Heute kommen wir zum letzten Beitrag in meiner kleinen Vogelreihe. Gemeinsam waren wir schon im Wald und am Wasser. Heute stellen wir uns einmal auf einen Feldweg. Wenn du dich gerade „warum auf einen Feldweg?“ fragst, dann möchte ich dir das gleich erklären. 50 Prozent der Landesfläche von Deutschland wird landwirtschaftlich genutzt. Daher hat die Landwirtschaft wie kaum ein anderer wirtschaftlicher Bereich einen großen Einfluss auf die Natur und unsere Schutzgüter Boden, Wasser und Luft. Ich möchte dir heute ein paar Vögel vorstellen, die in der freien Landschaft zu finden sind. Die freie Landschaft ist ein Mosaik aus unterschiedlichen Lebensräumen. Es gibt besondere Landstriche, die ich dir schon in dem Beitrag „Zauber der Landschaft“ erläutert habe. Heute möchte ich dir Lebensräume vorstellen, die man in jeder Landschaft findet. Ich gehe dabei auf Felder, Wiesen und Hecken ein. Also fangen wir an!
Wie sieht es in der freien Landschaft aus?

Das landwirtschaftlich genutzte Feld sieht zunächst nach keinem besonders geeigneten Lebensraum aus. Meistens sind es Monokulturen von Weizen- oder Maisfeldern, die allenfalls für Parasiten der jeweilig angebauten Pflanze ein wahres Schlaraffenland sind. Doch auch hier leben andere Tiere, sodass der Anschein trügt. Viele Tiere und Pflanzen haben es geschafft, auch diesen eintönigen Lebensraum in Anspruch zu nehmen. Auch hierbei spielt die Intensität der Bewirtschaftung eine Rolle. Je intensiver das Feld genutzt wird und je mehr Chemie zum Einsatz kommt, desto weniger lebt auf einem Feld. Man kann auf Feldern in der Morgen- oder Abenddämmerung oftmals Rehe beobachten, die auf den Feldern Getreide fressen. In Maisfeldern kann sich auch mal eine Rotte Wildschweine verstecken und der Feldhase, der Feldhamster und die Feldmaus tragen in ihrem Namen schon den Bezug auf ihren Lebensraum. Der Feldhamster ist ein kleiner Profiteur der Landwirtschaft, denn er wurde in Mitteleuropa erst mit dem Einzug der Landwirtschaft heimisch. Ursprünglich kommt das possierliche Tierchen aus den Steppengebieten Osteuropas und Asiens. Auch der Fuchs besucht oft Felder, allerdings um zu jagen. Wie du siehst, kann man einiges entdecken. Was das Problem mit unseren Feldern ist, erkläre ich dir später in diesem Beitrag genauer.

Neben den Feldern gibt es auch noch die Wiesen bzw. Grünländer. Wiesen und Weiden machen einen Großteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen aus. Sie sind schön und nützlich zugleich. Wildkräuter und Wildblumen, die hier wachsen, liefern gesundes Futter für die Milch- und Fleischindustrie. Darüber hinaus sind Wiesen ein Lebensraum für viele Insekten und andere Tiere. Die Wiesen in Deutschland bestehen überwiegend aus Mähwiesen, sprich sie werden in regelmäßigen Abständen gemäht. Der kleinere Teil der Wiesen sind klassische Weiden und werden durch Tiere gestutzt. Würde der Mensch die Wiesen und Weiden nicht nutzen, würden sich über kurz oder lang Sträucher und Bäume ansiedeln. So würden die Wiesen in die Sukzession übergehen und neue Wälder entstehen. Wiesen haben nicht nur eine hohe Artenvielfalt, sondern bieten mit ihrer zeitlich gestaffelten Blütenabfolge auch für uns immer wieder etwas Neues. Zwischen Flora und Fauna besteht außerdem eine enge Wechselbeziehung. Käfer, Bienenarten und Schmetterlinge erfreuen sich an dem Arten- und Blütenreichtum und finden so immer etwas zu fressen. Durch ihre Vielfalt und Strukturen in der Landschaft bieten Wiesen oder auch Weiden vielen unterschiedlichen Tierarten einen Lebensraum. Dazu gehören neben Vögeln auch Amphibien und Insekten. Je nach Lage der Wiese unterscheidet man in Blumenwiese, Magerrasen, Fettwiese, Trockenrasen, Feuchtwiese und Salzwiese. Blumenwiesen sind artenreiche Wiesen, die viele blühende, krautige Pflanzen aufweisen. Magerrasen sind extensiv genutzte Grünländer an besonders nährstoffarmen, „mageren“ Standorten. In Deutschland findet man sie eher selten und sie stehen daher unter Schutz. Trockenrasen sind den Magerrasen ähnlich, unterscheiden sich jedoch dadurch, dass sich die Biotope an trockenen Standorten bilden. Feuchtwiesen zeichnen sich dadurch aus, dass die Böden in den oberen Horizonten von Grundwasser beeinflusst oder zeitweise überschwemmt sind. Salzwiesen findet man in Deutschland nur an der See, da sie nur dort entstehen, wo das Meer periodisch oder unregelmäßig die Wiesen überflutet. Fettwiesen sind eine Folge der intensiven Bewirtschaftung des Menschen. Was genau dahinter steckt, werde ich dir später im Beitrag verraten. Wie du aber siehst, sind Wiesen oft durch den Menschen entstanden, bieten aber vielen Arten einen Rückzugsraum. Jetzt möchte ich dir noch den Einblick in eine Hecke geben, da sie ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der freien Landschaft ist.

Hecken sind in der freien Landschaft immer gern gesehen. Unter einer Hecke kannst du dir eine Ansammlung von niedrigen Bäumen, Sträuchern und Kräutern vorstellen, die meistens gradlinig angeordnet sind. Das resultiert daraus, dass eine Hecke typischerweise als Abgrenzung zwischen Feldern oder zwischen Feld und Weg fungiert. Die meisten Hecken wurden von Menschen angelegt und als „lebende Zäune“ benutzt, manche sind aber auch natürlichen Ursprungs. Diese findest du meist an Böschungen und Geländestufen. Hier können natürliche Hecken entstehen: durch Samenanflug bilden sich allmählich kleine Gemeinschaften aus niedrigen Kräutern, Sträuchern und kleinen Bäumen. Doch auch unsere Kulturlandschaft ist immer noch im Wandel und daher werden die meisten Hecken künstlich erhalten, indem ein regelmäßiger Schnitt erfolgt. Früher entstanden die Hecken durch die ausgedehnten Rodungsmaßnahmen. Hecken bieten Schutz vor Wind und verhindern so eine Erosion auf den Feldern. Die Felder waren während des Mittelalters noch sehr klein und deshalb gab es viele Hecken. In diesen Hecken findest du, ähnlich wie bei Wiesen, einen ausgeprägten Stockwerkaufbau. Die Krautschicht ist eher in Bodennähe, darüber bildet sich die Strauchschicht und schließlich kommt die Baumschicht. Diesen Aufbau findet man nicht nur in der Vertikalen. Eine Hecke ist auch in der Horizontalen deutlich gegliedert. Im Herzen einer Hecke liegt das Heckenzentrum. Daran anschließend liegt der Saumbereich, welcher am Boden ausläuft. Die unterschiedlichen Regionen einer Hecke werden von unterschiedlichen Pflanzen geprägt. Daher bietet die Hecke viele verschiedene Lebensräume für Tiere. Diese Artenvielfalt im Bereich Flora und Fauna macht die Hecken ökologisch sehr wertvoll. Für viele Tiere bietet die Hecke in der offenen Fläche einen Rückzugsraum. Außerdem können intakte Heckensysteme als „Verbindungsstraße“ zwischen unterschiedlichen Lebensräumen dienen. Die genaue Pflanzengesellschaft der Hecke hängt immer stark davon ab, wo sich der Standort der Hecke befindet. In der Kernzone der Hecken findet man oft Feld-Ahorn oder Hainbuchen. In der Mantelzone der Hecke kann man Gemeinschaften von Hartriegeln, Heckenrosen, Schlehen oder Weißdorn entdecken. Der Saum einer Hecke wird oft durch Johanniskraut oder Brennnesseln gebildet. Diese Arten kann man ebenfalls an einem Waldrand entdecken. Im Sommer sind Hecken oft kühler und feuchter als die umgebene offene Landschaft, im Winter hingegen werden die extremen Temperaturschwankungen abgemildert. Welche Tiere kannst du in einer solchen Hecke entdecken? Fuchs, Hermelin, Igel und Feldhasen, aber auch Kröten und Eidechsen. Darüber hinaus findet man unzählige wirbellose Kleintiere wie Insekten oder Spinnen in den Hecken. Ein Fünftel der heimischen Singvogelarten leben hier. Welche das sind, schauen wir uns jetzt einmal an.
Welche Vögel kannst du in der freien Landschaft entdecken?
Jetzt, wo du einen kleinen Einblick in die freie Landschaft erhalten hast, wollen wir uns anschauen, welche Vögel es hier so gibt.
Eine typische Feldbewohnerin ist die Feldlerche. Sie ist vielen sehr geläufig. Die Feldlerche bevorzugt offene Lebensräume mit abwechslungsreicher Vegetation. Seit den Achtzigern musste die Feldlerche jedoch dramatische Bestandsverluste hinnehmen. Der Bestand in Deutschland hat sich bis heute halbiert. Eine Besonderheit der Feldlerche ist, dass sie typischerweise im Flug singt. Seltener kann man sie auch in Bäumen singen hören. Oft kann man sie auch auf Feldern und Wegen entdecken. Wenn Gefahr droht, duckt sie sich zunächst und fliegt dann katapultartig auf. Der Speiseplan der Feldlerche unterscheidet sich im Winter von dem im Sommer. Im Sommer stehen besonders Insekten auf dem Speiseplan, im Winter frisst sie eher Samen der verschiedenen Getreidesorten, Gräser und Kräuter. Eine der kleinsten Hühnervögel in Deutschland ist die Wachtel. Sie ist ungefähr so groß wie eine Amsel. Jeder, der eine Wachtel zu sehen bekommt, kann sich glücklich schätzen, da sie immer seltener wird und sich sehr gut verstecken kann. Wachteln fühlen sich an warmen, vegetationsreichen Orten wohl. Sie mögen Sandbäder in der Sonne und leben oft auf Getreidefeldern und brachen Wiesen mit Klee oder Luzernen. Wachteln sieht man kaum fliegen, auch wenn sie nicht gerade flugfaul sind: im Winter ziehen sie klammheimlich bis Afrika. Wie viele Vögel der freien Landschaft ist die Wachtel ebenfalls auf der Vorwarnliste der gefährdeten Vögel. Neben der intensiven Landwirtschaft, welche der Wachtel keinen Platz lässt, ist auch die Jagd auf dem Zugweg ein großes Problem.

Auf Wiesen findet man oftmals Wiesenbrüter. In intakten Feuchtwiesen sind es bspw. der große Brachvogel, der Kiebitz, das Braunkehlchen, die Bekassine, der Wiesenpieper, die Grauammer und der Wachtelkönig. Das Braunkehlchen ist in Deutschland stark gefährdet. Man kann es erst ab April beobachten, da Braunkehlchen zu den Langstreckenziehern gehören. Sie überwintern in den tropischen Regionen Afrikas. Tagsüber suchen sie nach Nahrung, wozu Insekten, Würmer und Spinnen gehören. Im Herbst greifen sie auch auf Beeren zurück. Sie suchen sich überwiegend blütenreiche Wiesen und Brachen aus, um ihre Bodennester zu bauen. Nicht zuletzt ist der Bestand durch den Rückgang dieser Wiesen und Brachen bedroht. Viele kennen den Kiebitz als eine weit verbreitete Art. Vielen ist er aufgrund des auffälligen Aussehens und Verhaltens bekannt. Sie leben ebenfalls überwiegend in Feuchtwiesen. Sie bevorzugen Flächen mit kurzer Vegetation und ohne dichte Gehölzstruktur in der Nähe. Früher hat man Kiebitze auch oft in Mooren angetroffen. Heute trifft man sie auch schon mal auf Äckern und Wiesen an. Auf dem Speiseplan des Kiebitzes stehen besonders Insekten und deren Larven. Daneben werden auch Regenwürmer, Getreidekörner, Samen und Früchte von Wiesenpflanzen verspeist. Auch er gehört in Deutschland zu den bedrohten Arten. Eine der wohl am häufigsten vorkommenden Pieperarten ist der Wiesenpieper. Der kleine Geselle ist mit seiner braunen Farbe gut an seinen Lebensraum angepasst. Beobachten kann man ihn gut, wenn er mal wieder seine erhöhte Warte auf einem Strauch oder Zaunpfahl einnimmt, da man ihn sonst in der Vegetation kaum entdecken kann. Er ist derzeit nicht bedroht. Jedoch ist der Bestand sinkend, da Brutgebiete durch die intensive Bewirtschaftung verlorengehen. Der Wiesenpieper lebt größtenteils auf dem Boden, wo er in dichter Vegetation sein napfförmiges Nest baut.
Wenn du an Hecken vorbei gehst, welche viele Dornsträucher wie Weißdorn oder Schlehe besitzen, kannst du über merkwürdig aufgespießte Insekten und Raupen stolpern. Wenn du so etwas entdeckst, betrachtest du eventuell das Werk eines Neuntöters. Der hübsche Vogel mit dem komischen Namen legt dort seine Vorräte an. Er lagert – oft zum Schreck des Beobachters – auf diese Weise auch kleine Mäuse. Der Neuntöter gehört zu der Familie der Würger und ist hierzulande einer der häufigsten Vertreter. Er bevorzugt offen strukturierte Landschaften mit Plätzen zum Sonnen- und Staubbaden. Neben Äckern und Waldrändern, wo er Nahrung finden kann, liebt er viele Hecken mit Dornensträuchern. Ein besonderer Offenlandbewohner ist außerdem der Wendehals. Er liebt offene, strukturreiche Flächen wie Waldlichtungen, Windwurfflächen, Obstwiesen oder Parks. Dort bewohnt er meist Baumhöhlen oder Nistkästen. Der Wendehals gehört zur Familie der Spechtvögel. In seiner Optik und seinem Verhalten erinnert er jedoch in keiner Art und Weise an einen Specht. Er trommelt nicht, er baut keine Höhlen und läuft auch nicht senkrecht am Stamm entlang. Der Wendehals hüpft über den Boden und spürt Ameisen auf, die er dann mit seiner langen, klebrigen Zunge aufnimmt.

Viele der Vögel, die ich dir vorgestellt habe, lieben strukturreiche Landschaften und sind heute bedroht. Wie es dazu kommen konnte, möchte ich dir auch erklären.
Welche Probleme gibt es?
Die größte Artenvielfalt gab es in Deutschland nach der Kleinen Eiszeit vor dem Jahr 1800. Die Menschen schufen eine vielseitige und mosaikartige Landschaft. Nach 1800 wurde mehr und mehr auf Erträge geachtet und die Bewirtschaftung intensiviert. Schon um 1849 wurde über die Ausmerzung von störenden Hindernissen in der Landwirtschaft geklagt. Damals wurden schon feuchte Mulden aufgefüllt, Tümpel zugeschüttet und störende Hecken und Feldgehölze beseitigt. Vor dem zweiten Weltkrieg wurden unerwünschte Beikräuter mit der Hacke von den Äckern beseitigt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde jedoch mehr und mehr auf Chemikalien gesetzt. In den letzten Jahrzehnten wurde die Intensivierung der Landbewirtschaftung mit hohem Nährstoffeintrag und Pestizideinsatz vorangetrieben. Dieser Einsatz hat leider gravierende Auswirkungen auf die Artenvielfalt und die Umwelt. Die Folgen daraus sind dramatisch: Insekten- und Vogelsterben, zu hohe Nitratwerte im Grundwasser, tote Böden und klimaschädliche Emissionen. Schlussendlich wurde durch Fungizide, Insektizide, Herbizide oder Rodentizide ein Vernichtungsfeldzug gegen Nager, Pilze, Insekten und unerwünschte „Unkräuter“ eingeleitet. Außerdem wurden die Böden von jeglichen Insekten befreit und durch Drainagen leitete man die Verödung und Trockenlegung riesiger Gebiete ein. Übrig geblieben sind fast reine Monokulturen, die weitestgehend frei von Wildtieren und -pflanzen sind. Überleben werden in dieser Wüste nur die hartnäckigen „Schädlinge“.
Du wunderst dich, dass es nicht mehr so viele Hecken gibt? Das hat einen einfachen Grund: zu Beginn der Neuzeit, liefen große Flurbereinigungsmaßnahmen. Diese dienten ausschließlich der Ökonomie und nicht der Ökologie. Bei diesen Flurbereinigungsmaßnahmen wurden viele kleine Flächen zusammengelegt. Daher gibt es heute eher riesige Ackerflächen. Die Hecken störten bei der Bewirtschaftung der kleinen Flächen, sodass sie zunehmend aus dem Landschaftsbild verschwanden. Viele Heckenbewohner verloren ihren Lebensraum und ihre Lebensgrundlage. Nicht nur die Hecken leiden unter der zunehmenden Bewirtschaftung. Auch die klassischen Wildblumenwiesen findet man heutzutage immer seltener. Durch die regelmäßige Mahd von vier- bis sechsmal im Jahr und das intensive Düngen der Wiesen gehen die Wildblumenwiesen verloren. Viele der Wildblumen kommen mit der intensiven Bewirtschaftung nicht zurecht und so verschwinden nach und nach viele der Wiesenkräuter mit der Nährstoffflut. Die Folge aus der Bewirtschaftung ist eine Einheitsfettwiese, die oft aus weniger als 20 Pflanzenarten besteht. Dazu gehören überwiegend Grasarten und einige wenige stickstoffliebende Gewächse. In Einheitsfettwiesen blüht oft der Löwenzahn, welcher mit seinen gelben Blüten nett anzusehen ist, jedoch nichts Gutes bedeutet. Das Merkmal solcher Fettwiesen ist eine extreme Düngung und die daraus folgende Artenarmut. Ganz am Ende einer solchen Übernutzung stehen monotone Grasäcker mit Wiesenfuchsschwanz oder Weidelgras. Eine überaus positive Gegenbewegung hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen: Biologische Landwirtschaft. Wie genau die Unterschiede zur konventionellen Landwirtschaft sind und was vielleicht noch besser wäre, erzähle ich dir in einem ausführlichen Beitrag zur Landwirtschaft.