Äckern beseitigt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde jedoch mehr und mehr auf Chemikalien gesetzt. In den letzten Jahrzehnten wurde die Intensivierung der Landbewirtschaftung mit hohem Nährstoffeintrag und Pestizideinsatz vorangetrieben. Dieser Einsatz hat leider gravierende Auswirkungen auf die Artenvielfalt und die Umwelt. Die Folgen daraus sind dramatisch: Insekten- und Vogelsterben, zu hohe Nitratwerte im Grundwasser, tote Böden und klimaschädliche Emissionen. Schlussendlich wurde durch Fungizide, Insektizide, Herbizide oder Rodentizide ein Vernichtungsfeldzug gegen Nager, Pilze, Insekten und unerwünschte „Unkräuter“ eingeleitet. Außerdem wurden die Böden von jeglichen Insekten befreit und durch Drainagen leitete man die Verödung und Trockenlegung riesiger Gebiete ein. Übrig geblieben sind fast reine Monokulturen, die weitestgehend frei von Wildtieren und -pflanzen sind. Überleben werden in dieser Wüste nur die hartnäckigen „Schädlinge“.

Du wunderst dich, dass es nicht mehr so viele Hecken gibt? Das hat einen einfachen Grund: zu Beginn der Neuzeit, liefen große Flurbereinigungsmaßnahmen. Diese dienten ausschließlich der Ökonomie und nicht der Ökologie. Bei diesen Flurbereinigungsmaßnahmen wurden viele kleine Flächen zusammengelegt. Daher gibt es heute eher riesige Ackerflächen. Die Hecken störten bei der Bewirtschaftung der kleinen Flächen, sodass sie zunehmend aus dem Landschaftsbild verschwanden. Viele Heckenbewohner verloren ihren Lebensraum und ihre Lebensgrundlage. Nicht nur die Hecken leiden unter der zunehmenden Bewirtschaftung. Auch die klassischen Wildblumenwiesen findet man heutzutage immer seltener. Durch die regelmäßige Mahd von vier- bis sechsmal im Jahr und das intensive Düngen der Wiesen gehen die Wildblumenwiesen verloren. Viele der Wildblumen kommen mit der intensiven Bewirtschaftung nicht zurecht und so verschwinden nach und nach viele der Wiesenkräuter mit der Nährstoffflut. Die Folge aus der Bewirtschaftung ist eine Einheitsfettwiese, die oft aus weniger als 20 Pflanzenarten besteht. Dazu gehören überwiegend Grasarten und einige wenige stickstoffliebende Gewächse. In Einheitsfettwiesen blüht oft der Löwenzahn, welcher mit seinen gelben Blüten nett anzusehen ist, jedoch nichts Gutes bedeutet. Das Merkmal solcher Fettwiesen ist eine extreme Düngung und die daraus folgende Artenarmut. Ganz am Ende einer solchen Übernutzung stehen monotone Grasäcker mit Wiesenfuchsschwanz oder Weidelgras. Eine überaus positive Gegenbewegung hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen: Biologische Landwirtschaft. Wie genau die Unterschiede zur konventionellen Landwirtschaft sind und was vielleicht noch besser wäre, erzähle ich dir in einem ausführlichen Beitrag zur Landwirtschaft. 

Wüsten, eine Krankheit oder einzigartiges Ökosystem?

Heute kommt wieder ein neuer kleiner Beitrag online. Du begleitest mich heute nach Marokko. Marokko ist ein Staat im Nordwesten Afrikas und ist durch die Straße von Gibraltar vom europäischen Kontinent getrennt. Normalerweise geht es in meinen Beiträgen um die Natur bzw. Landschaft in Deutschland, heute zeige ich dir erst etwas anderes. Ob man so eine Besonderheit auch in Deutschland findet, findest du am Ende dieses Beitrages heraus. Stell dir vor, du reist ohne Handy, ohne Pass und ohne Geld durch die Wüste. Du hast dich einer Karawane in der Sahara angeschlossen. Klingt für die meisten nach einer Horrorvorstellung, für manche jedoch nicht. Heute erzähle ich euch von zwei Frauen, die versuchen die Wüste zu begrünen. Viele Reisen haben sie zum Handeln bewegt. Denn nicht nur in Deutschland macht sich der Klimawandel bemerkbar, sondern ebenfalls in den Wüsten dieses Planeten. Wie kann es helfen, die Wüste begrünen? Das Projekt, welches von zwei Frauen ins Leben gerufen wurde, verbindet ökologische, bildungspolitische, ökonomische und soziale Aspekte. So sollen die Lebensbedingungen in der marokkanischen Wüstenregionen verbessert werden. Auf einer großen Fläche auf dem Gelände Boutious oberhalb der Sandwüste entsteht nun etwas Neues. Unter dem steinigen Oberboden befindet sich eine fruchtbare Bodenschicht und in tieferen Schichten findet sich sogar Süßwasser. Beste Voraussetzungen für die Entwicklung von Palmenhainen mit Mischkulturen. Die Planung der Palmenhaine erfolgt nach nachhaltigen und ökologisch sinnvollen Aspekten. Es werden weder Kunstdünger noch Pestizide verwendet. Als Dünger wird der Ziegenmist verwendet. Für eine geeignete Verschattungen wird durch die richtige Pflanzkombination gesorgt, was gleichzeitig die Austrocknung des Bodens verhindert. Jetzt kennst du die Rahmenbedingungen für das Projekt. Im Frühjahr 2020 haben Frauen und Männer aus Deutschland zusammen mit Berbern 320 Dattelpalmen und 300 Moringabäume auf die Fläche gepflanzt. In den nächsten Jahren sollen weitere Aufforstungen stattfinden. Nach etwa 3 Jahren sollen die Moringabäume die ersten Ernteerträge aufweisen, diese können auf dem Markt verkauft werden. Mit der ersten Dattelernte kann nach 6 Jahren gerechnet werden. Durch die Einkünfte von der Ernte können auch gewünschte Fördereinrichtungen für Mädchen, Frauen und Männer finanziert werden. So wird durch das Projekt in Marokko Hilfe für Selbsthilfe geboten. 

Lage der Sahara in Afrika (eigene Darstellung)

Doch wie sieht es denn im restlichen Land aus? Marokko ist im Vergleich zu den anderen afrikanischen Staaten eher klein. Im Norden des Landes findet man an der Mittelmeerküste das Atlasgebirge mit dem Riffgebirge. Die atlantische Region wird geprägt durch die marokkanische Meseta. Im nordöstlichen Grenzgebiet findet sich die transmontane Region mit den Plateaus, woran sich das Antiatlas mit den Beckenlandschaften im Randbereich der Sahara anschließt. Jetzt kennst du die grobe Einordnung der Naturräume, allerdings fehlt noch eine kurze Beschreibung des Klimas, der Flora und Fauna. Fangen wir mit dem Klima an. 

Das Klima im Land Marokko hat trockenheiße Sommer mit mittleren Temperaturen von ca. 23°C und einem Temperaturmaximum von 26°C (Casablanca) bis 29°C (Tanger). Die Winter sind eher mild und regenreich, wobei die Niederschlagsmenge nach Süden hin geringer wird. Der mildere Einfluss des Meeres nimmt Landeinwärts rasch ab, in der zentralen Meseta und im Atlasgebirge herrscht ein ausgeprägtes Kontinentalklima. Die Vegetation ist genauso abwechslungsreich wie das Klima. Nordwestlich des Gebirges überwiegt der mediterrane Bewuchs und südöstlich davon findet man Wüstensteppe. In regenreichen Gebirgszonen und in den westlichen Ebenen findet man noch geschlossene Waldbestände mit Stein- und Korkeichen, Thujen, Atlas-Zedern und Aleppokiefern. Jahrhundertelang wurde in Marokko im Raum der Mittelmeervegetation Raubbau betrieben, so wie es in allen übrigen Ländern ebenfalls der Fall ist. Hier ist die Vegetation auf Baumheiden, Erdbeerbäume, Pistazien, Wacholderarten und Zwergpalmen reduziert. Ab 3100 m, oberhalb der Waldgrenze, gibt es eine kleine Stufe mit Polsterpflanzen. Hinter des Atlasgebirges wird die Vegetation von Trockensteppen mit Büschelgräsern und Dornsträuchern geprägt. In der nordöstlichen Hochsteppe wächst widerstandsfähiges Halfagras. Dattelpalmen kann man in den wenigen Oasen finden. Die Tierwelt von Marokko ist genauso abwechslungsreich wie die Vegetation. Einige Arten sind jedoch auch hier vom Aussterben bedroht – wie etwa der Leopard und der Wüstenluchs. Weitere Säugetiere, die in Marokko leben, sind Berberaffen, Gazellen, Hyänen, Schakale und Wüstenfüchse. Zahlreiche Reptilien wie Eidechsen, Chamäleons, Schildkröten und Schlangen sind gut an die Vegetation angepasst und kommen zahlreich vor. Neben Reptilien und Säugetieren leben auch die verschiedensten Vogelarten in Marokko. Unter anderem Störche, Adler, Geier, Bussarde und Milane. Um die Vegetation und die Tierwelt zu schützen, wurde das Gebiet um den Jabal Toubkal im Hohen Atlas bereits 1942 durch die Ernennung als Nationalpark geschützt. Die ausgedehnten Zedernwälder, in denen die Berberaffen leben, werden durch den Ifrane-Nationalpark geschützt. 

Das klingt nun erst einmal gut. Sehr abwechslungsreich und ausgewogen, aber in Marokko bekommt man auch immer mehr Probleme mit der Sahara. Die Sahara ist mit über neun Millionen Quadratkilometern die größte Trockenwüste der Erde. Das klingt zwar groß, aber um eine Einschätzung zu bekommen, wie groß das ist: Deutschland würde 26-mal in die Sahara passen. Was beunruhigend ist, ist, dass die Sahara wächst. Im letzten Jahrhundert wuchs die Fläche um 10 Prozent an. Die treibenden Faktoren bei der Verwüstung von Landstrichen ist der Klimawandel, die Abholzung von Vegetation und die übermäßig landwirtschaftliche Nutzung von Land. Die größte Folge ist, dass der Boden erodiert. Oberboden wird bei Bodenerosion weggeweht oder weggespült und geht damit für immer verloren. So wachsen Wüsten immer weiter. Besonders betroffen ist die Sahelzone. Die Sahelzone ist eine Übergangszone zwischen der Sahara im Norden und der Feuchtsavanne im Süden. Es klingt jetzt alles düster und schmerzhaft, als seien Wüsten eine Art Krankheit, die sich auf umliegende Gebiete und Ökosysteme ausbreitet. So ist es jedoch nicht, denn eine Wüste ist eher ein eigenes gesundes und wertvolles Ökosystem, welches zur Vielfalt und zum Reichtum der Erde beiträgt. Seit Jahren gibt es schon Bestrebungen, die Wüste wieder in fruchtbares Land zu verwandeln. Viele Wissenschaftler:innen raten jedoch davon ab. Besonders wird davon abgeraten, die gleichen Techniken in allen Ländern umzusetzen. Das führt zu neuen Monokulturen, welche den äußeren Einflüssen kaum gewachsen sind. Besser ist es, flexibel auf die Gegebenheiten vor Ort zu reagieren und auf das Know-how bereits erfolgreicher örtlicher Initiativen zurückzugreifen. Eines solcher kleinen innovativen und integrierten Initiativen haben ich dir am Anfang vorgestellt.

Lage der Lieberoser Heide (Eigene Darstellung)

Wenn ich dir heute auch von Wüsten in fernen Ländern berichtet habe und was es für tolle Projekte und Landschaften in diesen Ländern gibt, wollen wir Deutschland nicht aus den Augen verlieren. Was meinst du? Gibt es auch in Deutschland eine Wüste? Wenn du jetzt denkst, nein, auf gar keinen Fall, dann liegst du leider falsch. Auch in Deutschland findest du ein Wüstengebiet. Das Areal liegt in Brandenburg und umfasst eine Gesamtfläche von 550 Hektar. Die Lieberoser Heide ist durch einen Großbrand und die anschließende Nutzung als Panzer-Übungsplatz entstanden. Deutschlands größte Wüste ist mittlerweile ein Eldorado für Forscher:innen geworden. Das gesamte Gebiet ist nur teilweise begehbar, durch den Naturschutz geschützt und kann sich ohne den Einfluss vom Menschen erholen. Wie genau die Lieberoser Heide entstanden ist und ob eine Verwüstung von Landstrichen in Deutschland droht, erfahrt in einem meiner nächsten Beiträge. 

Wenn du mehr zu dem Projekt Wüste begrünen in Marokko lesen möchtest, folge einfach dem Link: https://die-wueste-begruenen.org

Mystisches Moor und seine Geschichte

Mystisches Moor und seine Geschichte

In meinem letzten Beitrag habe ich euch erklärt, wie ein Moor entsteht und was wir in Deutschland für unterschiedliche Moortypologien haben. Falls du dich fragst, wie die Unterschiede sind und wie einzigartig dieser Lebensraum ist, empfehle ich dir den Beitrag noch einmal zu lesen. Fakt ist, dass ursprünglich 1,5 Millionen Hektar, eine Fläche von 4,2 Prozent der gesamten Landfläche von Deutschland, mit Mooren bedeckt war. Heute sind sie leider zu 95 Prozent entwässert, abgetorft, bebaut und in den meisten Fällen landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzt. Heute möchte ich euch ein bisschen über die Geschichte des Moores erzählen und wie es passieren konnte, dass wir heute nur noch so wenige Moorflächen in Deutschland haben. 

Renaturierte Moorfläche (Simmerath 2020)

Geschichte und Nutzung von Mooren

Ich will nun nicht weit ausholen, aber selbst Jäger und Sammler nutzten während der Steinzeit schon Moore. In der Bronzezeit wurde Torf schon als Brennstoff für die Kupfer- und Zinnschmelze genutzt, aber man brauchte den Torf auch für die Bronzeherstellung. Vorteil von Torf als Brennmittel ist, dass die Brenntemperatur gut regulierbar und gleichbleibend ist. Damit war der Torf besser geeignet als Holz oder Kohle. In der Eisenzeit wurden vorwiegend Versumpfungsmoore für die Eisengewinnung genutzt. Die Römer nutzten den Wiesenkalk aus Moorniederungen für Branntkalk, welche für Feld- und Backsteinmauerwerk genutzt wurden. Bis heute wird Wiesenkalk zur Bodenverbesserung eingesetzt. In trockenen Jahren konnte man Moore schon immer zur Heugewinnung oder als Streuwiese nutzen – und das ohne Eingriff in die Hydrologie. 

Im 13. Jahrhundert wurden die ersten Moore entwässert und mit der Niedermoorschwarzkultur begonnen. Bei der Schwarzkultur wird das Moor entwässert, danach die natürliche Vegetation beseitigt und immer wieder durchgearbeitet. Der Boden wird dabei mit Kalk und Phosphat angereichert und mit speziellem Saatgut eingesät. Bei einer Schwarzkultur ist der Moorboden nach der Entwässerung ohne Veränderung kultivierbar, dies gelingt jedoch nur auf Niedermooren. An anderen Orten wurde das Moorwachstum durch Wasserstauung mit Wassermühlen gefördert und der regionale Wasserhaushalt verändert. Mit der Zeit wurden immer mehr Moorflächen nach und nach systematisch entwässert. Es werden künstliche Abflüsse eingerichtet wie Gräben, Rohrdränungen oder Vorflutgräben. Sie greifen auf unterschiedliche Weise in den Wasserhaushalt ein. 

Binnengräben senken den Wasserstand im Moor vergleichsweise geringfügig ab. Dabei wird der Wasserstand im Zentrum des Moores um einige Dezimeter abgesenkt. Bei der Renaturierung sollten daher die langen Gräben abschnittsweise unterbrochen werden.

Versickerungsgräben führen im Moor zu einem regelrechten „Ausbluten“. Sie durchbrechen die abdichtenden Schichten am Moorrand, sodass das Wasser aus dem Moor fließen kann. Bei einer Renaturierung müssen die Gräben am Rande des Moores unbedingt verschlossen werden.  

Offener Wassergraben (Simmerath 2020)

Die Abzugsgräben haben einen besonders starken Entwässerungseffekt. Sie beeinflussen nicht nur die Moore und deren Wasserhaushalt, sondern auch das gesamte Wassereinzugsgebiet. Nach und nach wachsen diese Gräben zu, da sie nicht immer gepflegt werden. Dies wird problematisch, da sie kaum erkennbar sind, jedoch immer noch eine deutliche Entwässerung verursachen. Will man das Moor im Zuge einer Renaturierung retten, muss man alle Gräben finden. 

Dabei ist es eigentlich egal, wie ein Moor entwässert wird, da sich jeder Wasserentzug auf die ökologische Funktion der Moore, ihre Artenzusammensetzung und ihre Artenvielfalt auswirkt. Fast jede Nutzung von Mooren dient der land- und forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Nutzung, aber auch die Torfgewinnung geht mir einer entsprechenden Wasserregulierung einher. Neben der Anlage von Gräben, Rohrdränungen und Vorflutgräben wirken sich auch die Fassungen von Quellen oder indirekte Flussregulierungen und die Entnahme von Trinkwasser auf die verbundene Grundwasserabsenkung in der Landschaft aus. Die Schäden der Entwässerung sind komplex und machen sich teilweise erst nach Jahren im gesamten Ausmaß bemerkbar.

Wie wirkt sich eine Entwässerung auf Moorböden aus? Im Gegensatz zu Mineralböden hat Torf ein vollständig wassergefülltes Porenvolumen und damit ein labiles Gefüge. Die Entwässerung bedeutet, dass eine Verringerung des Porenvolumens eintritt, da die Poren nicht mehr wassergefüllt sind und zusammensinken. Damit sackt der Moorboden ab und die Torfmächtigkeit nimmt ab.  Die natürliche Verdunstung des Porenwassers trägt zu einem weiteren Niveauverlust bei. Nach der Entwässerung und der Belüftung setzt eine sekundäre Bodenbildung ein. In der Abhängigkeit von der Zeit und der Trophie der Torfe entstehen unterschiedliche Gefügeformen. In Regionen, die niederschlagsreich sind, können die Böden vererden. Es entsteht über die Zeit ein dunkel- bis schwarzbraunes Krümelgefüge. In diesem Krümelgefüge sind die Pflanzenreste mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen, jedoch noch mit dem Mikroskop nachweisbar. In trockenen Gebieten bilden sich bei fortdauernder, stärkerer Austrocknung eher humin- und aschereiche, schwer benetzbare und trockene Feinkorngefüge mit Rissen und Klüften im Boden. Das ist jedoch eine äußerst ungünstige Gefügeform. In der Fachwelt wird dieser Boden Mulm genannt, die Böden sind leicht erodierbar und irreversibel ausgetrocknet. Die Böden können nicht mehr wiederbefeuchtet werden und stellen heute den extremsten Moorstandort dar. Unter den vertrockneten Böden bleibt die mineralischen Bodensubstanz feucht bis nass. Es entsteht ein Horizont aus kohlengrusähnlichen, verbackenen Teilchen. Dieser wird Vermurschungshorizont genannt. Das Segregations- bzw. Absonderungsgefüge stellt das Endstadium der Vertrocknung der Niedermoore dar. Die Böden, die sich dadurch gebildet haben, sind schwer durchwurzelbar und haben einen sehr ungünstigen Wasser- und Nährstoffhaushalt. Es entstehen jedoch nicht nur physikalische und chemischen Schädigungen des Moores für die Entwässerung zur Verringerung der Evapotranspiration. Dies führt wiederum zu einer Reduzierung der Kühlung in der Landschaft. Die Torfe sind weniger wassergesättigt. Dies führt zu einer Veränderung der Artenzusammensetzung und geht bis hin zu weniger wasserliebenden Arten und einer starken Reduzierung der moortypischen Biodiversität. Mit der Entwässerung steigt die Gefahr von Bränden deutlich an. Wenn die trockenen Moore anfangen zu brennen, entstehen große Mengen an Treibhausgasen sowie umwelt- und gesundheitlichen Luftschadstoffen. Heute hört man selten von Moorbränden, jedoch brannten im Jahr 2018 über 12 Quadratkilometer Moorfläche. Während der Trockenheit im Sommer wurden Raketenerprobungen in der Nähe von Meppen durchgeführt. Dabei entstand der Großbrand im Moor. Auch im Mai 2020 brach ein Moorbrand aus, diesmal im Naturschutzgebiet „der Loben“ in Brandenburg. Hierbei brannte das Moor auf 100 Hektar. 

Unbefestigter Moorweg (Venner Moor 2020)

Ein anderes Verfahren zur Nutzung landwirtschaftlicher Moorflächen ist die Moorbrandkultur. Dabei wird das Moor im Winter oberflächlich entwässert und abgehackt. Im kommenden Frühjahr wird es dann in Brand gesteckt. In die Asche wird schließlich Buchweizen und Hafer gesät. Das Feuer reguliert sich durch die Windrichtung und die zu- oder abnehmende Feuchtigkeit im Boden. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist, dass die Nährstoffreserven im Boden nach zehn Jahren erschöpft sind und das Land danach 30 Jahre brach liegen muss. 

Neben dem Moorbrand wird noch die Fehnkultur betrieben. Hierbei werden große Entwässerungsgräben angelegt, um den Schwarztorf abbauen zu können. Dabei dienen die großen Gräben ebenfalls zum Abtransport des Torfes. Auch Hochmoore bleiben vor den Eingriffen des Menschen nicht verschont. Hierbei wird die Hochmoorkultur bei den Mooren betrieben, wo die Torfmächtigkeit mehr als 1,3 Meter beträgt. Dabei werden die Moore nicht entwässert und abgetorft, sondern umgebrochen und gedüngt. Aus dem entstehenden Boden wird schließlich Grünlandwirtschaft. Ein anderes Verfahren ist, Sand aus einer Tiefe von ca. 3 Metern zu fördern und zu durchpflügen. Daraus entsteht eine Sand-Mischkultur und kann vielseitig eingesetzt werden. Bei Niedermooren wird die Tiefenpflug-Sanddeckkultur eingesetzt. Bei diesem Verfahren ist die Torfschicht nicht dicker als 80 cm. Es wird ein Tiefenpflug mit einer Arbeitstiefe von 1,6 Metern eingesetzt um etwa 135° gewendet und schräg gestellt. Dadurch wird das Bodenprofil stark verändert, dann wechseln sich Torf- und Sandbalken ab. Das Profil wird dann von einer 20 bis 30 Zentimeter dicken Sandschicht überlagert. Dabei ändern sich die Bodeneigenschaften grundlegend. Der Bodenwassergehalt und die Möglichkeit der Grundwasserregulierung werden viel ausgeglichener, was durch die stark steigende Wasserleitfähigkeit begünstigt wird. Danach ist ein intensiver Getreideanbau auf einem Niedermoor möglich. Wenn du dir jetzt die Frage stellst, warum der Mensch angefangen hat, die Moore so drastisch zu verändern, dann kommt jetzt die Antwort. 

Nutzung der entwässerten Moorböden

Wanderweg im Venner Moor (Venner Moor 2020)

Früher wurden Moorflächen extensiv genutzt. Das lag daran, dass man nicht über die Technik verfügte, Moore großflächig und tiefgründig zu erschließen. Jedoch eigneten sie sich als Viehweiden oder Streuobstwiesen. Dies lag besonders an ihrem feuchten Untergrund und der satten Pflanzenvielfalt. Dennoch gingen auch dadurch viele natürliche Moore verloren. Daraus entwickelten sich manche dieser nur wenig genutzten Wiesen zu einem wertvollen Lebensraum für mittlerweile stark gefährdete Arten. Diese Lebensräume „aus zweiter Hand“ sind oft die letzten Rückzugsräume für gefährdete Arten. Mit den Möglichkeiten der landwirtschaftlichen Technik des vergangenen Jahrhunderts, änderte sich auch die Nutzung des Moores. Dabei wurden große Moorflächen im Zuge der Erschließung und Flurgestaltung entwässert und intensiv genutzt. Ende des 20. Jahrhunderts ging die intensive Nutzung der Moorflächen mit verstärkter Entwässerung, Torfmineralisierung, Düngung und gestiegenem Nährstoffaustrag einher. Seit jeher schrumpfen die Torfköper, was bedeutet, dass Moore mit hohem technischen Aufwand – durch Schröpfwerke und regelmäßige Grabenvertiefungen – trocken gehalten werden müssen. Wenn Moore nicht landwirtschaftlich genutzt werden, droht ihnen noch eine ganz andere Gefahr. Die meisten Flächen in Deutschland werden landwirtschaftlich genutzt, sodass die Gefahr für Moorflächen auch von benachbarten Flächen ausgeht. Wenn diese landwirtschaftlich genutzt werden, werden übermäßig viele Nährstoffe auf die bewirtschaftete Fläche gebracht. Doch diese Nährstoffe bleiben nicht dort, wo sie aufgebracht werden, sondern verteilen sich im Boden. Das bedeutet für das angrenzende Moor, dass auch hier eine Eutrophierung stattfindet. 

Wenn du dir jetzt denkst, dass die Landwirtschaft das doch nicht tun kann, dann warte noch eine Sekunde und lese weiter. Denn nicht nur die Landwirtschaft nutzt Moore intensiv. Die Forstwirtschaft greift genauso in die Wasserhaushalte wie die Landwirtschaft ein. In unseren Wäldern gibt es nämlich ebenfalls Feuchtgebiete, die Mooren ähnlich sind. Die meisten Wälder in Deutschland bestehen aus Fichten- und Kiefernmonokulturen. In den meisten Gebieten würden diese Arten auf natürliche Art und Weise nicht vorkommen – zumindest nicht in Reinbeständen. Nadelbäume haben zwar eine kleinere Blattfläche als Laubbäume, verdunsten als immergrüne Art jedoch ganzjährig betrachtet mehr Wasser. Man muss leider sagen, dass diese standortfremden Bäume verglichen mit den ursprünglich dort wachsenden Waldgesellschaften mehr Wasser verdunsten. So versickert weniger Wasser in den Boden. Darüber hinaus beeinflussen Baumarten und Altersaufbau der Wälder die Neubildung von Grundwasser. Daher fördern nach dem Verschluss bestehender Entwässerungssysteme auch ein Waldumbau bis hin zu Waldgesellschaften, die einst auf den Standorten zu finden waren, die angrenzenden Moorlebensräume und die Artenvielfalt. Privatwald-Besitzer und die öffentliche Hand sollten ihre Nadelbaummonokulturen zu naturnahen Wäldern umbauen, um den Wasserhaushalt im Einzugsgebiet zu verbessern. Hierbei sollte generell auf Kahlschläge verzichtet werden. In kleinen Einzugsgebieten und besonders an Hängen kann es sonst zu vermehrter Erosion und verstärktem Oberflächenabfluss kommen. Damit würde nährstoffreicher Boden in tiefer gelegene Bereiche geschwemmt und die Entwicklung der Feuchtgebiete stark beeinträchtigt. Wie wir sehen, ist das Moor nicht nur dort gefährdet wo es selbst zu finden ist, sondern wird oft auch durch die angrenzenden Flächen beeinflusst. Das alles klingt jetzt nicht aufbauend und nicht sonderlich gut. Aber es gibt für unsere Moore eine kleine Hoffnung: und zwar sind die meisten geschützt und andere werden renaturiert. Wie das funktioniert und was hinter dem Schutz der Moore steht, erzähle ich euch in einem anderen Beitrag.