In den letzten Jahren wird immer wieder vom menschengemachten Klimawandel gesprochen. Welche Auswirkungen die Menschheit auf die Natur hat, können wir uns jedoch meist nicht vorstellen. Heute möchte ich dir jedoch zeigen, wie gravierend der Eingriff der Menschen in die Ökosysteme ist und was es für den Klimawandel bedeutet.
Hast du schon mal etwas über Todeszonen gehört? Der Begriff könnte dir im Zuge von Wüsten mal über den Weg gelaufen sein. Wüsten sind der Inbegriff von lebensfeindlichen Lebensräumen. Doch ist das Image der Wüste meistens schlechter als der Lebensraum eigentlich ist. Einen kleinen Einblick in den Lebensraum Wüste erhältst du in meinem Beitrag „Wüsten, eine Krankheit oder einzigartiges Ökosystem?“. Heute möchte ich dir weitere Todeszonen vorstellen. Diese liegen jedoch nicht an Land, daher haben wir sie meistens nicht auf dem Schirm. Sie liegen im Meer und haben Ausmaße, die wir uns bildlich nicht vorstellen können. Beginnen wir mit ein paar Fakten aus dem „World Ocean Assessment II“-Bericht aus dem Jahr 2021.
World Ocean Assessment II – Bericht
70 Prozent des Planetens wird durch die Weltmeere bedeckt. Etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung lebt in den Küstenregionen. Als Küstenregion bezeichnet man den Bereich von etwa 100 Kilometern vor der Küste. Dieser Anteil steigt stetig an. Etwa 90 Prozent des internationalen Handelsvolumens wird von der Schifffahrt getragen. Die Schifffahrt ist damit einer der grundlegenden Pfeiler der Weltwirtschaft. Auch wenn sie sich derzeit noch von der Wirtschaftskrise der Jahre 2008 bis 2011 erholt. Die Ozeane dieser Welt unterstützen eine breite Palette von wirtschaftlichen Aktivitäten. Zum einem gehören die Gewinnung von Nahrungsmitteln, Gewinnung von Süßwasser durch Entsalzung, die Produktion von Salz, die angesprochene Schifffahrt, aber zum anderen auch der Meeresbodenbergbau, Offshore-Kohlenwasserstoffexploration und -ausbeutung sowie Tourismus und Erholung dazu. Die wirtschaftliche Aktivität nimmt stetig an Umfang zu. Dabei übernehmen unsere Weltmeere wichtige Funktionen – insbesondere auf das Weltklima gesehen. Dies können die Weltmeere jedoch nur leisten, wenn ihre Biodiversität bewahrt und die Ökosysteme nicht durch menschliche Aktivitäten zerstört werden. Wie groß der menschliche Einfluss auf die Weltmeere ist, wird im „World Ocean Assessment“ der Vereinten Nationen (UN) untersucht. In diesem Bericht wird der Zustand der Weltmeere bewertet. Der Bericht wurde von hunderten internationalen Wissenschaftler:innen in den Jahren 2017 bis 2020 erstellt. Er ist der zweite seiner Art und stellt detailliert den Zustand der Weltmeere dar. Die Faktoren, die den größten Einfluss auf die Meeresumwelt und ihre Nachhaltigkeit haben sind: Das Bevölkerungswachstum und die damit eingehenden demographischen Veränderungen, die wirtschaftlichen Tätigkeiten in den Meeren, der technologische Fortschritt, die sich ändernden Regierungsstrukturen und geopolitische Instabilität sowie der Klimawandel. Die Beziehung zwischen den Triebkräften und der Belastung sowie deren Auswirkungen sind komplex und dynamisch. Der Bericht umfasst mehr 1000 Seiten. Ich habe dir den Bericht unten noch einmal verlinkt.
Ursachen

1 Nährstoffreiches Wasser strömt ein
2 Algen wachsen unnatürlich stark und sterben
wieder ab.
3 Zooplankton ernährt sich von den Algen.
4 Bakterien ernähren sich vom Kot des Zooplanktons und von den abgestorbenen Algen.
5 Bakterien verbrauchen den Sauerstoff im Wasser beim Abbau des Kots und der abgestorbenen Algen.
6 Sinkt der Sauerstoffgehalt des Wassers unter ein bestimmtes Niveau, fliehen die Meerestiere oder sterben.
Kommen wir nun zu den Todeszonen, die ich oben schon einmal angesprochen habe. Die Belastungen durch die vielen menschlichen Aktivitäten strapazieren die Ozeane und zerstören wichtige Lebensräume. Dazu gehören z.B. Mangrovenwälder und Korallenriffe. Dadurch werden deren Fähigkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen behindert. Die Weltmeere sind verschmutzt, nicht nur durch die Unmengen an Plastikmüll, sondern auch durch die teils giftigen Substanzen, die eingeleitet werden. Aber nicht nur der Müll spielt bei der Zerstörung der Weltmeere eine Rolle, sondern auch der Lärm, der bei der Gewinnung von Erdöl und Gas oder durch Schiffe entsteht. Laut UN-Bericht sind die Todeszonen von 2008 bis 2019 von mehr als 400 auf etwa 700 Gebiete angestiegen.
Doch was sind überhaupt Todeszonen im Meer? Bei den Todeszonen handelt es sich um sehr sauerstoffarme Gebiete im Meer. In diesen Bereichen ist kaum noch Leben möglich, denn Sauerstoff ist die Grundlage für jedes Leben auf der Welt. In den letzten Jahrzehnten wurde die Sauerstoffbeobachtung ausgebaut. Heute ermöglichen diese Beobachtungen eine robuste Trendanalyse. Langzeitmessungen haben für viele Ozeanregionen eine Abnahme der Konzentration an gelöstem Sauerstoff ergeben. Daher dehnen sich die sauerstoffarmen Zonen weiter aus. Die temperaturbedingte Abnahme der Löslichkeit ist für oberflächennahen Sauerstoffverlust verantwortlich. Doch leider beschränkt sich die Sauerstoffabnahme nicht nur auf den oberen Ozean. Besonders in den Todeszonen ist die Sauerstoffabnahme in der gesamten Wassersäule vorhanden. Wenn du dich jetzt fragst, wo wir solche Todeszonen finden, will ich dir noch ein paar nennen und beschreiben.
Todeszonen
Im Golf von Mexiko an der Küste der US-Bundesstaaten Louisiana und Texas ist das Meer quasi sauerstofffrei. Aktuell erstreckt sich die Todeszone über eine Fläche von ca. 16.405 Quadratkilometern und ist damit größer als Thüringen. Nach neuen Daten der NOAA (US-amerikanische Behörde für Wetter und Ozeanografie) wird diese Todeszone immer größer. Das Ziel der USA ist es, die Ausdehnung des sauerstofffreien Gebietes bis 2035 auf weniger als 5.000 Quadratkilometer im Fünfjahresdurchschnitt zu begrenzen.

Die Ursache dieser Todeszone in den USA ist der Mensch. Doch wie schafft es der Mensch, den Ozean sauerstofffrei zu bekommen? Überschüssige Nährstoffe aus städtischen Gebieten, wobei es sich überwiegend um Abwässer handelt, und landwirtschaftlichen Gebieten fließen in den Mississippi. Besonders die Rückstände der Düngemittel und Gülle der Viehzucht von großen Agrarkonzernen im Mittleren Westen sind problematisch. Der Mississippi ist der längste Fluss in den USA und spült diese überschüssigen Nährstoffe in den Golf. Dort wirken die entstandenen Nitrate und Phosphate als Dünger für Algen. Damit wachsen zum einen viel mehr Algen und zum anderen wachsen sie übermäßig schnell. Dies wird als Algenblüte bezeichnet. Diese ist jedoch nicht das eigentliche Problem. Da Algen Fotosynthese betreiben, produzieren sie Sauerstoff. Jetzt denkst du bestimmt, dass das doch eigentlich gut für eine solche Region sei. Doch das Problem zeigt sich erst später, wenn diese absterben und auf den Grund sinken. Hier werden sie von Bakterien zersetzt und bei diesem Prozess wird der Sauerstoff verbraucht. Je mehr Algen also sterben, desto weniger Sauerstoff steht den übrigen Meereslebewesen zur Verfügung. In diesem Zusammenhang spricht man von Eutrophierung (Überdüngung) des Meeres. Das führt dazu, dass Lebewesen, die sich frei bewegen können, abwandern. Organismen wie Muscheln haben diese Möglichkeiten nicht und sterben daher in diesem Gebiet aus. Forscherteams haben ein Modell zur Eindämmung des Stickstoffgehalts entwickelt. In diesem Modell lassen sich Szenarien errechnen, welche die Reduzierung des Stickstoffgehalts von 25, 75 und 100 Prozent durchspielen. Die Schlussfolgerungen der Forscher:innen zeigen jedoch, dass selbst wenn der Stickstoffgehalt aus der Landwirtschaft um 100 Prozent gesenkt werden könnte, der Stickstoff, welcher sich über die Jahre im Becken des Mississippi angesammelt hat, weiter auf die Todeszone einwirken und die Todeszone weiterhin bestehen bleiben würde. Wer jetzt jedoch denkt, dass wir ganz machtlos den Todeszonen gegen Überstehen, irrt. Durch kreative Ideen und durch einen geänderten Ablauf von Produktion und Ernte, könnte der Stickstoffgehalt, der durch Felder verursacht wird, eingedämmt werden. Das erste Ziel muss also ein reduziertes Wachstum der Todeszonen sein, bis durch neue Technologien eine Rückführung zu einem Lebensraum stattfinden kann.

Wenn du denkst, dass es wieder nur ein Problem der anderen Länder ist, irrst du dich. Auch in Deutschland gelangen jährlich Hunderttausend Tonnen zusätzliche Nährstoffe in die Nord- und Ostsee. Besonders gefährdet ist die Ostsee: durch den eingeschränkteren Wasseraustausch sind die Zonen tiefer und größer als in der Nordsee. Die Nordsee kann solche Zonen durch Ebbe und Flut ausgleichen. Darüber hinaus findet noch ein Austausch mit dem Nord-Ost-Atlantik und dem Ärmelkanal statt. Die Todeszonen der Ostsee findest du besonders im Bereich zwischen der schwedischen Küste und den Küsten von Estland, Lettland und Litauen. Oben in der Karte kannst du die Todeszonen mit Fokus auf Europa sehen, hier sind nicht alle Todeszonen dargestellt. Bei 700 ist dies auch ein bisschen schwierig. Dennoch schafft die Karte einen kleinen Einblick auf die Situation der Küstenregionen.
Wenn dich das Thema jetzt mehr interessiert und du doch mal in den World Ocean Assessment Bericht schauen willst, kannst du auf den folgenden Link klicken und weiterlesen.
World Ocean Assessment II – Bericht: https://www.un.org/regularprocess/woa2launch